Schtschedryk
Schtschedryk (ukrainisch Щедрик) ist ein ukrainisches Volkslied, das im anglo-amerikanischen Raum auch als Carol of the Bells bekannt ist.
Geschichte
Schtschedryk (zu ukrainisch schtschedryj (щедрий) ‚großzügig‘) ist ein altes ukrainisches, ursprünglich heidnisches Volkslied mit einem kleinen wiederholenden Motiv im Umfang von einer kleinen Terz.
Ursprüngliches Volkslied
Das Volkslied erzählt die Geschichte einer Schwalbe, die zu einem Landwirt fliegt und ihn ruft, damit er zu seiner Schafherde schaut, wo viele Lämmer geboren worden sind, das bedeutet, dass der Bauer jetzt wohlhabend ist. Dazu hat er eine schöne Ehefrau („mit schwarzen Augenbrauen“).
In der Ukraine wird dieses Lied zum Neujahrsfest nach altem Stil (nach dem julianischen Kalender am 31. Dezember) am 13. und 14. Januar (Schtschedryj Wetschir ‚großzügiger Abend‘) gesungen, daher ist das Lied eine „Schtschedriwka“ (щедрівка). Der 13. Januar heißt Schtschedryj Wetschir, weil an dem Tag alles auf dem Tisch stehen darf, auch Fisch und Fleisch; man darf auch scherzen. Der 13. Januar (31. Dezember nach julianischem Kalender) ist auch der Tag der Melanka, der 14. Januar (1. Januar nach Julianischem Kalender) der Tag des Heiligen Wassili (Basilius). An beiden Tagen wünschte man einander traditionell Gesundheit, Wohlstand und gute Ernte.
Junge Menschen zogen an diesen Tagen von Haus zu Haus, sangen die Schtschedriwki, erzählten fröhliche Geschichten, spielten Szenen und führten einen als Ziege verkleideten Menschen mit, was dem Haus und allen Bewohnern im neuen Jahr Glück, Gesundheit und Wohlstand bringen sollte. „Schtschedryj wetschir, dobryj wetschir, dobrym ludjam na zdorowja“ – „großzügiger Abend, guter Abend, guten Menschen viel Gesundheit“ – wurde den Gastgebern gewünscht, dafür bekamen die jungen Sänger von den Gastgebern etwas Gutes zu essen oder auch Geld als Dankeschön.[1] Völkerkundlich gesehen erinnert die menschenähnliche Ziegengestalt an Pan, Faunus, die Habergeiß und sicherlich vor allem an das Brauchtum Kurentovanje in Slowenien.
Vor der Christianisierung wurde bei den slawischen Völkern das Neujahrsfest im Frühling gefeiert, am Tag der Tagundnachtgleiche (ethnologisch vgl. Nouruz), weswegen in „Schtschedryk“ über eine Schwalbe und über die Geburt von Lämmern gesungen wird, also über typische Frühlingsereignisse. Dieser Bezug auf die Jahreszeiten lässt ein hohes Alter des Liedes „Schtschedryk“ vermuten.
Originaler Text von Schtschedryk
Original | Transkription | Übersetzung |
---|---|---|
Ще́дрик, щедри́к, ще́дрівочка, |
Schtschedryk, schtschedryk, schtschedriwotschka, |
Ein Ständchen, ein Ständchen, ein Ständchen, |
Bearbeitung von Mykola Leontowytsch
1916 wurde das Lied von Mykola Leontowytsch, einem ukrainischen Komponisten, Chordirigenten, Pädagogen und Sozialarbeiter, für vierstimmigen gemischten Chor bearbeitet.[2]
Für diese Fassung existiert auch ein weihnachtlicher geistlicher Text „Ой на річці“, aufgeschrieben von einem Gesangslehrer aus Tultschyn im Dorf Palanka, Podillja 1916:
„Oj na ritschzi, na Jordani, tam Pretschysta ryzy prala, swoho Syna spowywala, w jaselzia ukladala, pryletily try Jangoly, wzjaly Susa na Nebesa, a Nebesa roztworylys´, wsi Swjatiji poklonylys´.“
„Oh, am Fluss Jordan hat die Heilige Maria (Reine Gottesgebärerin) Windeln gewaschen, ihren Sohn gewickelt, in das Kripplein gelegt, drei Engel sind geflogen und nahmen Jesum auf den Himmel, der Himmel wurde aufgerissen und alle Heiligen haben sich verbeugt.“
Verbreitung und amerikanische Fassung
Nach der Konzertreise des ukrainischen Chores von Oleksandr Koschyz' (Олександр Кошиць) durch mehrere europäische Länder 1919 (Tschechoslowakei, Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Deutschland, Polen, Spanien) und in die USA 1922 war Schtschedryk nicht nur in der Ukraine bekannt, sondern in der ganzen Welt.
Der US-amerikanische Komponist ukrainischer Abstammung Peter J. Wilhousky, der für den Rundfunksender NBC arbeitete, veröffentlichte das Stück 1936 unter dem Titel Carol of the Bells mit einem englischen Text, der allerdings nicht auf dem ukrainischen Original beruht. Es gehört heute zu den bekanntesten Weihnachtsliedern im englischsprachigen Raum. Die bekannteste Version stammt aus dem Film Kevin – Allein zu Haus.
Die ukrainische Heimatforscherin Forostjuk Inna Wadymiwna übertrug das englischsprachige Weihnachtslied wiederum zurück ins Ukrainische.[3]
Carol of Bells | Дзвінка колядка | Dswinka koljadka (Transkription) | Ein klingendes Weihnachtslied |
---|---|---|---|
Nachdichtung [3] | |||
Hark how the bells, |
Дзвоників дзвін |
Dswonykiw dswin |
Die Glocken läuten |
Charts und Chartplatzierungen
Version von John Williams (Carol of the Bells)
Periode | Höchstplatzierung, GesamtwochenChartplatzierungenChartplatzierungen[4][5] (Periode, Platzierungen, Wochen) | ||
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DE | CH | UK | |
2017/18 | — | — | UK97 (1 Wo.)UK |
2019/20 | — | — | UK98 (1 Wo.)UK |
2022/23 | — | CH87 (1 Wo.)CH |
— |
2023/24 | DE100 (1 Wo.)DE |
CH66 (1 Wo.)CH |
UK72 (2 Wo.)UK |
Insgesamt | DE100 (1 Wo.)DE |
CH66 (2 Wo.)CH |
UK72 (4 Wo.)UK |
Weblinks
Звичаї нашого народу, Оле́кса Іва́нович Воропай
- Gemeinfreie Noten von Ring Christmas Bells in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- Schtschedryk − »La Bohème in concert #1» am 21. Mai 2011 – Haupthalle des Südfriedhof Leipzig auf YouTube, abgerufen am 1. Januar 2024 (deutsch; Laufzeit: 1:35).
- Shchedryk / Щедрик. Carol of the Bells. Original Ukrainian Version with English and Ukrainian Lyrics auf YouTube, abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch; Laufzeit: 2:07).
Einzelnachweise
- Am 1. Weihnachtstag hingegen wurden koladky (колядки), Weihnachtslieder, von den Sternsingern gesungen.
- Лариса Костюк, Ольга Король: ІЗ КОГОРТИ ПРЕДСТАВНИКІВ УКРАЇНСЬКОГО КУЛЬТУРОТВОРЕННЯ ХХ СТОЛІТТЯ: МИКОЛА ЛЕОНТОВИЧ - АВТОР СВІТОВОГО МУЗИЧНОГО ШЕДЕВРУ. In: УКРАЇНСЬКА КУЛЬТУРА : МИНУЛЕ, СУЧАСНЕ, ШЛЯХИ РОЗВИТКУ (НАПРЯМ: КУЛЬТУРОЛОГІЯ). Nr. 28, 21. September 2019, ISSN 2518-1890, doi:10.35619/ucpmk.vi28.105.
- ДЗВІНКА КОЛЯДКА (Carol of Bells) (Memento vom 8. Januar 2018 im Internet Archive)
- Chartquellen: DE CH UK
- Der Chorsatz ist weitestgehend unverändert jener von Mykola Leontowytsch