Brigitte Fehrle
Brigitte Fehrle (* 19. Dezember 1954 in Stuttgart)[1] ist eine deutsche Journalistin. Vom 1. Juli 2012 bis 30. September 2016 war sie Chefredakteurin der Berliner Zeitung.
Leben
Brigitte Fehrle ist Tochter einer Verkäuferin und eines Automechanikers. Sie machte zunächst eine Ausbildung zur Buchhändlerin und studierte dann Politikwissenschaft an der FU Berlin. Nach ihrem Studienabschluss arbeitete sie ab 1984 als freie Mitarbeiterin und dann feste Redakteurin bei der Berliner taz. Von dort wechselte sie zu Wendezeiten 1990 als verantwortliche Redakteurin für Berliner Landespolitik zur Berliner Zeitung.[2] Sie stieg dort auf zur leitenden Redakteurin des Ressorts Innenpolitik und später zur stellvertretenden Chefredakteurin.
Zeitgleich mit dem Chefredakteur Uwe Vorkötter wechselte Fehrle von August 2006 bis August 2007 auf den gleichen Posten bei der Frankfurter Rundschau.[3] Dann übernahm sie für knapp zwei Jahre die Leitung des Hauptstadtbüros der Wochenzeitung Die Zeit. Im März 2009 wechselte sie zurück auf ihren Posten als Chefredaktionsvize der Berliner Zeitung.[4] Seit 1. Juli 2012 war Fehrle alleinige Chefredakteurin der Hauptstadtzeitung der Mediengruppe M. DuMont Schauberg.[5][2] Zum 1. Oktober 2016 wurde sie durch Jochen Arntz abgelöst.[6]
Brigitte Fehrle gilt als analytische, konsequente und meinungsstarke politische Journalistin.[7] Im Schönen Morgen auf Radio Eins vom rbb kommentierte Brigitte Fehrle von Februar 2010 bis März 2020 regelmäßig das politische Zeitgeschehen. Ebenso ist sie als Beobachterin der politischen Entwicklungen häufig Gast im Studio 9 bei Deutschlandfunk Kultur sowie beim Nachrichten- und Informationskanal Phoenix.
Im Januar 2019 wurde Brigitte Fehrle in die vom Spiegel eingerichtete Kommission berufen, die das komplette Ausmaß der Relotius-Fälschungen im Magazin unabhängig und umfänglich aufarbeiten sollte. Die Kommission war nicht weisungsgebunden. Aufgabe war es unter anderem, das Fehlverhalten von Personen aufzuklären, systemische Ursachen in den Abläufen von Redaktion, Dokumentation und anderen Abteilungen zu ermitteln und Verbesserungsvorschläge für eine effizientere Fehlerkontrolle für die Redaktion und die Dokumentation zu unterbreiten.[8]
Brigitte Fehrle wohnt in Berlin-Kreuzberg und hat einen Zweitwohnsitz im Wendland.[9]
Kontroverse um subventionierten Immobilienbesitz
Am 13. Januar 2023 veröffentlichte der Spiegel einen Artikel über ein Haus in Berlin-Kreuzberg, das Fehrle mit fünf Miteigentümern 1991 erworben hatte. Demnach kaufte die Eigentümergemeinschaft, darunter Fehrles Lebensgefährte und der Journalist Matthias Geis, das Gebäude in der Oranienstraße 169 mit rund 1800 Quadratmetern Wohn- und Gewerbefläche für 1,2 Millionen Mark, um es sanieren zu lassen. Vor der Sanierung verließen zwei Eigentümer die Gruppe, dafür kamen die Journalistinnen Petra Bornhöft und Annette Ramelsberger und die Mutter von Fehrles Lebensgefährten hinzu. Um als sogenannte Selbsthilfegruppe eine besondere Förderung vom Land Berlin zu erhalten, verpflichteten sich die Eigentümer unter anderem, das Haus selbst zu bewohnen und freistehende Wohnungen dem Bezirk zu melden. Laut den Recherchen des Spiegel fand dies nicht in jedem Fall statt, bis auf drei (Fehrle, ihr Lebensgefährte und Bornhöft), später zwei der Eigentümer wohnten diese nicht selbst in dem Haus. Mieter seien aufgefordert worden, nicht zu kommunizieren, dass nicht der Eigentümer in der Wohnung lebe. Für die Sanierung gewährte der Senat insgesamt mehr als 3,4 Millionen Mark Baukostenzuschuss, 2017 endeten die letzten damit verbundenen Auflagen. 2022 wurde den Mietern bekannt, dass ein Verkauf der Immobilie anstehe. Auf einen von Canan Bayram angeregten profitablen Verkauf der Immobilie an eine Genossenschaft oder andere gemeinwohlorientierte Akteure gingen die Eigentümer nicht ein – stattdessen soll das Haus 2023 an einen Immobilieninvestor verkauft werden.[10]
Auszeichnungen
2022 wurde Brigitte Fehrle mit der Hedwig-Dohm-Urkunde des Journalistinnenbundes geehrt. „Ein Vorbild ist Brigitte Fehrle, eine unbestechliche Journalistin und unermüdliche Förderin des journalistischen Nachwuchses“, heißt es in der Begründung. „Ihren unbestechlichen Blick hat sie zuletzt einmal mehr bei der Aufarbeitung der Fälschungen beim Spiegel bewiesen.“[11]
Weblinks
- Literatur von und über Brigitte Fehrle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Brigitte Fehrle bei IMDb
Einzelnachweise
- Leif Kramp, Stephan Weichert: Journalismus in der Berliner Republik – Wer prägt die politische Agenda in der Bundeshauptstadt? (PDF; 716 kB) In: netzwerkrecherche.org. S. 80, abgerufen am 26. Mai 2019.
- Harte Zeiten für die kühle Chefin. taz vom 1. Juni 2012, abgerufen am 4. Juni 2012.
- Uwe Mantel: Stühlerücken in der Chefetage der "Zeit". In: DWDL.de. 1. August 2007, abgerufen am 24. April 2023.
- Profil Fehrle Politikkongress 2012. (Memento vom 18. September 2014 im Internet Archive)
- Berlinonline: Brigitte Fehrle wird neue alleinige Chefredakteurin der „Berliner Zeitung“ (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2019. Suche in Webarchiven)
- Pressemitteilung der DuMont-Mediengruppe, 19. Mai 2016. (Memento vom 20. Mai 2016 im Internet Archive)
- Renate Meinhof: Von oben. Brigitte Fehrle wird Chefredakteurin der Berliner Zeitung. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 138, 18. Juni 2012, S. 15.
- Clemens Höges, Stefan Weigel: Der Fall Relotius. Abschlussbericht der Aufklärungskommission. In: Der Spiegel. 24. Mai 2019, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2022]).
- Marc Felix Serrao: Co-Chefredakteur Vorkötter geht: Fehrle soll „Berliner Zeitung“ führen. In: Süddeutsche Zeitung. 1. Juni 2012 (sueddeutsche.de [abgerufen am 4. Juni 2012]).
- Frauke Hunfeld: (S+) Gentrifizierung in Berlin-Kreuzberg: Wie eine Gruppe linker Journalisten den großen Deal mit einer Berliner Immobilie machte. In: Der Spiegel. 13. Januar 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Januar 2023]).
- jb-Medienpreise 2022: Drei ausgezeichnete Journalistinnen! Journalistinnenbund e.V., 16. Mai 2022, abgerufen am 16. Mai 2022.