Bischhausen (Waldkappel)

Bischhausen ist ein Ortsteil der Stadt Waldkappel im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Bischhausen
Koordinaten: 51° 8′ N,  56′ O
Höhe: 201 m ü. NHN
Fläche: 17,44 km²[1]
Einwohner: 964 (17. Feb. 2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 55 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 37284
Vorwahl: 05658
Bischhausen, Ansicht von Osten: Junkerhof und Kirche
Bischhausen, Ansicht von Osten: Junkerhof und Kirche

Geographische Lage

Bischhausen liegt am Nordostrand des Stölzinger Gebirges rund 4 km Luftlinie ostsüdöstlich der Waldkappeler Kernstadt an der Mündung des Hosbachs in die Wehre. Zu den Bergen der Umgebung gehört der etwa 3,5 km (Luftlinie) westsüdwestlich gelegene Mäuseberg, auf dem ein Aussichtsturm steht.

Geschichte

Ortsgeschichte

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Bischhausen erfolgte unter dem Namen Bischofeshusun um das Jahr 800 in einer Schenkungsurkunde an das Reichskloster Hersfeld.[3] 1093/1144 schenkte Graf Heinrich von Northeim dem Blasiuskloster Northeim den Hof und die Kirche zu Bischhausen. 1140/41 verlieh Graf Siegfried von Boyneburg dem Blasiuskloster Northeim Güter zu Bischhausen. 1446 verkaufte das Kloster Bursfelde den Ort an die Herren von Boyneburg, die ihn der Landgrafschaft Hessen zu Lehen auftrugen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand in Bischhausen ein Verwaltungshof der boyneburgischen Güter. 1650 erwarb Hessen zwei Drittel und 1805 den restlichen Anteil des Orts.

Bischhausen gehörte ursprünglich in Gänze zum teilautonomen Gericht Boyneburg. Als jedoch die von Bemmelberg ihre Anteile am Gericht Boyneburg an die Landgrafschaft versetzten, wurde 1654 das landgräfliche Amt Bischhausen geschaffen, das für die Administration der nun dem Landgrafen grundherrschaftlich unterstehenden Untertanen innerhalb des Gerichts Boyneburg zuständig war. 1690 wurde das Schloss als Verwaltungssitz des Amts Bischhausen errichtet, woraus später das Amtsgericht wurde. Das 1690 eingerichtete Gericht befand sich ursprünglich in einem 1580 erbauten Gebäude, in dem heute das Dorfgemeinschaftshaus untergebracht ist. Das Amtsgericht Bischhausen wurde 1932 geschlossen.

Ab 1821 gehörte Bischhausen zum Kreis Eschwege. Der ehemals boyneburgische Verwaltungshof war von 1866 bis 1931 preußische Staatsdomäne.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Bischhausen zum 31. Dezember 1971 auf freiwilliger Basis in die Stadt Waldkappel eingemeindet.[4] Für Bischhausen, sowie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Waldkappel und die Kerngemeinde wurde jeweils ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Bischhausen angehört(e):[1][6]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bischhausen 1053 Einwohner. Darunter waren 9 (0,9 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 156 Einwohner unter 18 Jahren, 411 zwischen 18 und 49, 225 zwischen 50 und 64 und 261 Einwohner waren älter.[9] Die Einwohner lebten in 453 Haushalten. Davon waren 117 Singlehaushalte, 147 Paare ohne Kinder und 144 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 117 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 273 Haushaltungen lebten keine Senioren.[9]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
 1585:80 Hausgesesse
 1736:514 Einwohner
 1747:96 Haushaltungen
Bischhausen: Einwohnerzahlen von 1736 bis 2015
Jahr  Einwohner
1736
 
514
1800
 
?
1834
 
?
1846
 
1.000
1864
 
?
1885
 
934
1961
 
1.104
1967
 
?
1970
 
1.292
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
1.053
2015
 
964
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Waldkappel[2]; Zensus 2011[9]

Historische Religionszugehörigkeit

 1885:934 evangelische (= 94,73 %), vier katholische (= 0,41 %), 48 jüdische (= 4,87 %) Einwohner[1]
 1961:1006 evangelische (= 91,12 %), 98 katholische (= 0,98 %) Einwohner[1]

Ehemalige jüdische Gemeinde

Jüdische Einwohner sind erstmals im Jahr 1664 erwähnt. Ihre Zahl war gering (vier Personen, allerdings möglicherweise alle mit ihren Familien) und blieb es auch bis ins 19. Jahrhundert. Dann wuchs die kleine Gemeinde, aber die genaue Zahl der jüdischen Einwohner, deren Wohnungen verstreut im Ort lagen, ist nicht bekannt. Durch Aus- und Abwanderung schrumpfte die Gemeinde um die Wende zum 20. Jahrhundert wieder: nach 1900 gab es noch sechs jüdische Familien, 1906 noch vier und ab 1911 nur noch zwei. Drei jüdische Bischhausener fielen im Ersten Weltkrieg. 1924 hörte die zu dieser Zeit noch aus zwei Familien bestehende kleine Gemeinde auf zu existieren, als nach dem Tod des Gemeindeältesten auch die letzte Familie fortzog.[10]

Da 1857 eine „Israelitischen Synagogen-Gemeinde Bischhausen“ erwähnt wird, gab es zu dieser Zeit zumindest einen Betraum, wenn nicht gar eine kleine Synagoge. Möglicherweise handelte es sich dabei um einen Betraum in dem noch heute bestehenden, allerdings mehrfach umgebauten Haus, das der Händler Wolff Mencke im Jahre 1775 gebaut hatte. Die noch heute erhaltene Hausinschrift sagt: Gott beware dieses Haus und alle die da gehn ein und aus / was Freunde sein geht herein zu mir / Feinte aber weichet von hier / Bauherr Wolf Menko und dessen Ehefrau Resen / den 4 Iuli 1775 Z M W VL. Das Haus wurde lange Zeit als Judenschule bezeichnet, wohl weil es einmal einen Schulraum oder Betraum enthielt. Auch gab es ein rituelles Bad (Mikwe) und einen Friedhof sowie eine jüdische Religionsschule. 1907/08 waren noch fünf Kinder zu unterrichten, und Ende 1909 wurde die Schule geschlossen.

Von den in Bischhausen geborenen und/oder längere Zeit dort wohnhaften jüdischen Personen wurden in der Zeit des Nationalsozialismus 21 gewaltsam ums Leben gebracht.

Infrastruktur

Im Dorf zweigt die Landesstraße 3459 (Bischhausen–Kirchhosbach) in Richtung Süden von der Bundesstraße 7 (Waldkappel–Bischhausen–Oetmannshausen) ab. Wenige hundert Meter nordwestlich Bischhausens endet die von Westen heranführende Bundesautobahn 44 derzeit an der Ausfahrt Waldkappel; der Streckenabschnitt nach Osten zur Bundesautobahn 4 bei Eisenach verläuft nördlich der Ortslage und befindet sich im Bau.

Persönlichkeiten

Moritz Goldschmidt (* 15. Oktober 1863 in Bischhausen; † 7. September 1916 in Geisa), Lehrer und Botaniker

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirche

Die Kirche stammt aus dem 15. Jahrhundert, geht in ihren Fundamenten jedoch auf einen romanischen Bau zurück. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert. Grabmäler derer von Boyneburg bezeugen die Verbundenheit dieses Geschlechtes mit dem Dorf.

Dorf- und Heimatmuseum

Das Dorf- und Heimatmuseum in der Ortsmitte am Kirchberg in der alten Schule (Am Graben 4) enthält eine Bilderausstellung, traditionelle Möbel und Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Buttermodeln, Backformen und anderem Hausrat, eine größere Sammlung von Gebrauchskeramik und Glas sowie eine Sammlung gusseiserner Ofenplatten aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Gebäude und das Museum wurden 1997 renoviert und stehen zur Besichtigung nach vorheriger Absprache zur Verfügung. Träger des Museums ist die Gemeinschaft Bischhäuser Vereine.

Brauchtum

Seit 1818 wurde im Ort als Besonderheit das Bischhäuser Kinderfest begangen; dieses ging auf die öffentlich durchgeführte Schulprüfung zurück. Über 150 Jahre galt das Fest als Höhepunkt des Schuljahres und war mit einem feierlichen Umzug im Dorf verbunden.[11]

Literatur

  • Karl Kollmann, Thomas Wiegand: Spuren einer Minderheit. Jüdische Friedhöfe und Synagogen im Werra-Meissner-Kreis. Hrsg. von der Historischen Gesellschaft des Werralandes. Kassel 1996, S. 77–78
  • Literatur über Bischhausen nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung von Justiz (Justizamt Bischhausen) und Verwaltung.
  3. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs.
  4. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Stadt Waldkappel.

Einzelnachweise

  1. Bischhausen, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadtteil Bischhausen. In: Webauftritt. Stadt Waldkappel, abgerufen im Oktober 2020.
  3. Stadtteil Bischhausen. In: Webauftritt der Stadt Waldkappel. Abgerufen im Januar 2022.
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 389.
  5. Hauptsatzung. (PDF; 607 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Waldkappel, abgerufen im März 2022.
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 7 f. (online bei Google Books).
  8. Trennung von Justiz (Justizamt Bischhausen) und Verwaltung: Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August, S. 72 f. (kurhess GS 1821)
  9. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 57 und 113, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  10. alemannia-judaica.de: Jüdische Gemeinde Bischhausen
  11. G. Brandau, K. Kollmann: 150 Jahre Bischhäuser Kinderfest. In: Werratalverein Eschwege e.V. (Hrsg.): Das Werraland. Heft 3. Eschwege 1969, S. 45–46.
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