Chirley Pankará

Chirley Maria de Souza Almeida Santos (* 8. Mai 1974 in Floresta), auch bekannt als Chirley Pankará, ist eine brasilianische Pädagogin und Sozialanthropologin mit Magister der Universität São Paolo und Aktivistin für die Rechte der Indigenen. Sie gehört dem Volk der Pankará in Pernambuco an und war die erste indigene Abgeordnete, die ein Mandat in der Legislativversammlung des Bundesstaats São Paulo für die Bewegung Bancada Ativista (ein Teil der sozialistischen Partei Partido Socialismo e Liberdade) erhielt und 2018 zur Staatsabgeordneten gewählt wurde.[1]

Chirley Pankara (2022)

Biografie

Chirley Pankará studierte in ihrer Heimatstadt Floresta in Pernambuco Lehramt. 1998 zog sie auf der Suche nach neuen Arbeitsmöglichkeiten in die Stadt Mauá bei São Paulo, um ihre in Pernambuco verbliebene Familie zu unterstützen. Nach ihrer Ankunft im Bundesstaat São Paulo arbeitete sie zunächst als Dienstmädchen. Durch den Einfluss ihrer Großmutter, die in ihrem Dorf eine Kräuterheilerin war, hatte Chirley die Absicht, ein Studium der Krankenpflege zu absolvieren, erhielt jedoch ein Stipendium und schloss mit 30 Jahren ein Studium der Pädagogik in der Stadt Mauá ab.[2][3] Später war sie Koordinatorin der Kindererziehung für das Volk der Guaraní in den Dörfern Krukutu, Tenondé Porã und Tekoa pyau im Bezirk São Paulo. Außerdem war sie Sekretärin des Gemeinderats für Frauenrechte in der Gemeinde Mauá.[4]

Außerdem gehörte sie der Aufsicht für indigene Schulbildung an, wo sie Untersuchungen durchführte, wie indigene Schüler die Zugehörigkeit zu nicht-indigenen Schulen empfinden. Etwa acht Jahre lang arbeitete sie als Koordinatorin des Zentrums für indigene Bildung und Kultur (CECI) mit dem Guarani-Volk in der Stadt São Paulo.[5][6]

Anschließend schloss sie einen Master in Erziehungswissenschaften an der Päpstlichen Katholischen Universität São Paulo ab und begann ihre Promotion in Sozialanthropologie an der Universität São Paulo.

Aktivismus und politische Tätigkeit

Im Jahr 2009 begann sie, sich am GRUMIN-Netzwerk indigener Frauen zu beteiligen, einer Gruppe, die sich für die Integration indigener Frauen in den soziopolitischen Kontext Brasiliens einsetzt. So engagierte sie sich in Kämpfen um Territorium, Gleichberechtigung und Bildung.[5]

Als sie als Lehrerin in der Stadt São Paulo tätig war, bemerkte Chirley, dass die Indigenen unter Vorurteilen durch ihre eigenen Lehrer litten, durch Stereotype und Verallgemeinerungen, die die Gedanken der Schüler von den alteingesessenen Völkern fernhielten.[7] Daher trat sie für die Idee ein, dass Indigene Wissensräume, wie zum Beispiel Universitäten, besetzen sollten, um das Szenario der Vorurteile in der Gesellschaft zu bekämpfen und rassistische Beleidigungen zu beenden, die immer noch existieren und die, laut der Aktivistin, schwer zu vergessen sind.[1][8] Ihr politisches Denken zur Verteidigung der indigenen Völker zeigt sich in verschiedenen Protesten, an denen sie teilnahm, wie dem Grito dos Excluídos („Schrei der Ausgeschlossenen“), einer Reihe von Demonstrationen, die alljährlich um den brasilianischen Unabhängigkeitstag am 7. September stattfindet.[9] Auch beteiligte sie sich an Klagen gegen den Gesetzesentwurf 490/2007 der brasilianischen Bundeskammer (auch bekannt als „Gesetzentwurf zum zeitlichen Rahmen für indigenes Land“, Marco temporal das terras indígenas). Nach diesem Gesetzesentwurf von 2009 sollten die den Indigenen zugesprochenen Länder auf diejenigen begrenzt werden, die sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der aktuellen Verfassung am 5. Oktober 1988 besaßen.[10] Der Gesetzesentwurf wurde schließlich 2021 fallengelassen. Außerdem protestierte sie auf Veranstaltungen, zu denen sie eingeladen wurde, um die Situation ihres Volkes zu präsentieren. In Genf, wo eine dieser Veranstaltungen im Maison de la paix stattfand, wurde kurz nach Chirleys Einreise ihre Federhaube, ein wichtiges Element der indigenen Identität und Kultur, konfisziert.[11]

In ihrem Mandat als Abgeordnete der Bancada Ativista (Aktivistenfraktion) in der Legislativversammlung des Bundesstaats São Paulo war sie aktiv an der Ausarbeitung von Projekten beteiligt. So wirkte sie an 7 parlamentarischen Änderungsanträgen mit, die auf indigene Gemeinschaften abzielten,[2] und half bei der Ausarbeitung des Gesetzes 17.311/2021, das den Monat des indigenen Augusts im Bundesstaat São Paulo einführte, der den 9. August, der von der UNO als Internationaler Tag der indigenen Völker anerkannt worden ist, stärken und die Vielfalt der brasilianischen Ureinwohner, ihre Kulturen und heutigen Anstrengungen präsentieren soll.[12][13] Die Parlamentarierin argumentiert, dass eine Möglichkeit, die Kultur dieser Völker zu bewahren, in der Abgrenzung ihrer Ländereien besteht, die dazu beiträgt, ihre Bräuche zu erhalten und Gewalt gegen die Dörfer zu vermeiden.[14]

Die brasilianische Bundesabgeordnete Sâmia Bomfim während des Wahlkampfs 2022 mit Chirley Pankará, der damaligen Kandidatin für das Amt der Bundesabgeordneten der SP

Im September 2018 beteiligte sie sich an der Organisation des 1. Staatlichen Treffens indigener Frauen in der Siedlung der Guaraní im Stadtbezirk Jaraguá. An der Veranstaltung nahmen rund 200 Personen aus mehr als 15 indigenen Völkern und Flüchtlingsgemeinschaften aus anderen Ländern teil. Während des Treffens diskutierten die Frauen über ihre Erfahrungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landabgrenzung und stellten ein Manifest zur Verteidigung der Nachhaltigkeit der ursprünglichen Völker und des Rechts auf Land vor.[15]

Bei den Parlamentswahlen in Brasilien 2022 kandidierte Chirley für die PSOL als Abgeordnete des Bundesstaates (diesmal als Einzelkandidatin) und erhielt 27.802 Stimmen, erreichte aber nicht die notwendige Anzahl für den Einzug in die legislative Versammlung des Bundesstaats São Paulo.[16] Die Idee, zu kandidieren, wurde ihr zufolge von der indigenen Bewegung selbst angeregt, die ihren Eintritt in eine neue Kandidatur für die ALESP unterstützte.[17] Während der Kampagne erhielt sie Unterstützung und öffentliche Bekanntschaft von den drei Bundesabgeordneten, die mit den meisten Stimmen ihrer Partei in die Bundeskammer für São Paulo im Jahr 2022 gewählt wurden: Erika Hilton, Sâmia Bomfim und Sônia Guajajara.[2]

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Mayara Figueiredo: Education Magazine: «O antirracismo não é papel exclusivo da escola» (Education Magazine: Antirassismus ist nicht die alleinige Aufgabe der Schule). 3. August 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  2. Carla Jiménez: Chirley Pankará abre-os-caminhos-indigenas-na-terra-dos-bandeirantes. 27. September 2022, abgerufen am 3. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  3. «"Eu quero ser uma voz coletiva". Chirley Pankará acredita na coletividade contra o retrocesso» („Ich will eine kollektive Stimme sein.“ Chirley Pankará glaubt an Kollektivität gegen Rückschritt). 1. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  4. Naine Terena: «O empoderamento das mulheres indígenas» (Das Empowerment indigener Frauen). 14. August 2019, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  5. Victoria Martins: Chirley Pankará, no solo da aldeia e nos corredores da Alesp! (Chirley Pankará, auf dem Dorfplatz und in den Gängen von Alesp!). 9. August 2021, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  6. Daniela Landin: Aldeias na metropole (Dörfer in der Metropole). 7. Mai 2013, abgerufen am 5. Oktober 2022.
  7. Folha de S. Paulo: «Candidatos das periferias apostam em mandato coletivo para conquistar vaga» (Folha de S. Paulo: Kandidaten aus den Vororten setzen auf kollektives Mandat, um einen Platz zu gewinnen). 5. Oktober 2018, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  8. Noor Mahtani: =El País América: Más representación y planes de conservación decolonizados: el grito de los pueblos indígenas (El País América: Mehr Repräsentation und dekolonisierte Pläne zur Bewahrung: der Schrei der indigenen Völker). 9. August 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022 (spanisch).
  9. Joyce Cunha: Diário do Grande ABC: «'Grito dos excluídos' vai às ruas da região por garantia de direitos» (Diario do Grande ABC: ‚Schrei der Ausgeschlossenen‘ geht in der Region auf die Straße, um Rechte zu garantieren). 8. September 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  10. Diário do Grande ABC: Manifestantes realizam atos a favor dos direitos de demarcação indígena (Diario do Grande ABC: Demonstranten reichen Klagen für die Grenzziehungsrechte indigenen Landes ein). 30. Juni 2021, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  11. Jamil Chad: Estadão: «Deputada indígena diz que teve cocar confiscado ao desembarcar na Suíça» (Estadão: Indigene Abgeordnete sagt, dass man ihr bei der Einreise in die Schweiz den Kopfschmuck konfisziert hat). 4. Dezember 2018, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  12. Lucas Cheiddi: «Após aprovação da Assembleia Legislativa, São Paulo celebra o primeiro Agosto Indígena» (Nach der Genehmigung durch die Gesetzgebende Versammlung feiert São Paulo den ersten indigenen August). 2. August 2021, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  13. Julie Dorrico: «Julie Dorrico - Agosto indígena: conheça a animação bilíngue "Txâma Xmabé Puri"» Julie Dorrico - Indigener August: Machen sie Bekanntschaft mit dem zweisprachigen Zeichentrickfilm "Txâma Xmabé Puri". 4. August 2021, abgerufen am 5. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  14. «Demarcação de terras indígenas: entenda os argumentos de quem é contra e quem é a favor» (Abgrenzung von indigenem Land: Die Argumente der Befürworter und Gegner verstehen). 9. Januar 2021, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  15. Juliana Gonçalves: Brasil de Fato: «Mulheres indígenas se reúnem para debater suas lutas em São Paulo» (Brasil de Fato: Indigene Frauen treffen sich, um ihre Anstrengungen in São Paulo zu diskutieren). 5. September 2018, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  16. «Com quase 500 mil votos, candidatos da Bancada Indígena reforçam luta pela demarcação de territórios» (Mit fast 500 Tausend Stimmen verstärken die Kandidaten der indigenen Fraktion den Kampf für die Abgrenzung der Territorien). 3. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  17. Gabriel Tussini: O Eco: «"Vamos deixar os povos indígenas terem a oportunidade de falar por eles mesmos", diz Chirley Pankará» (O Eco: "Lassen wir den indigenen Völkern die Möglichkeit, für sich selbst zu sprechen," sagt Chirley Pankará). 15. September 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
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