Borna disease virus 1

Das Virus der Borna’schen Krankheit (englisch Borna disease virus 1, BoDV-1, früher abgekürzt BDV; Spezies: Orthobornavirus bornaense) ist ein behülltes Virus mit einem Erbgut aus negativsträngiger, nichtsegmentierter RNA – ss(–)RNA – in der Gattung Orthobornavirus (früher Bornavirus) und damit zur Familie Bornaviridae gehörig. BoDV-1 ist das erste beschriebene Virus der Familie. Sein nächster Verwandter ist das zur selben Spezies gehörende Borna disease virus 2 (BoDV-2). Inzwischen sind weitere Orthobornaviren bei verschiedenen Säugetieren, Vögeln und Schlangen entdeckt worden, darunter das Bunthörnchen-Bornavirus (englisch variegated squirrel bornavirus 1, VSBV-1, Spezies: Orthobornavirus sciuri).[3]

Virus der Bornaschen Krankheit

3D-Modell Bornavirus

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Riboviria[1]
Reich: Orthornavirae[2]
Phylum: Negarnaviricota
Subphylum: Haploviricotina
Klasse: Monjiviricetes
Ordnung: Mononegavirales
Familie: Bornaviridae
Gattung: Orthobornavirus
Art: Orthobornavirus bornaense
Unterart: Borna disease virus 1
Taxonomische Merkmale
Genom: (−)ssRNA
Baltimore: Gruppe 5
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Borna disease virus 1
Kurzbezeichnung
BoDV-1
Links
NCBI Taxonomy: 1714621 (BoDV-1)
NCBI Reference: U04608 (BoDV-1)
ViralZone (Expasy, SIB): 279 (Gattung)
ICTV Taxon History: 201851553 (Spezies)
Schemazeichnung eines Virions der Gattung Orthobornavirus

BoDV-1 ist der Erreger der Borna-Krankheit, einer oftmals tödlichen neurologischen Erkrankung bei Pferden, Schafen, Neuweltkameliden und anderen Haussäugetieren. Bei selten auftretenden Infektionen des Menschen kann es ebenfalls eine schwere Enzephalitis mit zumeist tödlichem Ausgang hervorrufen.[4] Der einzige bisher bekannte Reservoirwirt des BoDV-1 ist die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon), die selbst nicht an der Infektion erkrankt.[3][5]

Merkmale

In die Hülle der Viruspartikel (Virionen) ist das Glykoprotein (G) eingelagert. Dieses Protein vermittelt die Bindung des Virus an die Wirtszelle und bewerkstelligt auch den Verschmelzungsvorgang (Fusion) mit der Membran der Zielzelle. Auf der Innenseite der Hülle befindet sich das Matrixprotein (M). Ferner befindet sich im Virusinneren das RNA-Genom, das mit dem Phosphoprotein (P), dem Nukleoprotein (N), der viralen Polymerase (L) und einem kleinen Protein X (p10) verbunden (assoziiert) ist. Eine Besonderheit der Bornaviren ist, dass Transkription und Genomreplikation, anders als bei den übrigen Vertretern der Mononegavirales, im Zellkern ablaufen. Das Virus nutzt die dortige Spleißmaschinerie um durch Alternatives Spleißen aus einem Vorläufertranskript drei verschiedene mRNAs zur Synthese der Proteine M, L und G herzustellen.

Meldepflicht

Für den direkten Nachweis humanpathogener Bornaviren, also auch für das BoDV-1, beim Menschen besteht nach § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Deutschland eine namentliche Meldepflicht. Der direkte Nachweis von Bornavirus-Infektionen bei Säugetieren ist in Deutschland ebenfalls meldepflichtig 1 in Verbindung mit der Anlage der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten und der Falldefinition).[6][7]

Literatur

  • Susanne Modrow, Dietrich Falke, Uwe Truyen, Hermann Schätzl: Molekulare Virologie. 3. Auflage, Spektrum, Heidelberg 2010, S. 18, 277–283. ISBN 978-3-8274-1833-3
  • Katrin Breitenborn: Bornavirus – Kontroverse um Humanpathogenität. In: Deutsches Ärzteblatt. Nr. 104, 2007, S. 1365–1368 aerzteblatt.de (PDF; 187 kB).

Einzelnachweise

  1. ICTV Master Species List 2018b.v2. MSL #34, März 2019.
  2. ICTV: ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  3. Bornaviridae - Bornaviridae - Negative-sense RNA Viruses - ICTV. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juni 2021; abgerufen am 31. Mai 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/talk.ictvonline.org
  4. Hans Helmut Niller, Klemens Angstwurm, Dennis Rubbenstroth, Kore Schlottau, Arnt Ebinger, Sebastian Giese u. a.: Zoonotic spillover infections with Borna disease virus 1 leading to fatal human encephalitis, 1999–2019: an epidemiological investigation. In: The Lancet Infectious Diseases. Band 20, Nr. 4, 1. April 2020, S. 467–477, doi:10.1016/S1473-3099(19)30546-8.
  5. R. Dürrwald, J. Kolodziejek, H. Weissenböck, N. Nowotny: The bicolored white-toothed shrew Crocidura leucodon (HERMANN 1780) is an indigenous host of mammalian Borna disease virus. In: PloS one. Band 9, Nr. 4, 2014, ISSN 1932-6203, S. e93659, doi:10.1371/journal.pone.0093659, PMID 24699636, PMC 3974811 (freier Volltext).
  6. Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV 1983) – Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2011 (BGBl. I S. 252), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juli 2020 (BGBl. I S. 1604) geändert worden ist
  7. Bornavirus-Infektionen der Säugetiere (Erreger: Bornaviridae): Amtliche Methode und Falldefinition. In: Amtliche Methodensammlung und Falldefinitionen : Meldepflichtige Tierkrankheiten. 1. Dezember 2021 (openagrar.de [abgerufen am 28. April 2022]).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.