Burg Wallrabenstein
Die Burg Wallrabenstein (niederländisch Burcht Wallrabenstein, englisch Wallrabenstein Castle) ist die Ruine einer Burg im Ortsteil Wallrabenstein der hessischen Gemeinde Hünstetten im Rheingau-Taunus-Kreis. Sie gehörte zu Nassau-Idstein.
Burg Wallrabenstein | ||
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Alternativname(n) | Walrabenstein (1393, 1406) und Walrabensteyn (1427) | |
Staat | Deutschland | |
Ort | Hünstetten-Wallrabenstein | |
Entstehungszeit | um 1390 | |
Burgentyp | Spornburg, Ortslage | |
Erhaltungszustand | Ruine, Mauerreste | |
Ständische Stellung | Grafen | |
Bauweise | einschaliges Mauerwerk | |
Geographische Lage | 50° 16′ N, 8° 14′ O | |
Höhenlage | 219 m ü. NHN | |
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Geschichte
Graf Walram IV. von Nassau-Idstein, der sich zeitweise auch urkundlich Walrab(e) nannte[1][2][3] und als solcher im Umfeld bekannt war,[4][5] Sohn von Graf Adolf I. von Nassau-Idstein veranlasste den Bau der Burg um 1390. Die Burg diente, zusätzlich zum Bechtheimer Gebück, zur Sicherung der Nordostgrenze des nassauischen Territoriums sowie des grenznahen Ortes Holtzhausen, dessen Bewohner sich in der Folgezeit direkt bei der Burg ansiedelten. Nördlich des nassauischen Territoriums zeichneten sich in den zur vormaligen Grafschaft Diez gehörigen Ländereien neue Machtkonstellationen ab. 1390 starb auch der ältere Bruders des Grafen, der streitbare und mächtige Erzbischof von Mainz, nach dem die Nassauer zunächst nicht mehr den neuen Erzbischof von Mainz stellten. Walram IV. selbst starb am 7. November 1393, 40-jährig, noch bevor sein Sohn Adolf II. von Nassau-Idstein die Burg im selben Jahr fertigstellen ließ. Später verpfändete dieser sie an Henne von Reifenberg.[6] 1406 erfolgt durch neun Schiedsleute die Beilegung eines Zwistes über „Walrabenstein“ zwischen Adolf II. Graf zu Idstein und Hengin von Reifenberg.[7] 1427 wurde „Walrabensteyn“ als Auszahlungsort des Mannlehens der Gebrüder Walpboden von Paffendorf (Pfaffendorf) festgelegt, die auch Burglehnsnehmer der Nassauer waren.[8]
Ab 1439 wurde das „Schloß Walrabenstein“ von Graf Johann von Nassau an Marsilius von Reifenberg verpfändet[9] und wohl weiter als Alterssitz genutzt.[6] Während der Mainzer Stiftsfehde schlossen Graf Johann von Nassau-Wiesbaden und Philipp von Katzenelnbogen 1463 einen Vertrag über die Neutralität ihrer beiderseitigen Schlösser, der auch „Walrabenstein“ umfasste.[10] Eine Kellerrechnung aus dem Jahr 1549 beweist, dass die Burg da noch bewohnt und in gutem Zustand war.[6] 1551 schrieb allerdings der Bewohner der Burg, Martin Molnfritz (nassauischer Sekretär), an den Grafen Phillipp von Nassau-Idstein wegen des Verfalls der Burg.[11] 1563 wurde der Bau der Pforten zu Wallrabenstein mit Beitrag der Gemeinden Bechtheim, Beuerbach und Ketternschwalbach initiiert, der sich jedoch über Jahre hinzog.[12] 1564 überschrieb Graf Balthasar von Nassau-Idstein (1520–1568) seiner Gemahlin, Gräfin Margaretha von Isenburg (1542–1612/1613), „Schloß und Amt Walrabenstein“ mit den Dörfern Beuerbach, Bechtheim, und Kettern-Schwalbach zum Wittum.[13] 1567 verzichtete Gräfin Margaretha von Nassau, Gemahlin des Grafen Balthasar, nach Überweisung des Schlosses, Fleckens und Amtes Wallrabenstein auf alle Erbansprüche an die Wiesbaden-Idsteinschen Lande.[14] 1572 verpfändete Graf Johann von Nassau-Saarbrücken als Vormund des Grafen Johann Ludwig von Nassau-Wiesbaden-Idstein die zur Burg Wallrabenstein gehörigen Güter für 6 Jahre an Löer Henne.[15] 1577 bis 1578 erhielten die von Walderdorff ein Nassau-Idsteiner Burglehen von 6 Gulden im „Schloss Wallrabenstein“[16], von 1484 bis 1711 bestand ein Mannlehen.[17]
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg teilweise zerstört und unbewohnbar gemacht. Johann Graf zu Nassau schloss sich 1630 dem Schwedenkönig Gustav Adolf an und erklärte dem Kaiser den Krieg. Ab 1634 eroberten und plünderten kaiserliche Truppen die Herrschaft Idstein. Für 1639 ist im Rahmen von Auseinandersetzungen um die Rechte der Hofleute zu Kirberg die Burgfreiheit der Familien von Wallrabenstein dokumentiert.[18] 1671 bestätigte Johann Graf zu Nassau seinen Untertanen in der Gemeinde Wallrabenstein Freiheit von Frondiensten, Leibeigenschaft und Besthauptabgaben, legte ihnen aber die Verpflichtung auf, nach und nach eine Mauer um den Ort zu bauen sowie Fuhren zu stellen für den Fall des Wiederaufbaus der Burg.[19][20] 1677 pachtete Philipp Schneider die herrschaftlichen Güter zu Wallrabenstein auf 6 Jahre unter Befreiungen von extraordinären Kriegsbeschwerden.[21] 1690 verkaufte Georg August Fürst von Nassau für 100 Reichstaler eine Wiese mit dem Schloßberg zu Wallrabenstein an den Schultheißen zu Wallrabenstein, Joh. Philipp Schneider.[22] 1706 kam es zum Verkauf der Burg und nachfolgend zu Streitigkeiten.[23][24] Bis das Anwesen in den heutigen Privatbesitz gelangte, waren mehr als vierzehn Eigentümer zu verzeichnen.[25]
Anlage
Die Ruine zeigt noch die Schildmauer mit sechseckiger Ecktourelle auf der südöstlichen und einer Rundtourelle an der südwestlichen Ecke der Anlage. Da Südwest- und Südostseite Hauptangriffsseiten der Hangburg waren, weist hier die Schildmauer mit 2,55 m eine etwas höhere Mauerstärke als der nach Nordosten gerichtete Abschnitt auf.[26] In einzelnen Bereichen sind noch Reste des Rundbogenfrieses unterhalb der Brustwehr zu sehen, erkennbar an den Kragsteinen. Der Wehrgang wird über Rundbögen auf der Innenseite an den Tourellen vorbei geführt. Darüber hinaus ist noch ein Großteil des Hauptturms mit einer Resthöhe von 14 m in der Südwestmauer erhalten. Dieser ragt aus der Schildmauer nur wenig nach außen vor und hat bei einer Mauerstärke von 2 m einen für einen Bergfried relativ kleinen Gesamtdurchmesser von 6,5 m. Das ursprünglich nicht direkt zugängliche Erdgeschoss besitzt ein Kreuzgratgewölbe mit „Angstloch“. Der einzige Zugang zum Turm befand im oberen Geschoss über ein noch erhaltenes Rundbogentor vom Wehrgang aus Nordwesten.[26] Die Schildmauer ist vom Hauptturm bis zum nordöstlichen Schenkel wahrscheinlich im Mauerverbund entstanden, worauf auch die durchgängigen Rüstlochreihen hinweisen. Aufgrund des nach Südosten abfallenden Geländes beträgt die Außenhöhe der Schildmauer zwischen 9 und 12,5 m. Der spitzbogige Zugang zur sechseckigen Tourelle, die die Schildmauer um ca. 5 m überragt, erfolgt über die Brustwehr. Der Unterbau beider Tourellen ist massiv.[26] Das 2,6 m breite und ca. 4 m hohe spitzbogige Haupttor der Burg, weitgehend original erhalten, führte in den Burghof. Hier befindet sich heute an der Innenseite der Schildmauer ein als Schuppen genutzter Fachwerkanbau. Im daran anschließenden, etwas erhöhten nordwestlichen Teil der Burg sind die Ringmauern bis zum Bodenniveau abgetragen und nur noch als Stützmauer an den Steilhängen erhalten. An den nordöstlichen Schenkel der Schildmauer schloss sich ehemals nach Nordwesten ein Wohnbau mit drei Vollgeschossen an.[26]
Das Büro des Burgenforschers Dr. Joachim Zeune ordnet die Burg Wallrabenstein wie die nahezu gleichzeitig entstandenen nassauischen Burgen Ardeck und Philippstein dem Typ der Schildmauerburg zu.[27] Schildmauerburgen waren demnach eine Reaktion auf das Aufkommen weitreichender Wurfmaschinen, die zwischen 1250 und 1400 große Verbreitung fanden.
Sowohl Burg Wallrabenstein als auch die nur 24 km entfernte Burg Ardeck kennzeichnet als Besonderheit die auffällige Kombination einer sechseckigen und einer runden Tourelle mit der Schildmauer. Die übrigen Ähnlichkeiten zwischen beiden Burgen, wie die schlanken Bergfriede mit Zugang über den Wehrgang, die auf Kragsteinen aufsetzenden Rundbogenfriese, die den Wehrgang tragen, und die spitzbogigen Tore können hingegen eher mit zeitgemäßen oder regionaltypischen Einflüssen erklärt werden.
Die Mauerkronen wie auch die Sockelbereiche der Ruine wurden im Jahr 2022 in großen Teilen saniert, wobei die Öffnung am nordöstlichen Schenkel und die dortige Toröffnung als Spitzbogen rekonstruiert wurden; die genaue Funktion dieses von der sechseckigen Tourelle geschützten und an der Hangseite liegenden Tores, das bei ähnlicher Konstruktion etwas kleiner als das Haupttor ist, bleibt unklar. Die Kosten für die Sanierung teilten sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, der Bund mit dem Sonderprogramm für Denkmalschutz sowie der Eigentümer.
- Burg Wallrabenstein Infotafel Wörsbachtal
- Burg Wallrabenstein um 1914
- Burg Wallrabenstein von Osten (2023)
- Burg Wallrabenstein von Westen
- Bergfried mit Zugang vom Wehrgang
- Burg Wallrabenstein Infotafel Burgstraße 19
- Burg Wallrabenstein Grundriss
Literatur
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 462f.
- Rolf Müller (Hrsg.): Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990, ISBN 3-89214-017-0, S. 193–195.
- Hünstetter Nachrichten, Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten: Aus dem Gemeindearchiv – Frühe Nachrichten von der Wallrabensteiner Burg. Herausgeber: Gemeinde Hünstetten, Verlag Linus Wittlich Medien KG, Höhr-Grenzhausen, Jahrgang 46 (2017), Nummer 11, Seite 3–4.
Weblinks
- „Burg Wallrabenstein, Rheingau-Taunus-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon (Stand: 9.6.2015) im Landesgeschichtlichen Informationssystem Hessen (LAGIS)
- Burg Wallrabenstein auf der Seite Burgenwelt.org
- Historische Rekonstruktionszeichnung aus Burgrekonstruktion.de
- Auszug Wallrabenstein im Internetauftritt der Gemeinde Hünstetten
- Burg Wallrabenstein auf der Seite EBIDAT - DIE BURGENDATENBANK Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung
- Rheingau-Taunus-Kreis Hünstetten Burgstraße 19 Burg Wallrabenstein auf der Seite Kulturdenkmäler in Hessen des Landesamtes für Denkmalpflege
Einzelnachweise
- Urkunde: HHStAW Bestand 22 Nr. U 1190 abgerufen am 4. August 2023 in Verbindung mit HHStAW Bestand 22 Nr. U 1220 und U 1238
- Urkunde: StadtA WI Bestand WI/U Nr. 1, abgerufen am 30. August 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 170, Nr. U 815 abgerufen am 30. August 2023
- Die Limburger Chronik. Hrsg. von Christian Daniel Vogel. Marburg 1826; 2. unveränderte Auflage Krieger, Marburg 1828, S. 116 (Digitalisat), abgerufen am 10. September 2023
- Hünstetter Nachrichten, Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten: Aus dem Gemeindearchiv – Frühe Nachrichten von der Wallrabensteiner Burg. Herausgeber: Gemeinde Hünstetten, Verlag Linus Wittlich Medien KG, Höhr-Grenzhausen, Jahrgang 46 (2017), Nummer 11, Seite 3–4
- Christian Daniel Vogel: Beschreibung des Herzogtums Nassau. Wiesbaden, Verlag von Wilh. Beyerle, 1843, S. 823
- Urkunde: HHStAW Bestand 3001 Nr. 2 fol. 11 a abgerufen am 9. August 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 121 Nr. U Walpode 1427 Juli 23 abgerufen am 5. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 40 abgerufen am 7. August 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 131 Nr. U 52 abgerufen am 4. September 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 32a abgerufen am 8. August 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 25 abgerufen am 10. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 130I Nr. U 706 abgerufen am 10. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 130 I Nr. U 737 abgerufen am 15. Oktober 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 156 abgerufen am 4. September 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 121 Nr. Walderdorff 35 abgerufen am 8. August 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 121 Nr. Walderdorff 17 abgerufen am 11. Oktober 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 3036 Nr. HHStAW Abt. 171 Nr. A 42 abgerufen am 9. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 360/527 Nr. 1 abgerufen am 9. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 321 abgerufen am 9. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 332 abgerufen am 9. September 2023
- Urkunde: HHStAW Bestand 133 Nr. U 373 abgerufen am 9. Oktober 2023
- Auszug aus der Verkaufurkunde der Burg Wallrabenstein im Internetauftritt der Gemeinde Hünstetten, 4. Seite, "Die Burg wird bürgerlich" abgerufen am 15. Oktober 2023
- Sachakte: HHStAW Bestand 133 Nr. Wallrabenstein 32 abgerufen am 9. August 2023
- Unser Wallrabenstein - 600 Jahre Burg. Herausgegeben vom Vereinsring Wallrabenstein, Wallrabenstein 1993, S. 39–40 (Ansichtsexemplar einsehbar im Gemeindearchiv Hünstetten )
- Hans Hermann Reck: Eine bauhistorische Voruntersuchung der Burgruine Wallrabenstein im Rheingau-Taunus-Kreis. Nassauische Annalen - Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Band 134, Wiesbaden, Verein für Altertumskunde und Geschichtsforschung, 2023, S. 61–78.
- Infotafel bei Burg Philippstein: dasLahntal - Der stille Traum der Natur / die lahnburgen / burg philippstein Text und Konzeption: Büro für Burgenforschung Dr. Zeune, Eisenberg-Zell; internet: www.burgenforschung-zeune.de; Gestaltung: designgruppe koop, nesselwang; Copyright: Burgenverlag 2001 Dr. Zeune und Koop