Bitteres Schaumkraut

Das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara), auch Falsche Brunnenkresse oder Bitterkresse genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Schaumkräuter (Cardamine) innerhalb der Familie der Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae).

Bitteres Schaumkraut

Bitteres Schaumkraut

Systematik
Eurosiden II
Ordnung: Kreuzblütlerartige (Brassicales)
Familie: Kreuzblütler (Brassicaceae)
Tribus: Cardamineae
Gattung: Schaumkräuter (Cardamine)
Art: Bitteres Schaumkraut
Wissenschaftlicher Name
Cardamine amara
L.

Beschreibung

Blüten-/Fruchtstand mit Blüte und jungen Schoten
Vierzählige Blüte mit den 6 Staubblättern

Erscheinungsbild und Blatt

Das Bittere Schaumkraut wächst als ausdauernde krautige Pflanze.[1][2] Die niederliegenden Stängel treiben wurzelnde Ausläufer mit grundständigen Blättern, die keine Rosetten bilden.[2] Im Frühjahr des zweiten oder Folgejahres bilden sich aufsteigende, gefurchte, stark beblätterte Stängel, die eine Wuchshöhe von 10 bis zu 60 Zentimetern erreichen.[3] Der meist unverzweigte, kahle oder behaarte,[3] kantige Stängel ist markgefüllt.[1][2]

Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind gestielt. Die Blattspreite ist unpaarig fiederteilig und besteht meist aus zwei bis vier, manchmal auch bis zu acht Fiederpaaren und einem einzelnen Fiederblatt am Ende, das etwas größer als die anderen ist.[2][3]

Blüten-, Fruchtstand, Blüte, Frucht und Samen

Zwei bis dreißig Blüten[2] stehen in einem endständigen, anfangs kurzen, schirmtraubig eingeebneten Blütenstand zusammen, der sich später bis zur Fruchtreife zu einem lockeren, traubigen Blütenstand streckt. Die zwittrigen Blüten sind vierzählig mit doppelter Blütenhülle. Die vier anliegenden Kelchblätter sind eiförmig und grün. Die vier weißlichen bis seltener rosafarbenen Kronblätter sind 7 bis 12 Millimeter lang, und damit etwa dreimal so lang wie die Kelchblätter.[1] Die Blüten enthalten sechs Staubblätter mit violetten Staubbeuteln[1] (Unterscheidungsmerkmal zur ähnlichen Brunnenkresse[4]).

Die Blütezeit dauert von April bis Juli.[2]

An aufrecht vom Stängel abstehenden Fruchtstielen stehen stabförmig gerade Schoten, die eine Länge von 2 bis 4 Zentimeter und einen Durchmesser von 1 bis 2 Millimeter aufweisen.[3] Die Samen liegen in jedem Fach einreihig.[3] Die Fruchtklappen öffnen sich kurz vor der Reife oder auch bei Berührung explosionsartig aufrollend und dabei werden die Samen herausgeschleudert.

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl der Art ist 2n = 16[5], nur bei subsp. austriaca = 32.

Vorkommen

Das Bittere Schaumkraut ist im europäischen und westasiatischen Raum beheimatet[3] und kommt in Mitteleuropa ziemlich häufig vor.[6] Es wächst bevorzugt in der planar-collinen (Flach- und Hügelland)[7] manchmal bis subalpinen[3] Höhenstufe. In den Allgäuer Alpen steigt es westlich des Rappensees in Bayern bis zu 2050 m Meereshöhe auf.[8] Im Gesamtgebiet der Alpen steigt es bis über 2400 Meter Meereshöhe auf.[9]

Das Bittere Schaumkraut bevorzugt von kühlem Wasser durchsickerte nährstoffreiche, lehmig-tonige Böden. Man findet es daher vor allem in Quellfluren, Waldsümpfen, Gräben und Erlenbruchwäldern. Seltener kommt es in Feucht- und Nasswiesen vor, da es als Halblichtpflanze vorwiegend Standorte besiedelt, die zumindest teilweise beschattet sind. An seinen Standorten kommt es oft in größeren Beständen vor, die durch Ausläufer gebildet werden. Vermehrung durch Samen spielt eine weniger wichtige Rolle.[10][6] Es ist eine Charakterart der Klasse Montio-Cardaminetea, kommt aber in tieferen Lagen auch in Gesellschaften der Verbände Alnion oder Alno-Ulmion vor.[5]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 5fw (überschwemmt aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[11]

Inhaltsstoffe

Die Pflanze hat einen hohen Gehalt an Vitamin C, weshalb sie in früheren Zeiten als Heilmittel gegen Skorbut eingesetzt wurde. Darüber hinaus enthält sie das Senfölglycosid Glucocochlearin, aus dem unter Wassereinwirkung Butylsenföl abgespaltet wird. Dies gibt der Pflanze einen scharfen Geschmack. Ein noch nicht näher untersuchter Bitterstoff sorgt für den weiterhin namensgebenden bitteren Geschmack.[10]

Systematik

Quellflur mit großem Bestand im Landschaftsschutzgebiet Grünlandverbund Aa im Hochsauerland

Die Erstveröffentlichung von Cardamine amara erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum.[12] Synonyme für Cardamine amara L. sind Cardamine umbrosa Lej. und Cardamine wiedemanniana Boiss.[13]

Der Gattungsname Cardamine leitet sich vom griechischen Wort κάςδαμων kárdamon für „Kresse“ ab. Das Artepitheton amara verdankt diese Art dem Geschmack seiner Blätter und leitet sich vom lateinischen Wort amárus, -a, um für „bitter“ ab.

Das Bittere Schaumkraut gliedert sich in folgende Unterarten:[14]

  • Cardamine amara subsp. amara: in Europa weit verbreitet mit Ausnahme der Iberischen Halbinsel und Teilen der Balkanhalbinsel.
  • Cardamine amara subsp. austriaca Marhold: in den Alpenländern (Österreich, Tschechien, Deutschland (Südostbayern), Schweiz, Italien, Slowenien).[15]
  • Cardamine amara subsp. balcanica Marhold, Ančev & Kit Tan (Syn. Cardamine barbaraeoides auct.): in Südwest-Bulgarien, Nordost-Griechenland,[16] in Mazedonien und im südlichen Serbien.[17]
  • Cardamine amara subsp. opicii (J. Presl & C. Presl) Čelak.: in den Karpathen (Tschechien, Polen, Rumänien, Slowakei, Ukraine).[18]
  • Cardamine amara subsp. pyrenaea Sennen: in den französischen und spanischen Pyrenäen.[19]

Die Unterart austriaca ist als einzige tetraploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 32.[15] Die anderen Unterarten amara, balcanica, opicii und pyrenaea sind diploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 16.[16]

Die früher zu Cardamine amara gestellten Cardamine barbaraeoides Halácsy (Syn.: Cardamine amara subsp. barbaraeoides (Halácsy) Maire & Petitm.) aus Serpentingebieten im Pindos und benachbarten Gebirgen und Cardamine amporitana (Cadevall) Sennen & Pau (Syn.: Cardamine amara subsp. olotensis O. Bolòs) aus Katalonien werden von Marhold als eigene Arten betrachtet.[14]

Trivialnamen

Für das Bittere Schaumkraut bestehen bzw. bestanden, zum Teil auch nur regional, auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Bitterkressich (Oberengadin), Grascheu (Oberengadin), Kröss (Tirol im Ötztal), pommerische Brunnenkresse (Pommern), Steinkresse (Memmingen), Steinkressich und Wolfskraut (Kärnten bei Reichenau).[20]

Quellen

Einzelnachweise

  1. Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 13. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin (DDR) 1987, ISBN 3-06-012539-2, S. 210.
  2. Siegmund Seybold: Flora von Deutschland und angrenzender Länder. Ein Buch zum Bestimmen der wild wachsenden und häufig kultivierten Gefäßpflanzen. Begründet von Otto Schmeil, Jost Fitschen. 93., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2006, ISBN 3-494-01413-2.
  3. Konrad Lauber, Gerhart Wagner, André Michel: Flora Helvetica. 2., überarbeitete und verbesserte Auflage. Paul Haupt, Bern 1998, ISBN 3-258-05735-4, 653. Cardamine amara, S. 358.
  4. Dietmar Aichele, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? 57. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10212-2.
  5. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5
  6. Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 2. erweiterte Auflage. Band 2: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Dilleniidae): Hypericaceae bis Primulaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1993, ISBN 3-8001-3323-7.
  7. Bitteres Schaumkraut. auf FloraWeb.de
  8. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 586.
  9. Friedrich Markgraf: Familie Cruciferae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage, Band IV, Teil 1, Seite 200–202. Verlag Carl Hanser, München 1958.
  10. Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. 2. Auflage. Band 3: Nachtkerzengewächse bis Rötegewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-08048-X, S. 308.
  11. Asperugo procumbens L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. September 2022.
  12. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 656, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D2%26issue%3D%26spage%3D656%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  13. Cardamine amara bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  14. Karol Marhold: Brassicaceae. In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2011, Internet-Veröffentlichung, Zugriff am 25. November 2011
  15. Karol Marhold: Taxonomic evaluation of the tetraploid populations of Cardamine amara (Brassicaceae) from the Eastern Alps and adjacent areas. In: Botanica Helvetica. Band 109, Nr. 1, 1999, S. 67–84, doi:10.5169/seals-73287.
  16. Karol Marhold, Minčo E. Ančev, Kit Tan: A new subspecies of Cardamine amara (Brassicaceae) from Bulgaria and Greece. In: Annales Botanici Fennici. Band 33, Nr. 3, 1996, S. 199–204 (PDF-Datei).
  17. Gordana Tomović, Dmitar Lakušić, Vladimir Randelović, Karol Marhold: Cardamine amara (Brassicaceae) in Serbia and Republic of Macedonia. In: Biologia (Bratislava). Band 64, Nr. 6, 2009, S. 1095–1099, doi:10.2478/s11756-009-0182-8 (PDF-Datei).
  18. Karol Marhold: Taxonomy of the genus Cardamine L. (Cruciferae) in the Carpathians and Pannonia. II. Cardamine amara L. In: Folia Geobotanioca et Phytotaxonomica. Band 30, Nr. 1, 1995, S. 63–80, doi:10.1007/BF02813221 (PDF-Datei).
  19. Judita Lihová, Karol Marhold, K., Barbara Neuffer: Taxonomy of Cardamine amara (Cruciferae) in the Iberian Peninsula. In: Taxon. Band 49, Nr. 4, 2000, S. 747–763 (JSTOR:1223975,PDF-Datei).
  20. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 78 f. (online).
Commons: Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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