Chirostenotes

Chirostenotes (von gr. „schmale Hand“) ist eine Gattung theropoder Dinosaurier aus der Oberkreide von Nordamerika. Chirostenotes gehört zu den Caenagnathidae, ein Taxon innerhalb der Oviraptorosauria.

Chirostenotes

Der Holotyp und ein weiteres Exemplar von Chirostenotes pergracilis, eingepasst in eine Schattenriss-Lebendrekonstruktion

Zeitliches Auftreten
Oberkreide (spätes Campanium bis frühes Maastrichtium)[1]
76,4 bis 69,9 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Coelurosauria
Maniraptora
Oviraptorosauria
Caenagnathoidea
Caenagnathidae
Chirostenotes
Wissenschaftlicher Name
Chirostenotes
Gilmore, 1924

Die aus dem späten Campanium sowie frühen Maastrichtium stammenden Fossilien der Typusart Chirostenotes pergracillis wurden in der Dinosaurier-Park-Formation in Alberta entdeckt, einer bedeutenden kanadischen Fundstelle aus dem Campanium. Neben C. pergracillis wird eine weitere Art unterschieden, C. elegans,[2] die jedoch mit dem nahe verwandten Elmisaurus identisch sein könnte.[3] Ein großes Skelett aus der Horseshoe-Canyon-Formation wurde C. pergracillis zugeschrieben, 2014 wurde für dieses Exemplar die Gattung Anzu aufgestellt.[4]

Merkmale

Originalabbildung des Holotyps von C. pergracilis aus dem Jahr 1924: Fast vollständige linke Hand in Medial- (links) und Dorsalansicht (rechts).

Chirostenotes war ein etwa 2,9 Meter langer, zweibeiniger Theropode. Ähnlich wie einige primitivere Oviraptorosauria wie Caudipteryx und Protarchaeopteryx könnte auch Chirostenotes Federn getragen haben. Die langen, schlanken Kiefer sind zahnlos. Wie einige andere Oviraptorosauria zeichnet sich der Schädel von Chirostenotes durch einen großen Schädelkamm aus, der dem des heutigen Kasuars ähnelt. Der Mittelfuß zeigt den sogenannten arctometatarsalen Zustand, der sich bei verschiedenen Gruppen „höherer“ Theropoden findet: der zweite und vierte Mittelfußknochen „quetschen“ das obere Ende des dritten (d. h. mittleren) Mittelfußknochens zwischen sich ein, sodass nur das untere Ende dieses Knochens Anteil am Fußrücken hat. Der Mittelfuß von Chirostenotes ist lang und macht 22 % der Länge der Hinterbeine (ohne Zehen) aus.[5] Über die Ernährung dieses Tieres ist wenig bekannt, möglicherweise handelte es sich um einen Allesfresser oder Pflanzenfresser.

Entdeckungsgeschichte

Bereits 1924 wurde ein Paar unvollständiger Hände entdeckt und von Gilmore als Chirostenotes („schmale Hand“) beschrieben.[6] Im Jahr 1932 wurden die Füße entdeckt und von Charles M. Sternberg als Macrophalangia („große Zehen“) beschrieben.[7] Obwohl man beide Funde später den Theropoden zuordnen konnte, war unklar, ob es sich um die gleiche Art handelt. 1936 wurde der Kiefer des Tieres entdeckt und später als Caenagnathus („neuer Kiefer“) beschrieben (Sternberg, 1940), anfangs galt er als Vogelkiefer.[8] Die Familie Caenagnathidae, in welche Chirostenotes eingeordnet wird, trägt noch immer den Namen dieser Gattung. 1988 wurde in einer Museumssammlung ein Skelett entdeckt und untersucht, das bereits 1923 gefunden wurde – dieses Skelett zeigt, dass alle Funde zur selben Dinosauriergattung gehören. Seitdem werden die Funde unter dem Namen Chirostenotes geführt, da dieser Name als erstes vergeben wurde (Prioritätsregel).[9] Des Weiteren wurden Chirostenotes Kiefer mit starken Zähnen zugeschrieben, die heute jedoch als Ricardoestesia geführt werden.[10]

Einzelnachweise

  1. Gregory S. Paul: The Princeton Field Guide To Dinosaurs. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2010, ISBN 978-0-691-13720-9, S. 151–152.
  2. William A. Parks: New species of dinosaurs and turtles from the Upper Cretaceous formations of Alberta (= University of Toronto Studies. Biological Series. Bd. 34, ISSN 0372-4913). University of Toronto Press, Toronto 1933.
  3. Philip J. Currie: The first records of Elmisaurus (Saurischia, Theropoda) from North America. In: Canadian Journal of Earth Sciences. Bd. 26, Nr. 6, 1989, ISSN 0008-4077, S. 1319–1324, doi:10.1139/e89-111.
  4. Lamanna, M. C.; Sues, H. D.; Schachner, E. R.; Lyson, T. R. (2014). A New Large-Bodied Oviraptorosaurian Theropod Dinosaur from the Latest Cretaceous of Western North America. PLoS ONE 9 (3): e92022. doi:10.1371/journal.pone.0092022
  5. Halszka Osmólska, Philip J. Currie, Rinchen Barsbold: Oviraptorosauria. In: David B. Weishampel, Peter Dodson, Halszka Osmólska (Hrsg.): The Dinosauria. 2nd edition. University of California Press, Berkeley CA u. a. 2004, ISBN 0-520-24209-2, S. 165–183, hier S. 182.
  6. Charles W. Gilmore: A new coelurid dinosaur from the Belly River Cretaceous of Alberta. In: Canada, Department of Mines, Geological Survey. Bulletin. Nr. 38 = Geological Series. Nr. 43, 1924, ZDB-ID 2162591-8, S. 1–12, Digitalisat (PDF; 1,05 MB).
  7. Charles M. Sternberg: Two new theropod dinosaurs from the Belly River Formation of Alberta. In: The Canadian Field-Naturalist. Bd. 46, Nr. 5, 1932, ISSN 0008-3550, S. 99–105, Digitalisat.
  8. Raymond McKee Sternberg: A toothless bird from the Cretaceous of Alberta. In: Journal of Paleontology. Bd. 14, Nr. 1, 1940, ISSN 0022-3360, S. 81–85.
  9. Philip J. Currie, Dale A. Russell: Osteology and relationships of Chirostenotes pergracilis (Saurischia, Theropoda) from the Judith River (Oldman) Formation of Alberta, Canada. In: Canadian Journal of Earth Sciences. Bd. 25, Nr. 7, 1988, S. 972–986, doi:10.1139/e88-097.
  10. Philip J. Currie, J. Keith Jr. Rigby, Robert E. Sloan: . In: Kenneth Carpenter, Philip J. Currie (Hrsg.): Dinosaur Systematics. Approaches and Perspectives. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1990, ISBN 0-521-36672-0, S. 107–126, doi:10.1017/CBO9780511608377.011.
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