Brannockit
Das Mineral Brannockit (IMA-Symbol Bra[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Ringsilikat aus der Milaritgruppe innerhalb der Mineralklasse der Silikate und Germanate mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung KSn4+2Li3Si12O30. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt Aggregate farbloser, plattiger Kriställchen von wenigen Millimetern Größe.[3][4]
Brannockit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
1972-029[1] |
IMA-Symbol |
Bra[2] |
Chemische Formel | KSn4+2Li3Si12O30[3][4] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Ringsilikate |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/E.22-140 9.CM.05 63.02.01a.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | hexagonal[3][5] |
Kristallklasse; Symbol | dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m[6] |
Raumgruppe | P6/mcc (Nr. 192)[3][5] |
Gitterparameter | a = 10,0167 Å; c = 14,2452 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 2[3] |
Häufige Kristallflächen | {001}, untergeordnet {100}, {110}, {114}[3][4] |
Zwillingsbildung | häufig, äußerlich nicht sichtbar[3][4][5] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht bestimmt |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,98; berechnet: 3,08[3][4] |
Spaltbarkeit | fehlt[7] |
Bruch; Tenazität | spröde |
Farbe | farblos[3][4] |
Strichfarbe | weiß[7] |
Transparenz | durchsichtig[3][4] bis durchscheinend[8] |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,567[3][4] nε = 1,566[3][4] |
Doppelbrechung | δ = 0,001 |
Optischer Charakter | einachsig negativ[3][4] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | helle, bläulich weiße Fluoreszenz unter kurzwelligem UV-Licht[3][4] |
Brannockit findet sich in spät hydrothermalen Bereichen alkalireicher Pegmatite, in denen sich Lithium und Zinn angereichert haben. Neben seiner Typlokalität, der Foot Mine im Kings Mountain District, Cleveland County, North Carolina, USA, ist Brannockit bisher nur an einer weiteren Lokalität in Washington, USA, gefunden worden.[9]
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Brannockit 1968 von C. Hudgins aus Marion, North Carolina, in der Foot Mine, einem Lithium-reichen Granit-Pegmatit bei Kings Mountain (North Carolina). Er spendete eine Probe dem National Museum of Natural History der Smithsonian Institution, wo sie von John S. White und seinen Mitarbeitern wissenschaftlich untersucht und als Li-Sn-Analog von Osumilith charakterisiert wurde. Sie benannten das Mineral nach dem Chemiker und Mineraliensammler Dr. Kent Combs Brannock (1923–1973)[8] aus Kingsport, Tennessee, der wesentlich an der Beschreibung zahlreicher Minerale aus der Foot Mine beteiligt war.[3]
Publiziert wurde die Entdeckung fünf Jahre später im The Mineralogical Record, einer Zeitschrift, die John S. White 1970 selbst gegründet hatte.[10]
Klassifikation
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Brannockit noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/E.22-140. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Ringsilikate“, wo Brannockit zusammen mit Agakhanovit-(Y), Almarudit, Armenit, Berezanskit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Lipuit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ (VIII/E.22) bildet (Stand 2018).[7]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Brannockit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist. Darin gehört es mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit zur „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Brannockit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.
Chemismus
Brannockit ist das Lithium-Zinn-Analog von Osumilith und die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität ist [12]K [6]Sn2 [4]Li3 [4]Si12O30, wobei in den eckigen Klammern die Koordinationszahl der jeweiligen Position in der Kristallstruktur angegeben ist.[3][4]
Brannockit bildet Mischkristalle mit Berezanskit, Sogdianit und in geringem Maße Sugilith, was sich im Ersatz von Sn4+ durch Ti4+, Zr4+ und Hf4+ sowie dem gekoppelten Einbau von [6]Fe/Al3+ und [9]Na+ äußert.[9]
Kristallstruktur
Brannockit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192) mit den Gitterparametern a = 10.0167 Å und c = 14.2452 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle. [3][5]
Brannockit ist isotyp zu Milarit, d. h., es kristallisiert mit der gleichen Struktur wie Milarit. Die 12-fach koordinierte C-Position ist voll besetzt mit Kalium (K+) und die 9-fach koordinierte B-Position ist unbesetzt. Zinn (Sn4+) besetzt die 6-fach koordinierte A-Position. Die tetraedrisch koordinierten T2-Position enthält ausschließlich Lithium (Li+). Die T1-Position, die die 6er-Doppelringe aufbaut, enthält nur Silizium (Si4+).[3][5]
Bildung und Fundorte
Brannockit bildet sich in der späten hydrothermalen Phase alkalireicher Pegmatite.
Weltweit ist Brannockit nur an zwei Fundorten dokumentiert worden (Stand 2016).
An seiner Typlokalität, der Foot Mine im Kings Mountain District, Cleveland Co., North Carolina, USA, findet sich Brannokit in Miarolen und Rissen. Er tritt hier zusammen mit Quarz, Albit, dem Mehrfach-Kettensilikat Bavenit, Pyrit, dem Hydroxid Tetrawickmanit und Titanit auf.[3]
Dieser sehr mineralreiche Fundort ist die Typlokalität von 13 Mineralen (Stand 2016). Brannockit ist dort das einzige Mineral der Milaritgruppe.[12]
Der zweite dokumentierte Fundort ist ein alkalireicher Granit des Golden Horn Batholithen bei Liberty Bell/Washington Pass im Okanogan County, Washington, USA. Brannockit tritt hier mit dem Li-Zr-Osumilith Sogdianit und den Li-Na-Zr-6er-Doppelkettensilikat Zektzerit auf, das hier zuerst beschrieben worden ist.[9][13]
Siehe auch
Literatur
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 714 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
- Brannockit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Brannockite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy (englisch).
Einzelnachweise
- Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 18. August 2022]).
- J. S. White, J. E. Arem, J. A. Nelen, P. B. Leavens, R. W. Thomssen: Brannockite, a new tin mineral. In: The Mineralogical Record. Band 4, März 1973, S. 73–76 (rruff.info [PDF; 2,1 MB; abgerufen am 17. August 2022]).
- Michael Fleischer: New Mineral Names. In: The American Mineralogist. Band 58, 1973, S. 1111–1115 (rruff.info [PDF; 572 kB; abgerufen am 18. August 2022] Brannockite, S. 1111).
- Thomas Armbruster, Roland Oberänsli: Crystal chemistry of double-ring silicates: Structures of sugilite and brannockite. In: The American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 595–600 (rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 18. August 2022]).
- David Barthelmy: Brannockite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 17. August 2022 (englisch).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Brannockite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy [PDF; 62 kB; abgerufen am 18. August 2022]).
- M. B. Raschke, E. J. D. Anderson, J. Allaz, H. Friis, J. R. Smyth, R. Tschernich, R. Becker: Crystal chemistry of brannockite, KLi3Sn2Si12O30, from a new occurrence in the Golden Horn Batholith, Washington State, USA. In: European Journal of Mineralogy. Band 28, Nr. 1, März 2016, S. 153–161, doi:10.1127/ejm/2015/0027-2477 (ruby.colorado.edu [PDF; 519 kB; abgerufen am 18. August 2022]).
- Wendell E. Wilson: The Mineralogical Record: John S. White. Abgerufen am 30. August 2018.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 18. August 2022 (englisch).
- Foote Lithium Co. Mine (Foote Mine), Kings Mountain District, Cleveland Co., North Carolina, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 17. August 2022 (englisch).
- Washington Pass, Golden Horn Batholith, Okanogan Co., Washington, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 17. August 2022 (englisch).