Carl Christian Otto

Carl Christian Otto (auch: Carl Otto Reventlow; * 10. Dezember 1817 in Store Heddinge (Seeland); † 19. April 1873 in Kempten (Allgäu)) war ein Mnemotechniker und Journalist.

Leben

Der Sohn eines Malers studierte Philologie 1838/39 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Otto war mit anderen im schleswig-holsteinischen Unabhängigkeitsstreben Aktiven wie Rudolf Schleiden, Friedrich Unzer, Andreas Springborn und Traugott Graf zu Reventlow Mitglied des Corps Saxonia Kiel.[1] In Kiel wegen eines Duells relegiert, reiste er als Publizist nach England und in die Schweiz. Durch Intervention seiner Studienfreunde kehrte er nach Dänemark zurück, um 1844 an der Universität Kopenhagen weiter zu studieren.[2]

Schon 1843 veröffentlichte er sein erstes Buch zur Mnemotechnik. Die von ihm entwickelte Methode der bildhaften Merktechniken wurde besonders in Schulen eingesetzt, um mathematisches und historischen Wissen aufzunehmen. Seine Lehrbücher erreichten hohe Auflagen und wurden über drei Jahrzehnte immer wieder erweitert und neu herausgegeben. Auf vielen Reisen durch Deutschland und Westeuropa kam er unter anderem nach Berlin, Leipzig, Danzig und Prag, wo er seine Methoden vorstellte. Kritiker aus der Pädagogik wie der Sprachlehrer Carl Nauck (1813–1890) und der Schweizer Eduard Pick (1862–1926) sahen in Otto zunächst einen Epigonen des französischen Juristen und Miterfinders der Stenografie Aimé Paris (1798–1866). Zeitgenössische Fachkollegen wie Hermann Kothe und Ignatz Bernhard Montag bewunderten sein System leicht erlernbarer Gedächtnisstützen.[3] Auch der damals sehr populäre Zeitkritiker Eduard Maria Oettinger schätzte Otto.[4] Seine Technik der „nicht zerlegbaren Grundbilder“ gilt heute als maßgeblich für die Entwicklung der Mnemotechnik.[5]

Otto beteiligte sich an der Deutschen Revolution von 1848/49 und geriet unter polizeiliche Beobachtung.[6] Er hielt sich bis 1850 in Schweden und Norwegen auf. 1853 nach Cincinnati emigriert, wurde er Redakteur und Herausgeber verschiedener Emigrantenblätter, zunächst in Syracuse, dann in Albany. Die Deutschen freien Blätter übernahm er von religiösen Auswanderern in Cincinnati, ab 1857 den Hochwächter. Das Journal stand eigentlich in Tradition des deutschen Hochwächters, der 1832 in Pforzheim erschien, wurde aber unter Otto zu einem kommunistischen Periodikum[7] für die deutschen Exilanten der ausgewanderten `48er´. Karl Marx nutzte den Kontakt zu ihm, um mit Conrad Schramm einen wichtigen Funktionär des Bund der Kommunisten als Mitarbeiter zu empfehlen. Im Streit des auseinanderfallenden Bundes äußerte sich Marx dann geringschätzig über den „liberal“ gewordenen Otto.[8]

In seinen späten Jahren lebte Otto in Kempten.

Werke

  • Lehrbuch der Mnemotechnik nach einem durchaus neuen auf das Positive aller Disciplinen anwendbaren Systeme. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1843.
  • Wörterbuch der Mnemotechnik nach eignem Systeme. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844.
  • Leitfaden der Mnemotechnik für Schulen. Ungefähr 3000 mnemotechnisch bearbeitete Daten aus der Geschichte und Geographie enthaltend. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1846.
  • Praktisches Lehrbuch der Mnemotechnik oder Gedächtniskunst. Ungefähr 9000 Anwendungen auf die verschiedenen Schuldisciplinen enthaltend. Zweite völlig umgearbeite Aufl. Cotta, Stuttgart 1847.

Literatur

  • Carl Wilhelm Nauck: Reventlow und die Mnemonik und die Mnemonik und die Schule. Cottbus 1844.
  • Edward Pick: Mnemonik und ihre Anwendung auf das Studium der Geschichte. Steiner’sche Buchhandlung, Winterthur 1848.
  • Eduard Maria Oettinger: Karl Otto gen. Reventlow oder die Mnemonik in ihrer höchsten Ausbildung Leipzig 1845.
  • Hermann Kothe, Ignatz Bernhard Montag: Katechismus der Gedächtnißkunst oder Mnemotechnik. Weber, Leipzig 1863.
  • Eduard Alberti: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866–1882. Band 2, Biernatzki, Kiel 1886.
  • Wilhelm Momm, E. Friedrich: Corpsalbum Saxonia zu Kiel. Kiel 1933.
  • Ulrich Voigt: Mnemotechnik zwischen Simonides und Harry Lorayne. Likanas, Hamburg 2001.

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 77/12.
  2. Corpsalbum Saxonia, S. 31
  3. Kothe/Montag 1863, S. 26
  4. Charivari, 1847, Ausgabe 222, S. 3546
  5. Voigt, bes. S. 90ff
  6. Pierer's Universal-Lexikon. 4. Ausgabe, 1857–1865
  7. Eine Geschichte der Entwickelung Cincinnati's und seines Deutschthums, mit biographischen Skizzen und Illustrationen. Cincinnati: Queen City Pub. Co., 1901. S. 81 Harvard University online edition
  8. Brief von Marx an Conrad Schramm, 8. Dezember 1857. Zitiert in: Karl Marx und Friedrich Engels: Gesammelte Werke (übersetzt von P. Ross). Ed.: Lawrence & Wishart, 1983. ISBN 0-85315-461-9, S. 217
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