Buyiden
Die Buyiden, auch Bujiden (arabisch بنو بُوَيْه, DMG Banū Buwaih oder البُوَيْهيون, DMG al-Buwaihīyūn, auch Banū Būyah; persisch آل بویه, DMG Āl-e Būyeh, auch Āl-i Būyih), waren eine bedeutende schiitische Dynastie dailamitischer Abstammung[1] im Iranischen Hochland, im Irak und in Teilen Omans, die aus Dailam im Norden des heutigen Iran stammte, von 930/932 bis 1062 existierte und von 945 bis 1055 herrschte.
Die Dynastie stammte von Abu Schudscha Buyah (gestorben 932) ab, der seinen Aufstieg als Militärführer unter den Samaniden und Ziyariden begann. Von seinen drei Söhnen, den Begründern des Buyidenreiches, hielt Imad ad-Daula Ali (regierte 932–949) anfangs Isfahan und eroberte dann die südpersische Provinz Fars, wo er die Buyiden-Linie von Fars (und Chusistan) begründete. Rukn ad-Daula Hasan (auch Rukn al-Dawla al-Hasan b. Buwayh;[2] regierte 947–977) setzte sich währenddessen in Dschibal fest und gründete eine Teilherrschaft, die nach seinem Tod in die zwei Linien von Hamadan/Isfahan und Rey zerfiel. Der dritte Bruder, Muizz ad-Daula Ahmad (936–967), eroberte zunächst Kirman und Chusistan, bevor er den heutigen Irak unterwarf. Mit der Einnahme Bagdads 945 errang er die Kontrolle über das Abbasiden-Kalifat, welches seitdem politisch völlig entmachtet war. Der Kalif in Bagdad war nunmehr nur noch das geistliche Oberhaupt der Muslime. Von Ahmad stammen die Buyiden-Linien des Iraks und Kirmans ab.
Der bedeutendste Herrscher der Buyiden war Adud ad-Daula Abu Schudscha Fana Chusrau (949–983). Er entstammte der Linie von Fars und konnte seine Oberhoheit über die anderen dynastischen Linien durchsetzen. Dadurch wurde die Herrschaft der Buyiden im Irak und im westlichen Iran nicht nur geeint, sondern auch weiter ausgebaut. So wurden zeitweise das Reich der Ziyariden in Tabaristan (am Kaspischen Meer) besetzt, Teile Omans unterworfen und die Hamdaniden von Mossul 979 schwer geschlagen. Durch die Förderung von Handel (etwa mit Seidenstoffen[3][4]) und Landwirtschaft kam es zudem zu einem starken wirtschaftlichen Aufschwung. Um die Konkurrenz für die Seehäfen von Basra und Siraf auszuschalten, wurde 965 sogar das Handelszentrum Suhar in Oman von einer buyidischen Flotte zerstört.
Da nach Adud ad-Daulas Tod ein starkes Dynastieoberhaupt fehlte, kam es zu Machtkämpfen und zur erneuten Aufspaltung der Buyiden. Diese Schwäche wurde von den Kakuyiden genutzt und veranlasste die Ghaznawiden, 1029 nach Dschibal vorzustoßen, wodurch die Buyiden-Linie von Rey ihr Ende fand. Die Linien in Kirman und dem Irak wurden 1048 bzw. 1055 von den Seldschuken gestürzt, die nun auch die Schutzherrschaft über die Kalifen in Bagdad übernahmen. 1062 beseitigte Fadluya, der Anführer der Schabankara-Kurden, schließlich auch die letzte Seitenlinie der Buyiden in Fars.
Die Bedeutung der Buyiden liegt vor allem darin, dass sie während ihrer Herrschaft die persische Kultur stark förderten und auch die Ausbreitung des schiitischen Islams in Iran begünstigten. Indem sich die Buyiden als Nachkommen altiranischer Könige ansahen, stärkten sie das iranische Element im Islam.
Siehe auch: Liste der Buyiden-Herrscher
Stammbaum
Imad ad-Daula Abu l-Hasan Ali 934-949 | Rukn ad-Daula Abu l-Hasan Ali 935-976 | Muizz ad-Daula Abu l-Husain Ahmad 945-967 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Fachr ad-Daula Abu l-Hasan Ali 976-980 | Adud ad-Daula Abu Schudscha Fana Chusrau 949-983 | Muayyid ad-Daula Abu Mansur Buya 980-983 | Izz ad-Daula Bachtiyar 966-978 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schams ad-Daula Abu Tahir Fulan 997-1021 | Madschd ad-Daula Abu Talib Rustam 997-1029 | Scharaf ad-Daula Abu l-Fawaris Schirzil 983-989 | Marzuban Samsam ad-Daula 989-998 | Baha ad-Daula Abu Nasr Firuz 998-1012 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sama ad-Daula Abu l-Hasan Fulan 1021–1024 | Qawam ad-Daula Abu l-Fawaris 1012–1028 | Sultan ad-Daula Abu Schudscha 1012–1024 | Muscharrif ad-Daula Abu Ali 987-989 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Imad ad-Din Abu Kalidschar 1024–1048 | Abu Tahir Dschalal ad-Daula 1025–1044 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Abu Mansur Fulad Sutun 1048–1062 | al-Malik ar-Rahim Abu Nasr Chusrau Firuz 1048–1055 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Literatur
- Heribert Busse: Chalif und Großkönig. Die Buyiden im Iraq (945–1055). Deutsche Morgenländische Gesellschaft – Orient-Institut, Beirut 1969 (Beiruter Texte und Studien 6, ISSN 0067-4931), (Zugleich: Habil.-Schrift, Univ. Hamburg).
Weblinks
- Buyiden. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – mit Literaturangaben).
Einzelnachweise
- Wolfgang Felix, Wilferd Madelung: Deylamites. In: Encyclopaedia Iranica, VII/4. S. 342–347, abgerufen am 28. November 2016.The most successful actors in the Deylamite expansion were the Buyids. The ancestor of the house, Abū Šojāʿ Būya, was a fisherman from Līāhej, the later region of Lāhījān.
- Josef Wiesehöfer: Die Geschichte Irans von den Achaimeniden bis in frühislamische Zeit. In: Wilfried Seipel (Hrsg.): 7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran. Kunsthistorisches Museum, Wien 2001, ISBN 3-85497-018-8, S. 55–74, hier S. 72, zu Abb. 9, und S. 73.
- G. Vial: Étude technique des soieries bouyides de la Fondation Abegg à Berne/Technical Study of the Buyid Silk Fabrics of the Abegg Foundation Berne. In: Bulletin de liaison du Centre International d’Etudes des Textiles Ancies (CIETA). Band 37, 1973, S. 55–103; G. Vial: Études techniques/Technical Studies/A propos de tissus „bouyides“/“Buyid” Fabrics. In: Bulletin de liaison du Centre International d’Etudes des Textiles Ancies (CIETA). Band 43/44, 1975, S. 41–100; Mechthild Lemberg: Les soieries bouyides de la Fondation Abegg à Bernel / The Buyid Silks of the Abegg Foundation Berne. In: Bulletin de liaison du Centre International d’Etudes des Textiles Anciens (CIETA). Band 37, 1973, S. 11–54.
- S. S. Blair, J. M. Bloom, A. E. Wardwell: Reevaluating the Date of the „Buyid“ Silks by Epigraphic and Radiocarbon Analysis. In: Ars Orientalis. Band 22, 1992, S. 1–41.