Charles Jonnart
Charles Célestin Auguste Jonnart (* 27. Dezember 1857 in Fléchin, Département Pas-de-Calais; † 30. September 1927 in Paris) war ein französischer Politiker und Diplomat in der Zeit der Dritten Republik.[1]
Leben
Jonnart studierte die Rechtswissenschaften in Paris und an der École des sciences politiques. Léon Gambetta berief ihn 1881 in das Kabinett des Generalgouverneurs von Algerien, Louis Tirman. 1884 kehrte Jonnart nach Frankreich zurück und wurde Direktor für algerische Angelegenheiten im Innenministerium. 1886 wurde er zum Generalrat des Départements Pas-de-Calais für den Kanton Fauquembergues. Bei den Wahlen 1889 zur Abgeordnetenkammer errang er einen Sitz für die Republikaner im Département Pas-de-Calais, den er bis 1914 beibehalten sollte. Jean Casimir-Périer ernannte ihn im Dezember 1893 zum Minister für öffentliche Arbeiten. Seine Weigerung, dass sich Arbeiter im Staatsdienst gewerkschaftlich organisieren durften, führte im Mai 1894 zum Sturz dieser Regierung.
Am 19. Oktober 1891 heiratete er in Lyon Joséphine Marie Aynard, Tochter des Abgeordneten Édouard Aynard und von Rose Pauline de Montgolfier, in Anwesenheit u. a. von Außenminister Alexandre Ribot und dem ehemaligen Finanzminister Léon Say.
Nachdem sich Jonnart von einem schweren Autounfall erholt hatte, ernannte ihn Pierre Waldeck-Rousseau im Oktober 1900 zum Generalgouverneur von Algerien. Er behielt den Posten mit einer zweijährigen Unterbrechung bis 1911 inne. Am 22. Januar 1913 ernannte ihn Aristide Briand zum Außenminister; er konnte diesen Posten jedoch nur kurze Zeit bis zur Sturz der Regierung am 23. März 1913 durch den Senat ausüben.
1914 wurde Jonnart in den französischen Senat aufgenommen, in dem er dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vorstand. Während des Ersten Weltkriegs wurde Jonnart als Gesandter der Entente-Mächte mit militärischen Vollmachten nach Griechenland geschickt, um die Abdankung Konstantin I. voranzutreiben. Georges Clemenceau entsandte ihn 1918 erneut als Generalgouverneur nach Algerien, um frische Truppen auszuheben. 1919 verließ er endgültig Algerien und kehrte nach Europa zurück. Als sich Anfang der 1920er Jahre das Verhältnis der Dritten Republik zur Katholischen Kirche zu entspannen begann, war Jonnart von 1921 bis 1923 seit Abbruch der diplomatischen Beziehungen 1904 der erste französische Botschafter beim Heiligen Stuhl.
Seit 1918 Mitglied der Académie des sciences morales et politiques wurde er am 19. April 1923 nach einer stürmischen Abstimmung auch in die Académie française aufgenommen. Royalistisch gesinnte Studenten gaben ein Buch mit den Werken Jonnarts heraus – ein Buch mit leeren Seiten, denn Jonnart hatte nichts veröffentlicht.[1] Die Action française entwendete nach der Wahl die Stimmzettel und veröffentlichte eine Liste der Mitglieder, die für Jonnart stimmten. Seitdem werden die Wahlzettel unmittelbar nach der Wahl verbrannt.
Literatur
- Jean Jolly (Hrsg.): Dictionnaire des Parlamentaires Français, Notices Biographiques sur les Ministres, Sénateurs et Dépués Français de 1889 à 1940. Paris 1960.
Weblinks
- Kurzbiografie und Werkliste der Académie française (französisch)
- Zeitungsartikel über Charles Jonnart in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- JONNART Célestin, Ancien sénateur du Pas-de-Calais. In: Sénat.fr. Abgerufen am 19. März 2023 (französisch).
- Angaben zu Charles Jonnart in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France, abgerufen am 19. März 2023.
Einzelnachweise
- Auguste Jonnart 1857 - 1927. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 19. März 2023 (französisch).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Jules Viette | Minister für öffentliche Arbeiten und Sozialversicherung in Frankreich 02.12. 1893 – 22.05. 1894 | Louis Barthou |
Raymond Poincaré selbst | Außenminister 21.01. 1913 – 18.02. 1913 18.02. 1913 – 22.03. 1913 | selbst Stéphen Pichon |
- | Minister für die Blockade der befreiten Regionen 16.11. 1917 – 23.11. 1917 | Albert Lebrun |
Édouard Laferrières Maurice Varnier Charles Lutaud | Generalgouverneur von Algerien 03.10. 1900 – 18.06. 1901 05.05. 1903 – 22.05. 1911 29.01. 1918 – 29.08. 1919 | Paul Révoil Charles Lutaud Jean-Baptiste Abel |