Carl Schorlemmer

Carl Schorlemmer (* 30. September 1834 in Darmstadt; † 27. Juni 1892 in Manchester) war ein deutscher Chemiker.

Carl Schorlemmer (um 1880)

Leben

Carl Schorlemmer war der älteste Sohn des Schreiners Johannes Schorlemmer und seiner Frau Katharine Philippine Schorlemmer.[1] Er durchlief nach kurzem Volksschulaufenthalt die vierklassige Realschule. Zwischen 1850 und 1853 besuchte er die höhere Gewerbeschule in Darmstadt, wo er sich dem Corps Hassia anschloss.[2] Die folgenden 2½ Jahre absolvierte er in Groß-Umstadt eine Lehre in der Lindenbornschen Apotheke. Nach bestandenem Gehilfenexamen nahm er eine Stelle in der Schwanenapotheke in Heidelberg an.

In Heidelberg hatte er Gelegenheit, die Vorlesungen von Robert Wilhelm Bunsen zu besuchen. Diese beeindruckten ihn dermaßen, dass er den Entschluss fasste, sich ganz der Chemie zu widmen. Er studierte 1859 ein Semester in Gießen. Im Herbst desselben Jahres nahm er eine Privatassistentenstelle bei Henry Enfield Roscoe in Manchester an. Bereits zwei Jahre später wurde er dort zum Unterrichtsassistenten.

Ab 1862 widmete er sich intensiven Studien über Alkoholradikale und Kohlenwasserstoffe der Fettreihe. Er bewies, dass die Hydride der Alkohole und die damals als Radikale des Alkohols aufgefassten Kohlenwasserstoffe das Gleiche darstellten. Die hierbei hauptsächlich zur Anwendung kommende Halogenisierung der Kohlenwasserstoffe führte ihn zur Entdeckung neuer Isomerieverhältnisse zwischen verschiedenen Halogeniden der Kohlenwasserstoffe und der dazugehörigen Alkohole sowie ihrer gegenseitigen Umwandlungen und zur Aufklärung ihrer Konstitution. Mit Ausnahme von Methan und Butan hat Schorlemmer die ganze Reihe der normalen Paraffine bis zum Oktan und ihre Derivate studiert und unter anderem das normale Pentan, Heptan und Diisopropyl entdeckt.

Schorlemmer war seit 1874 Professor für Organische Chemie in Manchester. Er war Mitglied der Philosophical Society ab 1870, der Royal Society ab 1871 und der American Philosophical Society ab 1878. 1887 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[3] Schorlemmer war seit 1889 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und ein enger Freund von Karl Marx und Friedrich Engels, die er in naturwissenschaftlichen Fragen beriet. Insbesondere bei der Vermittlung hilfreicher Methoden wie der Differentialrechnung, die er als relevant für die Vorhersage von Wirtschaftskrisen erachtete, war Schorlemmer wichtiger Impulsgeber für Marx.[4]

Sein Spezialgebiet waren die einfachen Kohlenwasserstoffe, die er unter einem einheitlichen theoretischen Gesichtspunkt klassifizierte und von denen er einige erstmals rein darstellen konnte. Er gilt dadurch auch als ein Wegbereiter der Petrolchemie.

Ehrungen

Schriften (Auswahl)

  • H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1867
  • H. E. Roscoe und C. Schorlemmer: Kurzes Lehrbuch der Chemie : nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. - Dt. Ausg. / bearb. von Carl Schorlemmer. 2., nach den neuesten Forschungen verm. und verb. Aufl. - Vieweg, Braunschweig 1868 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
  • H. E. Roscoe und C. Schorlemmer: Kurzes Lehrbuch der Chemie – nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. 2. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1869
  • H. E. Roscoe: Die Spektralanalyse in einer Reihe von sechs Vorlesungen mit wissenschaftlichen Nachträgen. Autorisierte deutsche Ausgabe, bearbeitet von Carl Schorlemmer. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1870 online
  • Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1871, online im Internet Archive
  • H. E. Roscoe, C. Schorlemmer: Ausführliches Lehrbuch der Chemie. Bd. 1. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1873
  • H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectraltafel. Deutsche Ausgabe, unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 4., nach den neuesten Forschungen verm. u. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1873
  • Manual of the Chemistry of Carbon Compounds, or organic chemistry. London 1874
  • Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. 2. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1874
  • H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 5. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1875
  • H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: A Treatise on chemistry. Vol. 1–3, London, New York 1877–1892
  • H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: A Treatise on chemistry. 2nd ed. London, New York 1878
  • H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: Ausführliches Lehrbuch der Chemie. 4 Bde. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1877–1889
  • H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 6. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1878
  • The rise and development of organic chemistry. Manchester und London 1879
  • H. E. Roscoe u. Carl Schorlemmer: Kurzer Lehrbuch der Chemie nach neuesten Ansichten der Wissenschaft. 7. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1882
  • Origine et Développement de la Chimie organique. Ouvrage traduit de l´anglais avec autorisation de l´auteur par Alexandre Clapéde. Paris 1885
  • Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. Braunschweig 1886
  • Der Ursprung und die Entwickelung der organischen Chemie. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1889, online im Internet Archive
  • Carl Schorlemmer: Ursprung und Entwicklung der organischen Chemie. (Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Bd. 259), Akademische Verlagsgesellschaft Geest und Portig, Leipzig 1984

Literatur

  • Friedrich Engels: Nachruf für Carl Schorlemmer im Vorwärts, Nr. 153 vom 3. Juli 1892. In: Marx-Engels-Werke Band 22, Dietz Verlag, Berlin 1963, S. 313–315.
  • Herman Haupt (Hrsg.): Hessische Biografien. Band I, Lieferung 1. Großherzoglich hessischer Staatsverlag, Darmstadt 1912.
  • Schorlemmer, Carl. In: Chambers´s biographical Dictionary. The great of all Nations and all times. Originally complied by David Patrick & Hindes Groome. New Edition edited by Wm. Geddie & J. Liddell Geddie. London Philadelphia 1929, S. 832.
  • J. K. Roberts: The life and work of Carl Schorlemmer. Manchester 1972. Diss.
  • Karl Heinig: Carl Schorlemmer. Chemiker und Kommunist ersten Ranges. B. G. Teubner, Leipzig 1974.
  • Schorlemmer. In: Deutsche Apotheker-Biographie. Bd. 2, Stuttgart, 1978, S. 599 f.
  • Schorlemmer Carl Ludwig [sic!]. In: Lexikon bedeutender Chemiker. Bibliographisches Institut, Leipzig 1988, ISBN 3-323-00185-0, S. 386.
  • Schwarz, Holm-Dietmar: Schorlemmer, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 482 (Digitalisat).
  • Martin Koch: Dialektik, Chemie und Sozialismus. Vor 175 Jahren wurde der deutsche Naturforscher Carl Schorlemmer geboren. In: Neues Deutschland vom 26. September 2009.
  • Manfred Schöncke: Carl und Ludwig Schorlemmer, ihre Beziehung zu Marx und Engels in Büchern. Zum aufgefundenen Teilnachlass von Ludwig Schorlemmer. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge. Jg. 2009, Argument-Verlag, Hamburg 2009, ISSN 0232-8577, S. 225–250.
Commons: Carl Schorlemmer – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Hans Meyer-Schwarzenberger: Schorlemmer aus Rosenthal bei Peine. In: Hessisches Geschlechterbuch. Bd. 16, Starke, Limburg an der Lahn 1964, S. 93–112
  2. F. L. Staub: Corps-Liste des Weinheimer SC von 1821 bis 1906. Dresden 1906, S. 165.
  3. Mitgliedseintrag von Carl Schorlemmer bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 25. Juni 2016.
  4. Nelli Tügel, Annette Vogt: »Engels wusste gar nichts, Marx immerhin ein bisschen«. In: Analyse & Kritik. 13. Dezember 2022, abgerufen am 25. Dezember 2023.
  5. Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 482.
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