Constitutiones Sirmondianae
Die Constitutiones Sirmondianae (kürzer auch: Constitutiones Sirmondi) sind eine private Sammlung von sechzehn Kaiserkonstitutionen (novellae). Sie wurden mutmaßlich im Jahr 430 n. Chr. zusammengestellt, können damit dem nachklassischen Recht zugeordnet werden. Das Werk erlangte nie Gesetzeskraft.
Geschichte
Die Konstitutionen entstanden mutmaßlich im weströmischen Gallien und fassen die Gesetze der späten Regierungsjahre Konstantins des Großen (ab 333) bis zum Regierungsantritt Valentinians III. im Jahr 425 zusammen. Benannt ist das Werk nach seinem neuzeitlichen Erstherausgeber Jacques Sirmond, einem katholischen Jesuiten, der im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts wirkte.[1]
Vornehmlich behandeln die Konstitutionen kirchenrechtliche Fragen, die teilweise im Sinne des Bekenntnisses verfälscht worden sind.[1] Veröffentlicht hatte Sirmond das Werk unter dem unzutreffenden Titel Appendix Codicis Theodosiani novis constitutionibus cumulatior. Dieses Addendum rechtfertigt sich nicht, weil die Konstitutionen nie rechtsverbindlich in Kraft getreten waren und folglich auch die Gesetzeskraft des Codex Theodosianus (CTh) nicht erweitern hätten können. Bedeutung hat die Sammlung für die Nachwelt insofern, als zehn Konstitutionen ungekürzt und frei von Überarbeitungen wiedergegeben sind, was Vergleiche zu den Parallelüberlieferungen und veränderten Fassungen des CTh erlaubt.[2]
Ausgaben
- Gustav Friedrich Hänel: De constitutionibus quas J. Sirmondus edidit. (1840) und im Bonner Corpus iuris anteiustiani Band II S. 405 ff.
- Jacques Sirmond: Appendix Codicis Theodosiani novis constitutionibus cumulatior (Paris 1631).[3]
Literatur
- Paul Jörs: Constitutiones Sirmondi. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 1110 f.
- Detlef Liebs: Die Jurisprudenz im spätantiken Italien. (260–640 n. Chr.) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge, Band 8). Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-06157-8, S. 175 f.
- Otto Karlowa: Römische Rechtsgeschichte. Band 1: Staatsrecht und Rechtsquellen. Leipzig 1885 (Digitalisat). Als Reprint: Keip, Goldbach 1997, ISBN 978-3-8051-0677-1. S. 966.
- Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien. (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge, Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10936-8, S. 133–138.
- Theodor Mommsen, Paul M. Meyer (Hrsg.): Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et leges novellae ad Theodosianum pertinentes. 2 Bände. Weidmann, Berlin 1905.
- A. J. B. Sirks: The Theodosian Code. A Study (= Studia Amstelodamensia. Band 39). Éditions Tortuga, Friedrichsdorf 2007, ISBN 978-3-00-022777-6.
- Georg Friedrich Puchta: Cursus der Institutionen. Band 1. Einleitung in die Rechtswissenschaft und Geschichte des Rechts bey dem römischen Volk. Verlag von Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1841. § 126.
- Mark Vessey: The Origins of the Collectio Sirmondiana: A New look at the Evidence. In: Jill Harries, Ian Wood (Hrsg.): The Theodosian Code. Studies in the Imperial Law of Late Antiquity. 2. Auflage. Bristol Classical Press, London 2010, ISBN 978-1-85399-740-2, S. 178–199.
Weblinks
- Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis, Text der Edition von Theodor Mommsen und Paulus Meyer in The Roman Law Library (Bücher 1 bis 9 online verfügbar).
- Die Constitutiones Sirmondianae in der Bibliotheca legum regni Francorum manuscripta, Handschriftendatenbank zum weltlichen Recht im Frankenreich (Karl Ubl, Universität zu Köln).
Anmerkungen
- Detlef Liebs: Die Jurisprudenz im spätantiken Italien (260–640 n. Chr.) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge, Band 8). Duncker & Humblot, Berlin 1987, S. 175 f.
- Harald Siems: Codex Theodosianus. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1984, ISBN 3-11-009635-8, S. 47–52, hier S. 48.
- Von den 21 dort aufgeführten Kaiserkonstitutionen sind drei aus anderen Quellen hinzugefügt, die Konstitutionen 17 + 18 weisen in der Überschrift aus, dass sie aus dem Codex Theodosianus entlehnt seien.