Burschenschaft Thessalia Prag

Die Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth ist eine Studentenverbindung im Korporationsverband Deutsche Burschenschaft (DB). Die Burschenschaft ist pflichtschlagend, farbentragend und vereint Studenten der Universität Bayreuth und ehemalige Studenten der Universitäten Prag, München, Regensburg und Bayreuth. Die Mitglieder der Burschenschaft werden „Thessalen“ genannt.

Burschenschaft Thessalia Prag zu Bayreuth
Wappen
Basisdaten
Hochschulort: Bayreuth
Hochschule/n: Universität Bayreuth
Gründung: 7. Dezember 1864
Korporationsverband: Deutsche Burschenschaft
Kartell / Kreis / AG: Schwarz-Blaues Kartell
Farbenstatus: farbentragend
Farben:
Art des Bundes: Männerbund
Stellung zur Mensur: pflichtschlagend
Wahlspruch: Unus pro omnibus – omnes pro uno!
Feldgeschrei (Panier): Thessalia sei’s Panier!
Website: thessalia.de

Couleur

Thessalia hat die FarbenSchwarz-Weiß-Rot“ mit silberner Perkussion. Als Studentenmütze wird eine schwarze Kranzmütze mit bordeauxrotem Samtring getragen, der mit silbernem Eichenlaub und Pailletten bestickt ist. Die Füchse der Thessalen tragen kein eigenes Fuchsenband, sondern ebenfalls das schwarz-weiß-rote Burschenband, die Konkneipanten nur die Mütze. Der Wahlspruch lautet Unus pro omnibus – omnes pro uno! (deutsch: „Einer für alle – alle für einen!“).

Geschichte

Die Gründungsburschen der Burschenschaft Thessalia zu Prag im Jahr 1865

Von Mitgliedern der studentischen Tischgesellschaft „Tesseralia“ wurde am 7. Dezember 1864[1] an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag auf Anregung eines Angehörigen der akademischen Verbindung Austria, des heutigen Corps Austria, die „Academisch pharmaceutische Burschenschaft Thessalia“ zu Prag gegründet. 1869 nahm Thessalia das „konservative Prinzip“ an und wurde pflichtschlagend, damals noch unter Verwendung der sog. Prager Plempe. 1880 wurde auf ihre Waffen die erste burschenschaftliche Korbschläger-Mensur in Prag ausgetragen (Fechter: Eduard Gerson, Hilaria Prag). Aus Anlass der Gründung des Deutschen Reiches 1871 änderten die Thessalen die Farben ihres Bandes im gleichen Jahr von schwarz-rot-silber in schwarz-weiß-rot.

1906 half die Aktivitas durch die Entsendung von Stützburschen bei der Wiedereröffnung des Aktivenbetriebs der Prager Burschenschaft Constantia.[2]

1938 wurde die Burschenschaft Thessalia im Rahmen der Gleichschaltung durch den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund aufgelöst. Von 1938 bis 1945 bestand sie in der Kameradschaft „Deutschherrenritter“ fort.

Im Wintersemester 1949/50 konnte der Bund an der Ludwig-Maximilians-Universität in München wiedereröffnen. Die 1949 gegründete Burschenschaft Askania, Münchens erste Nachkriegsverbindung, ging 1961 in der Thessalia auf.

Im Sommersemester 1970 siedelte Thessalia nach Regensburg über, musste allerdings 1978 vertagen. 1991 wurde sie schließlich in Bayreuth durch vier inaktive Burschen der Münchener Burschenschaft Stauffia rekonstituiert, wo sie seitdem ansässig ist.[3]

Burschenschaftliche Ausrichtung

Die Burschenschaft Thessalia zu Prag ist mit den beiden akademischen Burschenschaften Moldavia Wien und Germania Graz im Schwarz-Blauen Kartell verbunden. Das Kartell wurde am 21. Juni 1921 durch Vertrag gegründet und hat die Bezeichnung „schwarz-blau“ nach den Farben der Mützendeckel der Mitgliedsbünde. Unter dem Kartellmotto „Ein Bund an drei Hochschulorten“ verstehen sie ein „enges, bundesbrüderliches Verhältnis“.[4] Darüber hinaus pflegt die Thessalia ein Freundschaftsverhältnis mit der Akademischen Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf.

Sie ist Gründungsmitglied der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft in DB und DBÖ“. Im Sommersemester 2008 übernahm sie den Vorsitz der Burschenschaftlichen Gemeinschaft für das Geschäftsjahr 2008/2009.

Laut Endstation Rechts traten bei der Burschenschaft Thessalia regelmäßig Referenten aus dem rechtsextremen Spektrum auf, so 2010 der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche (Thema: „Ehre-Freiheit-Vaterland“) und 2011 der Redakteur der Jungen Freiheit Felix Krautkrämer (Thema: „Das linke Netz“).[5]

Mitglied werden kann jeder männliche Student der Universität Bayreuth, der „deutscher Abstammung ist, egal welchen Pass er trägt“.

Kontroversen

Laut des Antifaschistischen Infoblatts zähle die Burschenschaft Thessalia „zum äußersten rechten Rand des Korporationsspektrums“. Die personellen Überschneidungen mit dem neonazistischen Milieu zeigen nach deren Ansicht die teils ehemaligen Mitglieder Jürgen Schwab („wegen seiner politischen Tätigkeiten ausgeschlossen“[6]), Axel Kassegger, österreichischer FPÖ-Nationalrat, und Mario B. Laut dem bayrischen Innenministerium konnten Betätigungen von Einzelpersonen im rechtsextremistischen Bereich der Burschenschaft Thessalia nicht zugerechnet werden.[7] Am 4. Dezember 2014[8], am 8. Dezember 2014[9], am 23. November 2015[7], am 15. Februar 2016.[10], am 7. Januar 2020[11], am 28. März 2020[12] sowie am 12. Dezember 2023[13] stellt das bayrische Innenministerium auf Anfrage fest, dass die Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth kein Beobachtungsobjekt des BayLfV ist.

Im Oktober 2014 berichteten mehrere Medien, dass Mario B., zu seiner Studienzeit Führungsmitglied des Thüringer Heimatschutzes, von 1997 bis 2008 im Verbindungshaus der Burschenschaft Thessalia seinen Nebenwohnsitz gemeldet hatte.[14] B.s Wohnsitz war von medialer Brisanz, weil er in einem Sondervotum zum NSU von den Mitgliedern der Fraktion DIE LINKE König und Hausold als Unterstützer des NSU bezeichnet wurde.[15] B. wurde als Zeuge beim Münchener NSU-Prozess geladen.[16]

Laut der Antwort des bayrischen Innenministeriums vom 4. Dezember 2014 auf Anfrage bestätigte die Thessalia die ehemalige Mitgliedschaft Mario B.s, wies aber den Vorwurf deutlich von sich, „eine Terrororganisation zu unterstützen, ihr nahezustehen oder sie auch nur zu billigen“. Sie lehne „jegliche Form politisch motivierter Gewalt und Terrorismus ab“.[17]

Als Reaktion auf die Presseveröffentlichung beschloss der Stadtrat der Stadt Bayreuth auf Antrag der grünen Ratsfraktion, gegen die Stimmen der CSU-Fraktion und des FDP-Stadtrats Dieter Schweingel, die Burschenschaft von der Teilnahme an der städtischen Zeremonie zum Volkstrauertag auszuschließen.[18]

Die Universitätsleitung hatte bereits vor Bekanntwerden des Vorfalls versucht, die Burschenschaft Thessalia von universitären Veranstaltungen auszuschließen. Beim Campusabend der Universität, einer in jedem Wintersemester stattfindenden Veranstaltung, bei der sich die studentischen Vereine und Initiativen vorstellen, durfte die Burschenschaft am 16. Oktober 2023 wieder auftreten.[19]

Das bayrische Innenministerium stellte am 4. Dezember 2014[8] sowie am 8. Dezember 2014[9] auf Anfrage fest: „Die rechtsextremistischen Aktivitäten entwickelte Mario B. in Thüringen, nicht im Zusammenhang mit der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth. Die Aktivitäten von Mario B. können der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth nicht zugerechnet werden. Dem BayLfV liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Wohnsitznahme von Mario B. beziehungsweise die Burschenschaft selbst in Zusammenhang mit dem NSU gebracht werden kann“. Am 23. November 2015[7] sowie am 15. Februar 2016.[10] bestätigte das Staatsministerium auf Anfrage diese Erkenntnislage erneut.

Die sachlichen Überschneidungen zeige, laut des Antifaschistischen Infoblatts, die Aufnahmedebatte der Deutschen Burschenschaft.[20] Während der mehrere Jahre andauernden innerverbandlichen Aufnahmedebatte der Deutschen Burschenschaft verfasste die Aktivitas der Burschenschaft Thessalia im Jahr 2010 einen Standpunktartikel in der Verbandszeitschrift Burschenschaftliche Blätter. In diesem Artikel sprach sich die Burschenschaft Thessalia für das Abstammungsprinzip als ein Kriterium für die Aufnahme neuer Mitglieder in die Einzelbünde aus. Ihre Forderung nach deutscher Abstammung der Mitglieder schloss die Thessalia mit dem Abschnitt: „Bei der ganzen Diskussion sollte aber eines niemals außer acht gelassen werden: Auch ein Nichteuropäer hat, obgleich er nach burschenschaftlichem Verständnis nicht Teil des deutschen Volkes werden kann, einen Anspruch auf gleichrangige ungeschmälerte Achtung seiner Menschenwürde.(...) Es dürfte jedem deutschen Burschenschafter klar sein, daß das Vaterland von Afrikanern und Asiaten nicht zwischen Maas und Memel, beziehungsweise Etsch und Belt liegt.“[21] Einen Abschnitt dieses Standpunktartikels nutzte die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks auf dem Burschentag 2011 für einen Antrag, welcher später durch die Presse als „Ariernachweis“ bezeichnet wurde. Dieser Antrag hatte das Bestreben, ausschließlich deutschstämmige Studenten als Mitglieder der Deutschen Burschenschaft zuzulassen.[22][14]

Am 10. März 2020[23], am 23. März 2020[24], am 23. Februar 2021[25] sowie am 23. Februar 2022[26] stellt das bayrische Innenministerium auf Anfrage fest: „Hinsichtlich der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth liegen derzeit keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung vor.“

Bekannte Mitglieder

Literatur

  • Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 351–352.
  • Ferdinand Tébensky, Thomas Cantz: Die Geschichte der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth 1864–1994. Salzburg 1994
  • Karl Hans Strobl: Die Vaclavbude. Berlin 1902

Einzelnachweise

  1. E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 186.
  2. Die Wartburg. Zeitschrift für den ostmärkischen Burschenschafter 5/2, 1904: 47; 7/7, 1906: 114
  3. Thomas H. Cantz: Wiedereröffnung der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth. In: Burschenschaftliche Blätter, 106. Jg. (1991), H. 2, S. 48.
  4. Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth: Wer wir sind – Verband und Kartell. Abgerufen am 27. März 2024, Wiener akademischen Burschenschaft Moldavia-Kartell. Abgerufen am 27. März 2024.
  5. Rüdiger Löster: Bayreuth: Die Junge Union, die Burschenschaft und die „Junge Freiheit“ In: Endstation Rechts vom 13. Februar 2011, abgerufen am 21. März 2024.
  6. Thomas Witzgall: Pirinçci liest bei ultrarechter Burschenschaft und AfD. 18. Mai 2014, abgerufen am 17. Januar 2024.
  7. Drucksache 17/9235, Bayerischer Landtag (PDF)
  8. Drucksache 17/4728, Bayerischer Landtag (PDF; 921 kB)
  9. Drucksache 17/4799, Bayerischer Landtag (PDF)
  10. Drucksache 17/10166, Bayrischer Landtag(PDF; 0,1 MB)
  11. Drucksache 18/5576, Bayrischer Landtag (PDF; 0,3 MB)
  12. Drucksache 18/7089, Bayrischer Landtag (PDF; 0,6 MB)
  13. Drucksache 19/137, Bayrischer Landtag (PDF; 0,2 MB)
  14. Neonazi-Kader wohnte jahrelang in Bayreuther Burschenhaus In: Spiegel Online vom 20. Oktober 2014, abgerufen am 1. März 2018.
  15. Drucksache 5/8080, Thüringer Landtag (PDF, Seite 1808)
  16. Annette Ramelsberger: „Haben Sie für den Militärischen Abschirmdienst gearbeitet?“ In: Süddeutsche Zeitung vom 14. Oktober 2015, abgerufen am 1. März 2018.
  17. Stellungnahme der Thessalia bei ihrem Facebook-Auftritt;Drucksache17/4799. Bayrischer Landtag (PDF)
  18. Frank Schmälzle: Bayreuth: CSU stimmt gegen den Thessalia-Ausschluss. 23. Oktober 2014, abgerufen am 8. Februar 2024.
  19. Benedikt Günther: Bayreuther Studenten bezeichnen Burschenschaft als “Nazis” – nun drohen rechtliche Folgen. Bayreuther Tagblatt, 11. Dezember 2023, abgerufen am 11. Dezember 2023, Einführungsveranstaltungen für Studienanfänger*innen im WS 2023/24. (PDF; 0,7 MB) Universität Bayreuth, abgerufen am 12. Dezember 2023.
  20. Kristian M. Rye: Heil Thessalia! Heil Munichia!, Antifaschistisches Infoblatt, Internetartikel vom 19. Mai 2015, abgerufen am 1. März 2018.
  21. Aktivitas Burschenschaft Thessalia: Der volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff aus burschenschaftlicher Sicht In: Burschenschaftliche Blätter, 1/2010 Seite 21
  22. Austritte und Distanz zur Thessalie im Nordbayerischen Kurier vom 15./16. November 2014, S. 15.
  23. Drucksache 18/6900, Bayrischer Landtag (PDF; 0,5 MB)
  24. Drucksache 18/7105, Bayrischer Landtag (PDF; 0,6 MB)
  25. Drucksache 18/14141, Bayrischer Landtag (PDF; 0,6 MB)
  26. Drucksache 18 / 21395, Bayrischer Landtag (PDF; 0,6 MB)
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