Cassidyit

Cassidyit (IMA-Kurzsymbol Cdy[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca2Ni(PO4)2·2H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Nickel-Phosphat und das Nickel-Analogon von Collinsit.

Cassidyit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1966-024[1]

IMA-Symbol

Cdy[2]

Chemische Formel
  • Ca2Ni(PO4)2·2H2O[3]
  • Ca2(Ni,Mg)[PO4]2·2H2O[4][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/C.12a
VII/C.17-040

8.CG.05
40.02.02.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[6]
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2
Gitterparameter a = 5,71 Å; b = 6,73 Å; c = 5,41 Å
α = 96,8°; β = 107,3°; γ = 104,6°[4]
Formeleinheiten Z = 1[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,1 bis 3,2[7]
Spaltbarkeit gut[8]
Farbe blass- bis hellgrün, farblos im Durchlicht[7]
Strichfarbe weiß[8]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend[7]
Glanz nicht definiert
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,640 bis 1,650[9]
nγ = 1,670[9]
Doppelbrechung δ = 0,030[9]

Da allerdings in den bisher untersuchten natürlichen Cassidyitproben stets ein Teil des Nickels durch Magnesium ersetzt (substituiert) war, wurde die Formel in der Originalbeschreibung mit Ca2(Ni,Mg)(PO4)2·2H2O[5] angegeben. In der kristallchemischen Strukturformelschreibweise entspricht dies der Formel Ca2(Ni,Mg)[PO4]2·2H2O.[4]

Cassidyit kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt faserige bis kugelige Mineral-Aggregate oder krustige Überzüge. Das Mineral wirkt allgemein durchscheinend blass- bis hellgrün, ist allerdings im Durchlicht farblos.

Etymologie und Geschichte

Entdeckt wurde Cassidyit zusammen mit Reevesit erstmals in Mineralproben des Wolf-Creek-Meteoriten, den man 1947 am Wolfe-Creek-Krater nahe Halls Creek in Westaustralien fand. Das seit dem Einschlag vor vermutlich 300.000 Jahren stark verwitterte Fragment des ursprünglichen Meteoriten gehört zur Klasse der Eisenmeteoriten vom Typ mittlerer Oktaedrit IIIAB und hatte ein Gewicht von 760 kg.[10]

Die Analyse und Erstbeschreibung von Cassidyit und Reevesit erfolgte durch John S. White jr., E. P. Henderson und Brian Mason, die das erstgenannte Mineral nach dem Geologen und Professor für Geologie und Planetologie an der Universität von Pittsburgh William A. Cassidy (1928–2020) benannten. Dieser hatte unter anderem 1953 den Wolfe-Creek-Krater kartiert und erkannte zudem, dass die Antarktis das größte Meteoritenlager der Erde darstellt. White, Henderson und Mason sandten ihre Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1966 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1966-024[3]), die den Cassidyit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Erstbeschreibung wurde im Folgejahr im Fachmagazin American Mineralogist publiziert.[5]

Der Wolf-Creek-Meteorit gilt auch als Typlokalität für den 1969 von George T. Faust, Joseph J. Fahey, Brian Mason, Edward J. Dwornik erstbeschriebenen Pecorait.[11]

Das Typmaterial von Cassidyit wird im National Museum of Natural History (NMNH) unter der Sammlungs-Nr. 119552/4[12] oder 19553 und 119554A[7] aufbewahrt.

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cassidyit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Anorthoroselith (ehemals Roselith-β, Roselith-Beta), Collinsit, Fairfieldit, Messelit und Talmessit die „Fairfieldit-Reihe:“ mit der System-Nr. VII/C.12a innerhalb der „Fairfieldit-Roselith-Gruppe“ (VII/C.12) bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/C.17-40. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, ohne fremde Anionen“, wobei in den Gruppen VII/C.16 bis 34 die Minerale mit mittelgroßen bis großen Kationen: Fe-Mn-Zn-Mg und Ca-(NH4)1+ eingeordnet sind. Cassidyit bildet hier zusammen mit Anorthoroselith, Brandtit, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Messelit, Nickeltalmessit, Parabrandtit, Rruffit, Roselith, Talmessit, Wendwilsonit und Zinkroselith die „Fairfieldit-Roselith-Reihe“.[8]

Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cassidyit in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis vom Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex zum Kristallwassergehalt, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen; RO4 : H2O = 1 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Anorthoroselith, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Messelit, Nickeltalmessit, Parabrandtit und Talmessit die „Fairfielditgruppe“ mit der System-Nr. 8.CG.05 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cassidyit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc.“ ein. Hier ist er zusammen mit Anorthoroselith, Collinsit, Fairfieldit, Gaitit, Hillit, Messelit, Nickeltalmessit, Parabrandtit und Talmessit in der „Fairfieldit-Untergruppe (Triklin: P1)“ mit der System-Nr. 40.02.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4) × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Cassidyit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 5,71 Å; b = 6,73 Å; c = 5,41 Å; α = 96,8°; β = 107,3° und γ = 104,6° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte

Cassidyit bildet sich als Umwandlungsprodukt aus Schreibersit in Hohlräumen und Rissen von stark verwitterten Eisen-Nickel-Meteoriten. Als weitere Begleitminerale können unter anderem Apatit, Goethit, Jarosit, Lipscombit, nickelhaltiger Maghemit, Reevesit und nickelreiche Serpentine auftreten.[7]

Bisher ist der Wolf-Creek-Meteorit der einzige dokumentierte Fundort für Cassidyit.[14]

Siehe auch

Literatur

  • John S. White jr., E. P. Henderson, Brian Mason: Secondary minerals produced by weathering of the Wolf Creek meteorite. In: American Mineralogist. Band 52, 1967, S. 1190–1197 (englisch, rruff.info [PDF; 512 kB; abgerufen am 23. Mai 2022] Cassidyit ab S. 1193).
  • Michel Fleck, Uwe Kolitsch, B. Hertweck: Natural and synthetic compounds with kröhnkite-type chains: review and classification. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 217, Nr. 9, 2002, S. 435–443, doi:10.1524/zkri.217.9.435.22883 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 21. Mai 2022]).
  3. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2022, abgerufen am 21. Mai 2022 (englisch).
  4. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 483 (englisch).
  5. John S. White jr., E. P. Henderson, Brian Mason: Secondary minerals produced by weathering of the Wolf Creek meteorite. In: American Mineralogist. Band 52, 1967, S. 1190–1197 (englisch, rruff.info [PDF; 512 kB; abgerufen am 23. Mai 2022] Cassidyit ab S. 1193).
  6. David Barthelmy: Cassidyite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 21. Mai 2022 (englisch).
  7. Cassidyite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB; abgerufen am 21. Mai 2022]).
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Cassidyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Mai 2022 (englisch).
  10. Wolf Creek. Meteoritical Bulletin Database, abgerufen am 23. Mai 2022.
  11. George T. Faust, Joseph J. Fahey, Brian Mason, Edward J. Dwornik: Pecoraite, Ni6Si4O10(OH)8, Nickel Analog of Clinochrysotile, formed in the Wolf Creek Meteorite. In: Science. Band 165, Nr. 3888, 1969, S. 59–60, doi:10.1126/science.165.3888.5 (englisch).
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 23. Mai 2022.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 21. Mai 2022 (englisch).
  14. Fundortliste für Cassidyit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 21. Mai 2022.
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