Brände im Yellowstone-Nationalpark 1988
Die einzelnen Brände im Yellowstone-Nationalpark im Jahr 1988 führten zum größten Waldbrand im Yellowstone-Nationalpark seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Brände begannen als zahlreiche kleinere Einzelfeuer, gerieten mit zunehmendem Wind und zunehmender Trockenheit rasch außer Kontrolle und verbanden sich schließlich zu einer großen Feuersbrunst, die über mehrere Monate wütete. Durch das Feuer wurden zwei wichtige Touristenziele beschädigt und am 8. September 1988 schloss der gesamte Park zum ersten Mal in seiner Geschichte für alle – die Rettungskräfte ausgenommen.[1] Nur der Umschwung auf kühles und feuchtes Wetter im späten Herbst brachte die Brände zum Erliegen. Insgesamt waren 3.213 km² (793.880 Acres), rund 36 % des Parks, von diesem Waldbrand betroffen.[2]
Tausende Feuerwehrmänner bekämpften die Flammen, unterstützt von Dutzenden Hubschraubern und Löschflugzeugen, die Wasser und Löschmittel abwarfen. Am Höhepunkt der Anstrengungen waren über 9.000 Feuerwehrleute im Park eingesetzt. Da die Brände im gesamten „größeren Yellowstone-Ökosystem“ und in anderen Regionen der westlichen Vereinigten Staaten wüteten, waren der National Park Service und andere Behörden der Situation personell nicht gewachsen. Über 4.000 US-Soldaten unterstützten bald die Brandbekämpfungsmaßnahmen. Die Löscharbeiten verursachten Kosten in Höhe von 120 Millionen US-Dollar. Während der Brandbekämpfung kam kein Feuerwehrmann ums Leben, jedoch gab es in Zusammenhang mit den Bränden zwei Todesfälle außerhalb des Parks.
Vor Ende der 1960er Jahre wurden Brände als grundsätzlich schädlich für Parks und Wälder eingeschätzt, so dass der Umgang mit ihnen auf ihre schnellstmögliche Unterdrückung abzielte. In den Jahrzehnten vor 1988 erkannte man dann zunehmend die positive ökologische Bedeutung des Feuers, weshalb man natürliche Brände unter kontrollierten Bedingungen erlaubte und damit die jährlich durch Brände zerstörte Fläche sehr erfolgreich reduzieren konnte. 1988 war ein großes Feuer im Yellowstone jedoch überfällig und die vielen kleineren „kontrollierten“ Feuer verbanden sich vor allem im trockenen Sommer. Die Brände wüteten in einem Mosaik-Muster und sprangen von einer Region in eine andere, während andere Regionen völlig unberührt blieben. Durch einige Regionen fegten wiederum große Feuerstürme, die alles in ihrem Weg niederbrannten. Bäume in zweistelliger Millionenzahl und unzählige Pflanzen wurden von den Bränden vernichtet und einige Regionen blieben verkohlt und tot aussehend zurück. Jedoch brannten auf mehr als der Hälfte der betroffenen Gebiete lediglich Bodenfeuer, die den härteren Baumarten wenig Schaden zufügten. Schon kurz nach dem Erlöschen der Feuer siedelten sich Pflanzen und Baumarten selbstständig wieder an, so dass die Regeneration der Vegetation sehr erfolgreich verlief.
Die Brände im Yellowstone 1988 waren beispiellos in der Geschichte des National Park Service und stellten viele Regeln des Umgangs mit Bränden in Frage. Medienberichte über das Missmanagement waren oft sensationsheischend und ungenau, manchmal wurde gar fälschlich berichtet, dass der größte Teil des Parks zerstört wurde. Zeitweise verschlechterte sich während der Brände zwar die Luftqualität, es wurden jedoch keine langfristig negativen Auswirkungen am Ökosystem festgestellt. Im Gegensatz zu anfänglichen Berichten kam nur eine geringe Anzahl großer Säugetiere durch die Feuer ums Leben, auch wenn eine Minderung der Anzahl von Elchen eingetreten ist. Verluste an Gebäuden wurden minimiert, da die Brandbekämpfungsmaßnahmen sich auf die wichtigen Besucherbereiche konzentrierten und damit die Sachschäden unter 3 Millionen US-Dollar hielten.
Seit dem Sommer 1990 gibt es eine spezielle Ausstellung zu den Hintergründen und Folgen der Feuer von 1988 im Besucherzentrum in West Thumb / Grant Village am Yellowstone Lake im Süden des Parks.[3]
Entwicklung des Waldbrandmanagements
Im Osten der Vereinigten Staaten mit seinen starken Niederschlägen sind Waldbrände eher klein und stellten nur selten eine größere Gefahr für Leben und Eigentum dar. Als die Siedlungen der weißen Einwanderer immer weiter in die trockeneren Gegenden des Westens vordrangen, stießen sie auf erste große Brände. Flurbrände in den Great Plains und Waldbrände in den Rocky Mountains waren deutlich größer (Flächenbrand) und zerstörerischer als alles, was sie bisher im Osten des Landes gesehen hatten. Eine Reihe von katastrophalen Brandereignissen beeinflusste über die Jahre massiv die Regeln für den Umgang mit dem Feuer.
Der Waldbrand, der die meisten Todesfälle in der Geschichte der USA forderte, war das Peshtigo-Feuer, das 1871 durch Wisconsin fegte und dabei über 1.500 Menschen das Leben kostete.[4] Der Brand im Santiago Canyon 1889 in Kalifornien und besonders der Große Brand von 1910 in Idaho und Montana führten zur Philosophie, dass Brände eine Gefahr sind, die es zu unterdrücken gilt.[5] Das „Große Feuer“ von 1910 verwüstete 12.000 km² Land, zerstörte eine Reihe von Gemeinden und kostete 86 Menschen das Leben. Dieses Ereignis führte viele Landverwaltungsagenturen dazu, die Unterdrückung von Waldbränden zu fordern. Die Landverwaltungsämter des US-Gouvernements, einschließlich des National Park Service befolgten die Regeln für den Umgang mit Bränden, die von der amerikanischen Forstverwaltung, die die meisten Wälder der USA überwacht, eingeführt wurden.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts glaubten die meisten Förster, dass Feuer jederzeit bekämpft werden sollten.[6] Ab 1939 legten die Arbeitsvorschriften des National Park Service fest, dass alle Waldbrände bis 10 Uhr am Morgen nach ihrer ersten Entdeckung gelöscht sein sollen.[7] So wurden landesweit Feuerlöschteams eingerichtet und in der Regel mit jungen Männern während der Brandsaison besetzt. Ab 1940 sollten die als Smokejumper bekannten Feuerwehrmänner mit Fallschirmen aus Flugzeugen abspringen, um Feuer auch in entlegenen Gebieten zu löschen. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs errichtete man in den USA über 8.000 Türme zur Brandwache. Später wurden viele von ihnen wieder abgerissen, da zunehmend Flugzeuge zur Lokalisierung von Waldfeuern genutzt wurden; heute sind im gesamten Yellowstone-Park nur noch drei Türme jährlich in Betrieb.[8][9] Die Brandschutzmaßnahmen waren sehr erfolgreich: während in den 1930er Jahren jährlich noch durchschnittlich 30.000.000 Acres (120.000 km²) den Flammen zum Opfer fielen, hatte sich diese Fläche in den 1960er Jahren auf 2.000.000 (8.100 km²) bis 5.000.000 Acres (20.000 km²) reduziert.[6] Der Holzbedarf während des Zweiten Weltkriegs war hoch und jedes Feuer, das Waldgebiete zerstörte, wurde als inakzeptabel empfunden. 1944 führte der U.S. Forest Service eine Aufklärungskampagne für die Öffentlichkeit durch, die die Schädlichkeit aller Feuer betonte. Diese Kampagne verwendete eine Karikatur eines Schwarzbären namens „Smokey Bear“. Dieser ikonische Feuerwehr-Bär ist bis heute auf Schildern mit dem Slogan „Only you can prevent forest fires“ (Nur Sie können Waldbrände verhindern) zu sehen.[2][10] Erste Plakate mit „Smokey Bear“ ließen die Bevölkerung im Irrglauben, dass die Lauffeuer hauptsächlich von Menschen verursacht werden. Im Yellowstone bewegt sich der Anteil von durch den Menschen ausgelösten, jährlichen Feuern durchschnittlich zwischen 6 und 10, während 35 Brände durch Blitze ausgelöst werden.[9] Einige Wissenschaftler, genauso wie einige Holzfällerunternehmen und Privatbürger lernten, dass Feuer ein natürlicher Bestandteil vieler Ökosysteme ist: Feuer hilft das Unter- und Totholz auszudünnen und erlaubt so ökonomisch wichtigen Baumarten mit geringerer Nährstoffkonkurrenz zu wachsen. Die amerikanischen Ureinwohner brannten oftmals Waldgebiete nieder, um übermäßiges Wachstum einzudämmen und damit die Fläche des Graslandes für Großwild wie Bison und Elch zu vergrößern.[11]
Bereits 1924 schrieb der Umweltschützer Aldo Leopold, dass die Naturbrände vorteilhaft für das Ökosystem und die natürliche Vermehrung verschiedener Baum- und Pflanzenarten sind. Die nächsten 40 Jahre stimmten mehr und mehr Förster und Ökologen der Beurteilung zu, dass gelegentliche Brände von Vorteil für das Ökosystem sind. 1963 empfahlen Ökologen dem National Park Service in einem Bericht, dem Leopold Report, regelmäßige Naturbrände zuzulassen, um das natürliche Gleichgewicht in den Parks wiederherzustellen. Der Wilderness Act von 1964 half die Rolle von Feuern als natürlichen Teil des Ökosystems zu festigen.[5] Der National Park Service hat 1968 seine Handlungsanweisungen für Brände angepasst, um der sich ändernden Sichtweise nachzukommen. Die Verwaltung legte fest, dass man natürliche, durch Blitze ausgelöste Brände weiter brennen lassen soll, solange sie eine geringe Gefahr für Menschen oder deren Eigentum darstellen. Die Verwaltung bestimmte zusätzlich, dass unter vorgeschriebenen Bedingungen kontrollierte Brände bewusst gelegt werden können, um das ökologische Gleichgewicht wiederherzustellen.[7] Der ökologische Sinn des Feuers wurde besser verstanden, nachdem viele Wälder alterten und überfällig für einen großflächigen Brand wurden.
Seit 1972 erlaubt der National Park Service natürlichen Bränden im Yellowstone, unter kontrollierten Bedingungen weiter zu brennen. Brände dieser Art werden als prescribed natural fires („verordnete natürliche Brände“) bezeichnet. Zwischen 1972 und 1987 brannte aufgrund dieser Anweisung durch insgesamt 235 dieser „verordneten natürlichen Brände“ eine relativ kleine Fläche von 137 km² nieder. Nur 15 dieser Brände erreichten eine Größe von mehr als 0,4 km². Die fünf Jahre bis 1988 waren deutlich feuchter als normal, wodurch in dieser Zeit die Brandflächen geringer ausfielen.[12] Die Politik der verordneten natürlichen Brände schien, besonders für die Region von Yellowstone, ein effektiver Weg zu sein, mit Bränden umzugehen.
Literatur
- Paul Schullery: Yellowstone fires. A preliminary report. In: Northwest Science. Vol. 63, Nr. 1, 1989, ISSN 0029-344X, S. 44–54, (PDF; 1,1 MB).
- Rocky Barker: Scorched Earth. How the Fires of Yellowstone Changed America. Island Press, Washington DC u. a. 2005, ISBN 1-55963-735-8.
- Gregory H. Aplet: Evolution of Wilderness Fire Policy. In: International Journal of Wilderness. Vol. 12, Nr. 1, 2006, ISSN 1086-5519, S. 9–13, (PDF; 196 kB).
Einzelnachweise
- Schullery (1989), S. 44–54
- Young [o. J.]
- National Park Service: Yellowstone National Park – Visitor Centers
- Boise State University [o. J.]
- Aplet (2006), S. 9–13
- Natural Resources Defense Council (2003)
- National Park Service, U.S. Forest Service (2001)
- U.S. Forest Service (2006)
- National Park Service (2007)
- The Story of Smokey Bear. U.S. Forest Service, 13. Juli 2005, abgerufen am 27. Juli 2007.
- Doug MacCleery: The Role of American Indians in Shaping The North American Landscape. Forest History Society, archiviert vom am 20. März 2007; abgerufen am 28. Juli 2007.
- Fire Management InDepth. National Park Service, 11. Juni 2007, abgerufen am 22. Januar 2016.
Weblinks
- Richard Rothermel, Roberta Hartford, Carolyn Chase: Fire Growth Maps for the 1988 Greater Yellowstone Area Fires. (PDF; 13,3 MB) In: General Technical Report INT-304. U.S. Forest Service, Januar 1994, abgerufen am 31. Juli 2007. (This is a 12mb pdf file)
- Linda Young: Flames of Controversy : Interpreting the Yellowstone Fires of 1988. (Memento vom 15. Mai 2009 im Internet Archive) In: National Interagency Fire Center: Communicators Guide. (Stand: 27. Juli 2007).
- Natural Resources Defense Council: Policy on Wildfires in Western Forests (Memento vom 8. Juni 2011 im Internet Archive). 2003.
- National Park Service, U.S. Forest Service: Evolution of Federal Wildland Fire Management Policy. 2001.
- National Park Service: Yellowstone National Park: Fire Lookouts. 2007. (Stand: 27. Juli 2007).
- U.S. Forest Service: Fire Lookouts of Sequoia National Forest. online 2006. (Stand: 27. Juli 2007).