Coventrieren
Als coventrieren oder coventrisieren[1] wurde von der deutschen Wehrmachtsleitung und in den deutschen Medien im Zweiten Weltkrieg (vor allem während der Luftschlacht um England) im Rahmen von Blitzkriegen die Zerstörung von Städten durch Luftangriffe bezeichnet, die das Ziel hatten, wichtige Einrichtungen des Gegners zu beschädigen und den Widerstand der Bevölkerung zu brechen.
Der Begriff wurde nach der Bombardierung der englischen Stadt Coventry am 14. November 1940 vermutlich von Joseph Goebbels geprägt. Ein Indiz hierfür ist die unmittelbar nach Kriegsende in der deutschsprachigen Presse aufkommende Zuschreibung.[2][3] Das Wort soll erstmals im Dezember 1940 „in der offiziellen Sprache der deutschen Kriegspropaganda“ aufgetaucht sein.[4] Felix Langer glaubte sich 1946 daran zu erinnern, Goebbels habe in einer Rede gehöhnt: „Wir werden noch viele Städle coventrieren!“[5]
„Coventrieren“ hat seinen Platz in einer Reihe von NS-Euphemismen.
Bezeichnenderweise unterstellte die NS-Propaganda den Alliierten, ihrerseits das Wort zu verwenden. So hätten die Engländer behauptet, dass „die britischen Bomber Köln ‚buchstäblich coventriert‘ hätten“,[6] und eingeräumt, dass „die ‚Coventrierung‘ der großen Rüstungszentren einem zweiten Dünkirchen nahekomme“.[7]
Städte, auf die dieser Begriff (zum Teil im Nachhinein) ebenfalls angewendet wurde, sind neben anderen Rotterdam, London (siehe The Blitz) und Warschau (siehe dazu Warschauer Aufstand und Aufstand im Warschauer Ghetto).
Siehe auch
- Hamburgisierung
- Baedeker Blitz
- Magdeburger Hochzeit – die Zerstörung Magdeburgs während des Dreißigjährigen Krieges ging als „magdeburgisieren“ in die Geschichte ein.
Literatur
- Victor Klemperer: LTI - Lingua Tertii Imperii. Notizbuch eines Philologen. 15. Auflage, Reclam, Leipzig 1996, ISBN 3-379-00125-2; Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-7632-5492-7 (1. Auflage, Aufbau-Verlag, Berlin 1947).
Einzelnachweise
- „Coventrisieren“. In: Weltpresse. Unabhängige Nachrichten und Stimmen aus aller Welt / Weltpresse, 16. November 1945, S. 2 (online bei ANNO).
- (Bildunterschrift). In: Weltpresse. Unabhängige Nachrichten und Stimmen aus aller Welt / Weltpresse, 28. November 1945, S. 8 (online bei ANNO).
- Coventry – fünf Jahre nachher. In: Grazer Volkszeitung / Grazer antifaschistische Volkszeitung / Neue steirische/Steirische Zeitung. Organ der demokratischen Einigung / Neue Steirische Zeitung, 6. Dezember 1945, S. 2 (online bei ANNO).
- Die Mahnung von Coventry. In: Weltpresse. Unabhängige Nachrichten und Stimmen aus aller Welt / Weltpresse, 20. Dezember 1946, S. 3 (online bei ANNO).
- Felix Langer: Gesprächige Landschaft. In: Weltpresse. Unabhängige Nachrichten und Stimmen aus aller Welt / Weltpresse, 31. Juli 1946, S. 6 (online bei ANNO).
- Lügenrekord erneut gebrochen. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national(-)sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe / Wiener Beobachter. Tägliches Beiblatt zum „Völkischen Beobachter“, 29. November 1940, S. 1 (online bei ANNO).
- Th. Böttiger: Rechnet England überhaupt noch?. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national(-)sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe / Wiener Beobachter. Tägliches Beiblatt zum „Völkischen Beobachter“, 13. Dezember 1940, S. 2 (online bei ANNO).