Obernkirchener Sandstein
Der Obernkirchener Sandstein ist nach der niedersächsischen Stadt Obernkirchen in Norddeutschland benannt. Der dort am Bückeberg gebrochene Sandstein wird auch Bückebergsandstein und Bremer Stein genannt, weil er häufig in Bremen verbaut oder auf der Weser nach dort verschifft wurde. Er gehört zur Gruppe der Wealdensandsteine, einem Sandsteinvorkommen im Nordwesten Deutschlands, der in der Zeit des Berrias (entsprechend der Fazies auch „Wealden“ oder „Wälderton“ genannt) entstand. In dieser Schichtfolge kommen häufig Fossilien oder Spuren von Fossilien vor, wie die im Jahr 2007 im Obernkirchener Sandsteinbruch gefundenen Spuren von Dinosauriern.
Obernkirchener Sandstein | |
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Gefräste Oberfläche des Obernkirchener Sandsteins | |
Haupteigenschaften | |
Gruppe | Sedimentit |
Untergruppe | Sandstein |
Vorkommen | Deutschland, Niedersachsen |
Farbe | grauweiß bis gelblichweiß |
Verwendung | Werkstein, Fassadenbekleidung, Bodenbeläge |
Abbaussituation | rezenter Abbau |
Einteilung in Hart- und Weichgestein | Weichgestein |
Alter | Unterkreide |
Referenzbeispiel | Bremer Rathaus, Wladimir-Palast |
Besondere Kennzeichen | weiße, kaolinithaltige Flecken |
Geschichte und Kultur
Seit der Gründung des Klosters und der Errichtung der romanischen Klosterbasilika im Jahr 1167 bestimmen das Brechen und die Bearbeitung des Sandsteins aus den Kammlagen des Bückeberges die Geschichte des Ortes Obernkirchen.
Obernkirchener Sandstein wurde nicht nur als Werkstein an Bauwerken und für Brunneneinfassungen, so z. B. im Bremer Landgebiet,[1] verwendet, sondern findet auch Verwendung als Bildhauerstein. Durch seine hohe Qualität ist dieser Naturstein häufig für Plastiken und moderne Steingestaltungen verwendet worden. Die Beschaffenheit des Steins ist feinkörnig-kompakt, so dass der Stein für feinste Bildhauerarbeiten geeignet ist.
Ein großer Teil der bei Obernkirchen gebrochenen Steine wurde auf der Weser bis Bremen verschifft und hier umgeschlagen. Daher wurde er auch als sogenannter Bremer Stein auf dem Seewege in andere Länder, bis zu den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen, dem Baltikum, der Schweiz und nach Amerika transportiert. In Bremen selbst nannte man ihn bis ins 19. Jahrhundert Grauwerk.
Vorkommen und Mineralogie
Das Vorkommen dieses Sandsteins liegt zwischen Obernkirchen und Stadthagen in den Bückebergen. Es ist ein geschlossenes Vorkommen mit einer Mächtigkeit von 12 bis 15 Metern. Die Bankhöhe beträgt am Harl 16 Meter und verringert sich im Westen auf 2 bis 3 Meter. Die Dickbankigkeit erlaubt die Gewinnung großer Blöcke. Im Norden geht das Vorkommen in den Liekweger Sandstein über.
Der Obernkirchener Sandstein ist ein feinkörniger Quarzsandstein mit kieseligem Bindemittel. Sein Quarzanteil liegt bei 99 Prozent mit Quarz 81 Prozent und Gesteinsbruchstücken mit 17 Prozent. Vereinzelt befinden sich zersetzte serizitische Beimengungen von Muskovit und Schwerminerale mit je 1 Prozent. Die Schwerminerale sind Zirkon, Turmalin, Rutil, Apatit, opake Körner.
Der Stein hat eine gelblich-graue Farbe, zum Teil liegen Texturen vor, die den Stein schlierenartig gestalten. Die Gelbfärbung kommt durch das Mineral Limonit zustande und die Graufärbung durch Kohlebestandteile. Durch die derzeitigen Umweltbedingungen wird Limonit im Stein gelöst und wandert an die Außenflächen der Werksteine, die der Verwitterung ausgesetzt sind und nachdunkeln. Dieser Prozess hat keine Wirkung auf die Festigkeit dieses Sandsteins. Seine Witterungsbeständigkeit und Frostbeständigkeit ist extrem hoch. Dieser Sandstein wird seit etwa 1.000 Jahren abgebaut und noch nach Jahrhunderten konnten nur geringe Verwitterungen an der Stiftskirche in Obernkirchen (1153–1167) beobachtet werden. Ferner eignet sich dieser Naturstein aufgrund seiner Beständigkeit als sog. Wasserbaustein zum Ausbau von Schifffahrtskanälen.
Steinoberflächen
- Obernkirchener Sandstein, maschinenscharriert (Muster ca. 25 × 15 cm)
- Obernkirchener Sandstein, gebeilt (Muster ca. 25 × 15 cm)
- Obernkirchener Sandstein, gefräst (Muster ca. 25 × 15 cm)
Gebäudeliste
Einige Gebäude, zu deren Bau oder Restaurierung Obernkirchener Sandstein geliefert wurde – geordnet nach Ländern und nach Entfernungen von den Steinbrüchen:
- Stiftskirche Obernkirchen, (gegründet vor 1167)
- Dom zu Minden
- Bremer Rathaus (die heutigen Kopien der Figuren)[2]
- Pfeiler des Bremer Rolands (1404)
- Schütting (Bremen), ab 1536
- Gewerbehaus (Bremen), 1619 bis 1621
- Haus des Reichs, Bremen, 1928–1931
- Wladimir-Palast, St. Petersburg (1872)
- Bremer Baumwollbörse
- Hamburger Börse
- Otto-Linne-Denkmal in Hamburg
- Oldenburger Schloss
- Villa Hügel in Essen
- Schlosskirche Wittenberg
- Kölner Dom
- Aachener Dom
- Aachener Rathaus
- Haus Löwenstein auf dem Aachener Markt
- Berliner Siegessäule
- Ulmer Münster
- Königliche Palast in Amsterdam in den Niederlanden
- Friedenspalast in Den Haag in den Niederlanden
- Rathaus Antwerpen in Belgien (Lieferung 1546)
- Rathaus in Leiden, Niederlande, (Lieferung 1595)
- Fleischhalle in Haarlem, Niederlande (Lieferung 1606)
- Elisabethenkirche in Basel
- Turm des Berner Münsters
- Schloss Rosenborg in Kopenhagen in Dänemark
- Börse in Bergen (Norwegen)
- Neue Börse (Kaliningrad)
- Katharinenpalast in Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg in Russland
- Kathedrale in Baltimore in den USA
- Nationaldenkmal in Belém do Para in Brasilien
- restaurierte Ringmauer am Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica
Siehe auch
Literatur
- Robert Kain: Obernkirchener Sandstein – Ein Werkstoff des Weserlandes. Eigenverlag der Fa. Obernkirchener Sandsteinbrüche Paul Ebeling, o. J. (ca. 1938) (pdf; 7 MB).
- Otto Sickenberg: Die Lagerstätten Niedersachsens und ihre Bewirtschaftung, Bd. 5., hrsg. von Kurt Brüning, Niedersächsisches Amt für Landesplanung und Statistik. Dornverlag, Bremen/Horn 1951.
- Dieter Poestges: Die Geschichte der Obernkirchener Sandsteinbrüche. In: Bremisches Jahrbuch, Band 60/61, Bremen 1982/83, S. 95–116.
- Wolf-Dieter Grimm: Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Lipp-Verlag, München 1990, ISBN 3-87490-535-7.
- Elisabeth Kuster-Wendenburg: Der Bremer Stein und die Dinosaurier. Aschenbeck & Holstein Verlag, Delmenhorst 1999, ISBN 3-932292-18-9 (pdf; 38 MB).
- Karlfried Fuchs: Natursteine aus aller Welt. Callwey Steinkartei in 2 Bänden. Callwey-Verlag, München 1997, ISBN 3-7667-1267-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- H.-H. Meyer: Wasserversorgung im Landgebiet. In: Wasser. Zur Geschichte der Trinkwasserversorgung in Bremen. Focke-Museum, Bremen 1988, S. 98–100.
- Das Material der Originalstatuen im Focke-Museum ist nicht Sandstein, sondern fossilreicher Kalkstein vom Lindener Berg in Hannover. (Pätzold, Die Verwendung von Naturwerkstein beim Bau des Bremer Rathauses, in: Denkmalpflege in Bremen, Heft 18, 2021, S. 132–133)