Knochenhauerstraße 34 (Hannover)

Knochenhauerstraße 34 in Hannover lautet die Adresse eines Anfang der 1970er Jahre errichteten Gebäudes in der Altstadt der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.[1][Anm. 1] Die vorgebaute Fachwerk-Fassade setzt sich jedoch aus Balken mit Inschriften des Vorgängergebäudes und der Wassermühle des Rittergutes in Eimbeckhausen zusammen und reicht zurück bis in das 16. Jahrhundert.[1]

Die Fachwerkfassade des 1972 errichteten Hauses Knochenhauerstraße 34 in der Fußgängerzone der Altstadt von Hannover

Geschichte

Den Inschriften zufolge wurde der Vorgängerbau während des Dreißigjährigen Kriegs im Jahr 1646 errichtet[1], ein Jahrzehnt nachdem der Landesherr von Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Calenberg, Herzog Georg die Stadt Hannover 1636 zu seiner Residenz erklärt hatte und diese unter seinem Sohn[2] und Nachfolger Christian Ludwig 1646 zur Garnisonstadt mit neuen Befestigungsanlagen ausgebaut wurde.[3]

Das Fachwerk des heutigen Hauses in der Knochenhauerstraße zeigt auf einem Ständerbalken des Vorgängerbaus in der Mitte des 2. Obergeschosses die Initialen M · C · L, die Signatur des Baumeisters Cord Levecke: „M(eister) C(ord) L(evecke)“ († April 1661 in Hannover), der um diese Zeit in Hannover tätig war.[4][Anm. 2] Zugleich ist das Gebäude das einzige in der Altstadt von Hannover nachgewiesene dieses Baumeisters.[5]

Ein auf dem Schwellbalken des 1. Obergeschosses eingesetztes Medaillon mit einer Hausmarke und dem Initial D deutet auf ein Mitglied der Familie von Dören hin und legt nach dem im Stadtarchiv Hannover aufbewahrten Schoßregister von 1646 Hans von Dören als Bauherrn nahe.[4]

Fächerrosetten und Meisterzeichen in den Gefachen zwischen den Inschriften der Fachwerk-Fassade
Ralf Königs kaffeetrinkender Konrad macht seit 1996 auf das Café Konrad aufmerksam.

Rund drei Jahrhunderte nach seiner Errichtung wurde der Bau von 1646 im Zweiten Weltkrieg durch die Luftangriffe auf Hannover schwer beschädigt.[4] 1972 ließ Marie Clausner als Bauherrin das heutige Haus durch den Architekten Hans Thiermann als dreigeschossiges giebelständiges Gebäude neu errichten[1]. Für die Fachwerkfassade wurden dabei im ersten und zweiten Obergeschoss Balkenstücke des Vorgängerbaus eingesetzt. Die nicht mehr vollständig erhaltenen Inschriften waren zuvor um 1900 zeitweilig mit Putz überdeckt, so dass die Überlieferung daher nur Teile wie etwa das Meisterzeichen von Baumeister Leveke mit dem Beil und dem Winkelmaß vermittelte.[4]

Die Schwellbalken des Giebels stammen nicht aus Hannoverscher Provenienz,[4] sondern wurden durch diejenigen der wohl nach 1570 erbauten Wassermühle des Rittergutes Eimbeckhausen ergänzt.[1]

Die Inschriften im 1. und 2. Obergeschoss des hannoverschen Vorgängerbaus von 1646 geben Textteile aus der Bibel wieder, so aus dem Buch Jesaja, Kapitel 8, Vers 20 sowie aus dem Buch der Psalmen, Kapitel 37, Vers 25. Die Inschrift im Giebel der Wassermühle in Eimbeckshausen hingegen ist mit Auszügen aus dem Buch der Psalmen, Kapitel 127, Vers 1 in niederdeutscher Sprache verfasst, gefolgt vom Sprichwort

„Help godt ut noth
Afgunst is grod“

[4][6]

sowie insbesondere der in römischen Ziffern geschriebenen Jahreszahl 1572.[1]

Seit 1996 weist die Figur des kaffeetrinkenden Konrad des Comiczeichners Ralf König auf das im Hause befindliche Café Konrad hin.[7]

Literatur (Auswahl)

  • Otto Winkelmüller:
    • Hannoversche Hausmarken und Familienwappen. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Bd. 14 (1960), S. 123–142; hier: S. 263f., Nr. 141–144
    • Steinmetz- und Meisterzeichen. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Heft 32, 1929, S. 1–68; hier: S. 56, 67, Nr. 101
  • Karl Friedrich Leonhardt: Straßen und Häuser im alten Hannover. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Bd. 27, 1924, S. 22–139; hier: S. 112
  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover, 1.: Regierungsbezirk Hannover, Heft 2 in zwei Teilen: Stadt Hannover (= Heft 19 der Gesamtreihe), 1. Teil: Denkmäler des „alten“ Stadtgebietes Hannover (Eingemeindungsstand bis 1. Januar 1870), hrsg. vom Provinzialausschuss und Landesdirektorium der Provinz Hannover, Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulzes Buchhandlung, Hannover 1932, S. 440; Digitalisat bei archive.org
Commons: Café Konrad (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Davon abweichend gibt Sabine Wehking (siehe Literatur) die „Knochenhauerstr. 26/27“ an; diese Hausnummern waren die ehemaligen, vergleiche Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmale ... (siehe Literatur), S. 440; Digitalisat bei archive.org
  2. Vergleiche auch N.N.: „(Lefeke), Cord Lefeken, April 1661 (Marktk.) 9. Mai 1661: Cordt Leiffecken ...“, in: Hannoversche Geschichtsblätter, Bände 13–15, Theodor Schulzes Buchhandlung, 1959, S. 247; online über Google-Bücher

Einzelnachweise

  1. Helmut Zimmermann: Knochenhauerstraße 34, in ders.: Hannover in der Tasche. Bauten und Denkmäler von A bis Z. 2. Auflage, Feesche, Hannover 1988, ISBN 3-87223-046-8, S. 62f.
  2. Klaus Mlynek: Georg, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, in: Stadtlexikon Hannover, S. 209; online über Google-Bücher
  3. Carl-Hans Hauptmeyer: 1645 und 1646, in: Hannover Chronik. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Zahlen, Daten, Fakten, S. 49f.; online über Google-Bücher
  4. Sabine Wehking: Inschriftenkatalog ...
  5. vergleiche Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmale ... (siehe Literatur), S. 440; Digitalisat bei archive.org
  6. Siehe auch Karl Friedrich Wilhelm Wander: Deutsches Sprichwörterlexikon, Bd. 2, Leipzig: Brockhaus 1870, Sp. 58, Nr. 1381
  7. m.kothe: Neu entdeckt: Paul – Die Bar auf der Seite des Magazins Prinz vom 14. März 2014

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