Spannfutter

Als Spannfutter wird eine Vorrichtung bezeichnet, die an Werkzeugen (wie beispielsweise einer Bohrmaschine oder einer Drehbank) entweder die Einsatzwerkzeuge wie Bohrer oder Fräser aufnimmt (Bohrfutter), oder das Spannfutter nimmt das zu bearbeitende Werkstück auf – dann wird das Spannfutter meist Drehfutter oder umgangssprachlich Amerikaner genannt.

Spannkopffutter und Spannzangenfutter

Spannkopffutter arbeiten in der Regel nach dem Zugprinzip. Der Spannkopf wird mittels einer Wechselvorrichtung in die Zugmechanik eingekuppelt. Der Spannzylinder zieht ihn über das Zugrohr in den Kegel des Futterkörpers. Bindeglied zwischen Zugrohr und Zugmechanik ist der Zugrohradapter. Er und der Spindelflansch werden jeweils maschinenspezifisch angepasst. Spannkopffutter sind auf hohe Wuchtgüte gewuchtet und verfügen futterseitig über eine Hubbegrenzung in beiden Richtungen. Alle Spannbacken des Spannkopfs besitzen eine Nut für die Radialfixierung. Spannkopffutter zeichnen sich durch eine hohe Steifigkeit, Rundlaufpräzision und Umrüstfreundlichkeit aus.

Bohrfutter

Bohrfutter funktionieren oft in der Art, dass das zu fixierende Teil zwischen drei Spannbacken festgeklemmt wird (Dreibackenfutter). Diese Bauweise hat den Vorteil, dass fixierte Einsatzwerkzeuge (z. B. ein Bohrer) sich gut zentrieren lassen, was insbesondere bei schnell drehenden Maschinen wichtig ist. Im Inneren des Futters befindet sich eine Schraube, die beim Zudrehen die Spannbacken in einen Kegel schiebt und dadurch das Werkzeug spannt.[1] Schnellspann-Bohrfutter lassen sich trotz hoher Spannkräfte mühelos von Hand schließen und öffnen. Höhere Spannkräfte an Handbohrmaschinen bieten Zahnkranz-Bohrfutter durch Spannen mit einem Bohrfutterschlüssel. Maschinenbohrfutter an Fräsen und Bohrwerken müssen wegen der hohen Drehmomente zusätzlich mit entsprechenden Werkzeugen angezogen werden. In der Regel ist das Aufnahmegewinde des Bohrfutters ein Feingewinde 1/2″ × 20 UNF. Bohrfutter für Steinbohrer an Bohrhämmern spannen das Werkzeug in einem SDS-Bohrfutter nicht durch Kraftschluss, sondern erlauben eine axiale Bewegung des Werkzeugs und übertragen das Drehmoment mittels Formschluss. Bohrfutter mit verstellbaren Spannbacken für zylindrische Schäfte sind bis 16 mm (Handbohrmaschinen 13 mm) handelsüblich, kleinere Maße sind 10, 6 oder 3 mm, die jeweils auch Zoll-Brüche darstellen. An Säulen- oder Ständerbohrmaschinen erfolgt die Aufnahme über Morsekegeladapter.

Für präzise Halterung von feinen Bohrern mit Durchmessern von 3 mm und kleiner werden in Miniaturbohrmaschinen Spannzangen jeweils nur für einen schmalen Bereich – mit 3 Zungen verwendet. 4-zungige Spannzangen sind fix in allereinfachsten Drillbohrern für kleine Bohrer mit Vierkantschaft verbaut.

Für Werkzeugmaschinen gibt es Aufnahmen mit Hohlschaftkegel oder Steilkegel für Bohrer, die als Whistle-Notch oder Weldon ausgeführt sind. Dabei ist am Bohrerschaft eine Fläche angebracht, an der eine Schraube den Bohrer in der Aufnahme fixiert. Des Weiteren können Bohrer mit zylindrischem Schaft in Schrumpfaufnahmen von Werkzeugmaschinen gespannt werden.

Drehfutter

Als Drehfutter wird das Spannfutter bei Drehmaschinen oder auch bei Drechsel-/Drehbänken bezeichnet.

Sie werden entweder direkt passend für das Aufnahmesystem der Drehmaschine geliefert oder aber mittels eines sogenannten Flansches an der Maschine befestigt, der auf der einen Seite die Aufnahme der Maschine hat, auf der anderen Seite auf die Form des Spannfutters abgedreht wurde. Das Abdrehen dieser Futterseite erfolgt aus Präzisionsgründen direkt auf der Drehmaschine, auf der das Futter verwendet werden soll.

Die gewöhnlichen Futter spannen vorzugsweise runde oder regelmäßig geformte drei- und sechskantige Werkstücke in drei Backen (Dreibackenfutter), formgenaue runde sowie vier- oder achtkantige Werkstücke in vier Backen (Vierbackenfutter). Sonderformen tragen auch zwei oder mehr als vier Backen.

Beim Anziehen bewegen sich die Backen gleichmäßig in Richtung zur Drehachse, so dass das Werkstück immer zentriert befestigt wird. Hier unterscheidet man das Planspiralfutter und das Keilstangenfutter; beim Planspiralfutter werden die Backen mittels der durch den Spannschlüssel gedrehten Planspirale verfahren; bei dem von der Schweizer Firma Reishauer entwickelten Keilstangenfutter verwendet man synchron laufende Keilstangen, welche die Spannbacken radial bewegen und damit bei Backenfuttern beste Rundlaufeigenschaften erzielt.

Zur üblichen Grundausstattung eines Drehfutters gehören jeweils ein Satz Bohr- und ein Satz Drehbacken; Bohrbacken sind von Futtermittelpunkt nach außen abfallend gestuft und erlauben so eine gute Bearbeitung von z. B. Stangenmaterial; Drehbacken sind von außen nach innen abfallend gestuft und erlauben so z. B. das Spannen größerer Werkstückdurchmesser.

Die Spannbacken sind im Normalfall aus gehärtetem Stahl, einen besseren Rundlauf erzielt man jedoch mit weichen Spannbacken, da sich hier durch Ausdrehen der Spannbacken das Spiel in den Führungen ausgleichen lässt. Zusätzlich gibt es auch spezielle sogenannte geteilte Backen, die über einen Grundkörper, der von der z. B. Planspirale bewegt wird, und aufschraubbare weiche Backen verfügen.

In einigen, speziellen Drehfuttern befinden sich, um den Fliehkräften der Spannbacken bei hochtourigen Drehmaschinen entgegenzuwirken, im Futterkörper Fliehgewichte, welche über Hebel die Backen an das Werkstück pressen.

Handbetätigte Spannfutter werden meist bei konventionellen Drehmaschinen, aber auch bei z. B. Teilapparaten verwendet. Sie müssen mit einem Spannschlüssel geöffnet bzw. geschlossen werden. Hydraulische Spannfutter (Kraftspannfutter) kommen meist bei CNC-Maschinen zum Einsatz. Sie werden manuell durch ein Pedal oder bei automatischer Bestückung durch die Steuerung programmgesteuert betätigt (Beispiel: Stangenmaterial wird mit dem Stangengreifer automatisch aus dem Spannfutter nachgezogen).

Sonderformen des Drehfutters:

  • die sogenannte Planscheibe: sie verfügt über (zumeist vier) separat verstellbare Backen, die so das Spannen von Teilen mit asymmetrischer Spannfläche ermöglicht, z. B. einer Kurbelwelle.
  • die Aufspannscheibe: sie besteht aus einer planen Scheibe und hat keine Backen; an ihr werden Sonderteile mittels Verschrauben oder mithilfe von Spannpratzen befestigt und gedreht.
  • das Wescott-Futter: Es vereint Planspiralfutter und Planscheibe, man kann die Backen separat verstellen wie bei der Planscheibe, die verstellten Backen aber gemeinsam öffnen und schließen wie beim Planspiralfutter.

Sowohl Planscheibe als auch Aufspannscheibe werden aufgrund der entstehenden Unwuchten nur mit geringeren Drehzahlen betrieben.

Weitere Spannmittel an der Drehmaschine: Zweibackenfutter, Spannen zwischen Spitzen, Drehdorne und Spanndorne, Hydro-Dehnspannfutter, Spannzange, Lünette (Setzstock).

Schrumpfspannfutter

Eines der genauesten Spannverfahren auf Fräsmaschinen in Hinsicht auf Rundlaufgenauigkeit bietet das Spannen mit einem Schrumpfspannfutter. In der Stirnseite des Futters befindet sich eine Bohrung, die ca. 3–7 µm kleiner ist als der Durchmesser des Fräserschaftes. Durch Erwärmen mittels Induktion dehnt sich das Futter aus und der Fräser kann eingelegt werden. Beim Erkalten und dem damit verbundenen Zusammenziehen des Materials spannt das Futter das Werkzeug kraftschlüssig und formgenau. Nachteilig wirkt sich aus, dass für jeden Schaftdurchmesser ein eigenes Futter benötigt wird. Schrumpfspannfutter werden in Werkzeugmaschinen eingesetzt, bei denen die Werkzeuge mehrfach gewechselt werden müssen. Durch die definierte Lage des Bohrers ist der Bohrer somit stets gleich in der Maschine eingespannt und es gibt keine Abweichungen durch unterschiedliche Einspannlängen des Bohrers.

Leichtbauspannfutter

Per Leichtbauweise lassen sich auch Spannfutter aus carbonfaserverstärktem Kunststoff herstellen. Diese sind leichter als Standardausführungen aus Metall[2] Das geringere Gewicht schont die Maschinen und bewirkt eine deutlich geringere Massenträgheit. Ein Spannfutter aus Carbon beschleunigt schneller als ein herkömmliches Spannfutter.[3]

Spannfutter mit Messintelligenz

Zur Messung direkt im Prozess gibt es Spannmittel mit integriertem Messsystem, das während der Produktion kontinuierlich Parameter wie Werkstückdurchmesser, Temperatur, Werkstückanlage und Spannkraft misst. Über berührungslose Daten- und Energieübertragung werden die Messdaten direkt an die Maschinensteuerung geleitet und ausgewertet.[4] Die Steuerung der Werkzeugmaschine vergleicht dann Soll- und Istwerte. Kommt es zu Abweichungen, wird eine Meldung ausgegeben oder direkt eine Korrektur in die Wege geleitet.[5]

Weitere Spannfutter

Spannfutter an Handwerkzeugen (z. B. zum Einspannen von Wechselklingen in Skalpellen oder zum Fixieren verschiedener Nadelfeileinsätze in einem Feilenheft) funktionieren oft nach dem gleichen Prinzip, können aber mechanisch weniger aufwändig gebaut sein, da meist nicht mit hohen Geschwindigkeiten gearbeitet wird.

Literatur

  • Heinrich Matuszewski: Handbuch Vorrichtungen. Konstruktion und Einsatz. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Braunschweig 1986, ISBN 3-528-04005-X.
  • Bozina Perovic: Vorrichtungen im Werkzeugmaschinenbau. Grundlagen – Berechnung und Konstruktion. Springer Vieweg, Berlin / Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-32706-3.
  • Karl Schreyer: Werkstückspann. Vorrichtungen, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1949.
  • Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik. Verfahren – Werkzeuge – Berechnung. 7. Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-44986-1.
  • Günter Spur (Hrsg.): Handbuch Spanen und Abtragen. Carl Hanser Verlag, München 2014, ISBN 978-3-446-42826-3.
Commons: Spannfutter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schnittbild eines Schnellspann-Bohrfutters. In: Werkzeugaufnahmen zum Bohren, werkstatt-betrieb.de; abgerufen am 14. August 2018.
  2. https://www.werkstatt-betrieb.de/a/article/article-233709
  3. https://www.hainbuch.com/presse/presse-detailseite/thinking-leichtbau-award-fuer-torok-cfk-iq-spannfutter/
  4. https://www.maschinenmarkt.vogel.de/hainbuch-praesentiert-ein-spannfutter-mit-integrierter-sensorik-a-93359/
  5. Scheidegger, Patrick (2016): CNC-CAM-Techniken
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