Hechaluz

Hechaluz (hebräisch הֶחָלוּץ he-Chalūtz, deutsch Der Pionier) war der Dachverband zionistischer Jugendorganisationen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, die jüdische Einwanderung in Palästina (Alija) und deren Vorbereitung (Hachschara) zu organisieren.

Logo des Hechaluz
Polnische Mitgliedskarte des Hechaluz, 1924

Geschichte

Die Anfänge des Hechaluz reichen zurück in die Zeit nach den russischen Pogromen des Jahres 1881. Es entstanden Vorläuferorganisationen, die die Auswanderung in die USA und nach Palästina propagierten. Daraus hervor gingen dann Organisationen, die zumindest eine zeitlich begrenzte Arbeit in Erez Israel zum Ziel erklärten, um dem jüdischen Volk mit Spaten und Pflug zu dienen. Mehr als die Hälfte der Chaluzim der zweiten Alija kehrten nach Europa zurück, die anderen blieben in Palästina.[1]

Nahezu zeitgleich entstanden daraus 1904/1905 Organisationen in den USA und in Russland, die sich den Namen Hechaluz gaben.[2] Der US-amerikanische Hechaluz wurde 1905 von Eliezer Joffe in New York gegründet.[3]

Deutschland

Am 16. Dezember 1922 wurde ein deutscher Landesverband gegründet, der sämtliche in Deutschland arbeitenden Chaluzim zusammenfasste.[4][5] Mitglied des deutschen Landesverbandes konnte nach den Gründungssätzen jeder werden, der einen landwirtschaftlichen, handwerklichen oder jeden anderen für den Aufbau Palästinas essentiellen Beruf erlernte („Umschichtung“) oder ausübte und der sich in die jüdische Arbeiterschaft Palästinas integrieren konnte.[4]

Zwischen Sommer 1923 und 1924 stieg die Zahl der Mitglieder des Hechaluz von anfangs 300 auf über 1000. 100 deutsche Chaluzim konnten bis 1924 nach Palästina gehen, und zur gleichen Zeit erschien auch unter dem Titel Hechaluz ein eigenes – allerdings nur kurzlebiges – Verbandsorgan in einem eigenen Verlag.[6] Diese Verbandszeitschrift wurde von Josef Trumpeldor gegründet und geleitet.[7]

Nach der Machtergreifung der Nazis stieg im Laufe des Jahres 1933 die Mitgliederzahl rasch bis auf geschätzt 13.000 Chaverim („Genossen“), davon war ungefähr ein Drittel weiblich.[8] Trotz enger Zusammenarbeit mit der Zionistischen Vereinigung blieb der Hechaluz formell unabhängig. Ab 1933 existierten dreizehn Glilim („Bezirke“) mit einem Bezirksleiter an der Spitze. Leiter des Hechaluz wurde 1933 Enzo Sereni, der als Instrukteur der palästinensischen Kibbuzbewegung nach Deutschland gekommen war. 1934 folgte ihm Georg Josephthal, der 1937 Berlin verließ und dabei viele Zuständigkeiten an Jehuda Barlev und Jehuda Markus abgab.[9]

Ideologisch identifizierte sich der Verband mit der Mapai. Als wichtige Stütze wirkte der sozialistische Habonim, während sich das Konkurrenzverhältnis zum marxistisch geprägten Hashomer Hatzair nach 1933 noch verschärfte.[10] In der Tradition der deutschen Jugendbewegung herrschte im Hechaluz ein gewisser Führerkult und eine Vorliebe für Fahnen und Symbole, um das Selbstbewusstsein der jüdischen Jugendlichen zu stärken.

Der Hechaluz-Verlag gab insgesamt 25 Broschüren u. ä. heraus, nach eigenen Angaben insgesamt über 200.000 Exemplare.

Mit der zunehmenden jüdischen Auswanderung ab 1936 nahm die Zahl der Ortsgruppen ab, und fehlendes Führungspersonal musste durch oft unerfahrene Kräfte ersetzt werden. Der Hechaluz ging im November 1938 in der Abteilung I des Palästinaamtes auf.

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Siehe auch

Literatur

  • Carsten Teichert: Chasak! Zionismus im nationalsozialistischen Deutschland. 1933–1938 (Diss. Uni Köln 1997), Köln 2000. ISBN 3-9807173-0-5.
  • Harald Lordick: Polnische Zionisten im Ruhrgebiet. Ein Hechaluzverein in Hamborn um 1925. In: Jan-Pieter Barbian, Michael Brocke, Ludger Heid (Hrsg.): Juden im Ruhrgebiet. Vom Zeitalter der Aufklärung bis in die Gegenwart, Essen 1999. ISBN 3-88474-694-4. S. 523–540.

Einzelnachweise

  1. Noam Zadoff: Geschichte Israels. Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck, 2020, ISBN 978-3-406-75755-6, S. 15.
  2. Encyclopaedia Judaica: He-Ḥalutz
  3. Jewish Virtual Library: Joffe, Eliezer Lipa (1882–1944)
  4. Jehuda Reinharz (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte des Deutschen Zionismus 1882-1933. Mohr Siebeck, 1981, ISBN 3-16-743272-1, S. 328 ff. (online).
  5. Hechaluz. Ghetto Theresienstadt – Ein Nachschlagwerk, abgerufen am 9. April 2008.
  6. Knut Bergbauer: “Auf eigener Scholle”. Frühe Hachschara und jüdische Jugendbewegung in Deutschland. in: Ulrike Pilarczyk, Ofer Ashkenazi, Arne Homann (Hrsg.): Hachschara und Jugend-Alija. Wege jüdischer Jugend nach Palästina 1918–1941 (= Steinhorster Beiträge zur Geschichte von Schule, Kindheit und Jugend. Band 1). Gemeinnützige Bildungs- und Kultur GmbH des Landkreises Gifhorn, Gifhorn 2020, ISBN 978-3-929632-99-6, S. 33
  7. Trumpeldor, in: Jüdische Woche, 1932. Heft 3; S. 38 -> Ein Textbeitrag aus der ZS, verfasst von Wladimir Jabotinski.
  8. Teichert, S. 116 f.
  9. Vgl. Teichert, S. 137 f.
  10. Teichert, S. 142.
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