Curt Epstein

Curt Epstein (geb. 1898 in Heydekrug; gest. 1976 in Zürich) war ein deutscher Jurist, NS-Opfer und hoher Landesbeamter.

Leben

Curt Epstein, der aus einer deutsch-jüdischen Familie kam, war promovierter Jurist und als Richter in Berlin und Heydekrug tätig. Nach der Eingliederung des Memelgebietes an das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde er mehrere Jahre als Jude in einem Konzentrationslager inhaftiert, unter anderem im KZ Dachau.[1] Nach dem NS-Ende war er im Rang eines Regierungsdirektors von 1945/46 bis 1950 Staatskommissar für Wiedergutmachung in Hessen und Staatskommissar für die Betreuung der Juden in Groß-Hessen. Er gehörte zu den Begründern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Im Juli 1948 stellte er sich an die Spitze einer Bewegung, die die Offenbacher Synagoge wieder für die jüdische Gemeinde zurückforderte. Er war Kritik ausgesetzt, schon 1948 sollte sein Amt geschlossen werden, was heftige Proteste von Verfolgten auslöste.[2] Im März 1950 musste er die Leitung der Wiedergutmachung abgeben, weil er nach Meinung seines Dienstherrn, des hessischen Innenministers Heinrich Zinnkann (SPD), seine Aufgabe nicht zufriedenstellend löse.[3] Damit gehörte er mit Philipp Auerbach (Bayern), Marcel Frenkel (NRW), Alphonse Kahn (Rheinland-Pfalz) und Ludwig Loeffler (Hamburg) zu einer Gruppe von ehemaligen NS-Verfolgten jüdischer Herkunft, die zu Beginn der 1950er Jahre im Kontext einer Neuordnung der Entschädigungspolitik ihr Amt als Landesbeauftragte aufgeben mussten, was die Ausgangslage der Opfer verschlechterte.[4] Voraus ging der Versuch der Skandalisierung von Epstein als Aufsichtsratsmitglied neben Philipp Auerbach und Walter Kolb einer „Jüdischen Industrie- und Handelsbank“, in der Betrüger sich gesperrte Entschädigungsgelder aneigneten und gegen deren Gründung bereits im Vorfeld die VVN protestiert hatte.[5][6] Wenngleich den Aufsichtsratsmitgliedern, die eine rein repräsentative Funktion hatten, im anschließenden Verfahren keine Vorwürfe gemacht wurden,[7] verließ Epstein Deutschland und wanderte nach Israel aus.[8] Zeitweise lebte er auch in Brasilien.[1]

Curt Epstein war verheiratet mit Eva Epstein, geborene Meier (gestorben 1974).[1]

Literatur

  • Jay Howard Geller, Jews in Post-Holocaust Germany. 1945–1953, Cambridge (USA) 2005
  • Constantin Goschler, Wiedergutmachung, Westdeutschland und die Verfolgten des Nationalsozialismus 1945–1954 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 34), München 1992
  • Günter Heuzeroth, Verfolgte aus politischen Gründen: Widerstand und Verfolgung der regionalen Arbeiterbewegung in Dokumenten, Lebensberichten und Analysen, dargestellt an den Ereignissen in Weser-Ems, 1933–1945, Bd. 1, Osnabrück 1989
  • Eva Kolinsky, After The Holocaust, Jewish Survivors in Germany after 1945, London 2004
  • Regula Ludi, Reparations for Nazi Victims in Postwar Europe, Cambridge (USA) 2012
  • Gilad Margalit, Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz, Berlin 2001
  • Boris Spernol: Im Kreuzfeuer des kalten Krieges. Der Fall Marcel Frenkel und die Verdrängung der Kommunisten, in: Norbert Frei/José Brunner/Constantin Goschler (Hrsg.): Die Praxis der Wiedergutmachung. Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel (Schriftenreihe des Minerva Instituts für deutsche Geschichte der Universität Tel Aviv, Bd. 28), Göttingen 2009, S. 203–236, hier: S. 220ff., S. 221
  • Altpreussische Biographie, Ergänzungen zu Band I bis III, Lieferung 2, Elwert, Marburg 1989, S. 1203

Einzelnachweise

  1. Altpreussische Biographie, Ergänzungen zu Band I bis III, Lieferung 2, Elwert, Marburg 1989, S. 1203
  2. Jay Howard Geller, Jews in Post-Holocaust Germany. 1945-1953, Cambridge (USA) 2005, S. 65.
  3. Boris Spernol: Im Kreuzfeuer des kalten Krieges. Der Fall Marcel Frenkel und die Verdrängung der Kommunisten, in: Norbert Frei/José Brunner/Constantin Goschler (Hrsg.): Die Praxis der Wiedergutmachung. Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel (Schriftenreihe des Minerva Instituts für deutsche Geschichte der Universität Tel Aviv, Bd. 28), Göttingen 2009, S. 203–236, hier: S. 220ff., S. 235.
  4. Boris Spernol: Im Kreuzfeuer des kalten Krieges. Der Fall Marcel Frenkel und die Verdrängung der Kommunisten, in: Norbert Frei/José Brunner/Constantin Goschler (Hrsg.): Die Praxis der Wiedergutmachung. Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel (Schriftenreihe des Minerva Instituts für deutsche Geschichte der Universität Tel Aviv, Bd. 28), Göttingen 2009, S. 203–236, hier: S. 220ff., S. 235.
  5. Bankskandal. Das Geld ist weg, in: Der Spiegel, 4. Oktober 1950, siehe auch: .
  6. David Heredia, Zum Judenbild nach Auschwitz: die frühe Berichterstattung in der Zeitschrift Der Spiegel, Freiburg 2008, S. 162.
  7. rlb., Wer hat in Frankfurt versagt?, in: Die Zeit, 30. Oktober 1952, siehe auch: .
  8. Dr. Curt Epstein, in: Der Spiegel, 21. Februar 1951, .
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