Biopunk
Biopunk (Kofferwort aus der griechischen Vorsilbe bio für „Leben“ und Punk) beschreibt eine Subkultur und bedient sich hauptsächlich Elementen des Cyberpunks. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf Biotechnologie und Genmanipulation sowie damit verbundener Landwirtschaft, bis hin zur Genmanipulation des Menschen selbst. Im Gegensatz zu ähnlichen Subkulturen ist Biopunk in einer nahen Zukunft situiert, wobei die möglichen Konsequenzen durch die Veränderung der DNA durchgespielt werden und futuristische Aspekte der Kommunikationsinfrastruktur in den Hintergrund rücken.[1]
Entstehung und inhaltliche Ausrichtung
Biopunk als Begriff wurde erstmals im Roman Ribofunk von Paul Di Filippo erwähnt, der als eins der literarischen Hauptwerke des Subgenres gilt.[2][3]
Häufig werden im Biopunk Themen aus dem Bereich der Biotechnologie, wie gentechnische und zellbiologischen Veränderungen (incl. Erbgutveränderungen bzw. Genome Editing), synthetische Lebensformen, Pandemien oder Epidemie, sowie durch Parasiten, Viren oder andere Organismen bedingte Apokalypsen. In diesem Subgenre des Cyberpunks, das dem Dark Future zugehörig ist, wird oft die dunkle Seite von Biotechnologien mit ihrer Auswirkung auf die Betroffenen thematisiert.[4]
Inhaltlich finden sich auch deutliche Überschneidungen zum Body Horror, einem Filmgenre, bei dem der Schrecken, der mit unerwünschten körperlichen Veränderungen einhergeht, eine wichtige Rolle spielt. Außerdem haben die Themen Cyberware, Körpertausch und (teilweiser oder vollständiger) Körperersatz Schnittmengen mit dem Biopunk.
Post-apokalyptische Zustände, wie sie z. B. nach einem Atomkrieg oder einem Super-GAU auftreten, zählen dagegen eher zum Cyberpunk-Subgenre Atompunk. Die Übergänge können jedoch freilich fließend sein.
Mode und Kleidung
Zukunftsforscher versuchen mit Hilfe der Biologie die Möglichkeiten unserer Körper zu erweitern und zu modifizieren – und das alles Dank Fortschritten in Nanotechnologie, biologischen Materialien und Gentechnik. Zu diesen Modifikationen gehören u. a. künstliche (bzw. elektronische) Haut. Eine Ausstellung hat es sich in diesem Kontext zum Ziel gemacht, alle Limits des menschlichen Körpers zu hinterfragen und sich mit „Bio-Hacking“ in Fashion und Kunst auseinanderzusetzen.[5]
Typisches, optisches Erkennungsmerkmal des Biopunk sind außerdem Atemschutzmasken und sonstige Schutzkleidung. Oft wird auch Kleidung getragen, die einen biologisch veränderten Organismus oder einen durch einen Virus oder Genfehler entstandenen Zombie suggerieren soll. Dabei tritt häufig das internationale Symbol für biologische und chemischen Gefahren auf.[6]
Rezeption in Literatur, Film und Computerspielen
Biopunk taucht in zahlreichen Büchern, Filmen und Computerspielen auf. In der folgenden Liste werden einige Beispiele aufgeführt:
Romane
- 1985: Blutmusik von Greg Bear[7]
- 1985: Schismatrix von Bruce Sterling[7]
- 1987: Das Bewegen der Berge von Michael Blumlein[8]
- 1987–1989: Xenogenesis by Octavia E. Butler[7]
- 1990: Winterlong (Roman) von Elizabeth Hand[9]
- 1995–2003: Das Darwin-Virus von Greg Bear[7]
- 1996: Ribofunk von Paul Di Filippo[10][11]
- 1999–2004: Rifter series von Peter Watts[7]
- 2003: Clade von Mark Budz[1][7]
- 2004: Crache von Mark Budz[1][7]
- 2004: The People of Sand and Slag von Paolo Bacigalupi[12]
- 2007: White Devils von Paul J. McAuley[1][7][13]
- 2009: The Windup Girl von Paolo Bacigalupi[14][7]
Kurzgeschichten
Comics
- seit 1986 Druuna-Serie
- 1998: Blame! von Tsutomu Nihei[16]
- seit 2007: Doktor Sleepless von Warren Ellis
- 2008–2010: Fluorescent Black von M.F. Wilson and Nathan Fox
Film und Fernsehen
Als prominenter Vertreter des Subgenres, setzt sich der Film Gattaca mit einigen ethischen Fragen so differenziert auseinander, dass er an der University of Toronto begleitend zur Einführung in den Themenbereich Biopunk, Bioethik und die Wissenschaft der Genmanipulation gezeigt und anschließend von Wissenschaftlern und Studierenden diskutiert wird.[17]
- 1982: Das Ding aus einer anderen Welt
- 1982: Blade Runner[7][18][19]
- 1986: Die Fliege
- 1987: Cyclops
- 1987: RoboCop
- 1995: Vernetzt – Johnny Mnemonic
- 1996: eXistenZ[18]
- 1997: Das fünfte Element
- 1997: Gattaca[7][17][18][20]
- 2000–2002: Dark Angel[7][18][21]
- seit 2002: Resident Evil[7]
- 2003: Code 46[22][23]
- 2005: Aeon Flux[18]
- 2009: Splice[7][18]
- 2009: District 9
- 2010: Repo Men[18][22]
- 2011: The Thing
- 2012: Antiviral (2012)[24][25]
- seit 2013: Orphan Black[26][27]
- seit 2020: Biohackers, Netflix-Serie[28]
- seit 2023: The Last Of Us
Computerspiele
- 1995: Terranigma (Tenchi Sōzō)
- 1995–2002: The Panzer Dragoon von Team Andromeda/Smilebit und Sega.
- 1996: Final Fantasy VII
- seit 1996: Resident Evil von Capcom[7]
- 2000: Evolva von Computer Artworks Ltd. und Interplay Entertainment
- 2001: Dark Angel von Radical Entertainment
- 2006: Rogue Trooper von Rebellion Developments und Eidos Interactive
- seit 2007: BioShock von Irrational Games und 2K Games[7]
- seit 2013: The Last of Us von Sony Computer Entertainment und Naughty Dog
- 2008: Fracture von Day 1 Studios und LucasArts
- 2009: Prototype von Radical Entertainment und Activision
- 2011: Crysis 2 von Crytek und Electronic Arts
- 2017: Prey von Arkane Studios
Einzelnachweise
- Quinion, Michael: Biopunk. In: World Wide Words. 13. September 1997, abgerufen am 11. September 2016 (englisch).
- RIBOFUNK: The Manifesto by Paul Di Filippo (engl) Streettech, abgerufen am 3. Juni 2021.
- Review Ribofunk Paul di Filippo (engl) Sfsite, abgerufen am 3. Juni 2021.
- BIOPUNK DEFINITION: What is it? (engl) Biopunkland, abgerufen am 3. Juni 2021.
- Bio-Punk Design: Eine neue Ausstellung zeigt Designer, die mit dem Hacken unserer Biologie arbeiten und die Grenzen von Kleidung und Körper überwinden. Vice, abgerufen am 3. Juni 2021.
- BIOPUNK FASHION (engl) Biopunkland, abgerufen am 3. Juni 2021.
- Biopunk 101. In: larsschmeink.de. Abgerufen am 11. September 2016.
- Review by Claude Lalumière. In: Locus Online. Abgerufen am 28. November 2008.
- Gregor Mendel died for your sins! Biopunk and Ribofunk Paul Di Filippo. In: paul-di-filippo.com. 23. April 2009, archiviert vom am 12. September 2016; abgerufen am 11. September 2016 (englisch).
- Michael Quinion: World Wide Words: Biopunk. 1997, abgerufen am 26. Januar 2007.
- This Just In...News from The Agony Column. In: Trashotron.com. Abgerufen am 28. November 2008.
- Andrew Liptak: Paolo Bacigalupi's „Ship Breaker“ imagines the polluted future of the Gulf Coast. 2010, abgerufen am 20. Juni 2015.
- White Devils by Paul McAuley – an infinity plus review. In: Infinityplus.co.uk. Abgerufen am 28. November 2008.
- Lev Grossman: The Windup Girl by Paulo Bacigalupi. In: Time. 8. Dezember 2009, abgerufen am 29. Oktober 2010.
- Shiwei Huang, Biochemistry Major's Slide
- BLAME ! DE NIHEI TSUTOMU. In: cinemasie.com. Abgerufen am 17. September 2016.
- Science at the Movies: Gattaca University of Toronto, abgerufen am 3. Juni 2021.
- Josh Evans: What Is Biopunk? In: ScienceFiction.com. 18. September 2011, abgerufen am 17. September 2016.
- Marcus Wohlsen: Biopunk: Solving Biotech's Biggest Problems in Kitchens and Garages. In: Current Hardcover. 2011, ISBN 1-61723-002-2 (google.de).
- NEUROETHICS | The Narrative Perspectives. In: Neuroethics.upenn.edu. Archiviert vom am 31. Mai 2008; abgerufen am 28. November 2008.
- Science Fiction News of the Week. In: Scifi.com. Archiviert vom am 6. März 2008; abgerufen am 28. November 2008.
- Daniel Moore: Review: Automata. In: NeonDystopia. 29. Januar 2015, abgerufen am 17. September 2016.
- Kerem Akça: Duyusal, bedensel ve romantik. In: Haberturk. 2013, abgerufen am 17. September 2016.
- Acherontia Styx: Antiviral 2012. In: Mean Goblin Magazine. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Juli 2014; abgerufen am 17. September 2016.
- Biopunk Dystopias Genetic Engineering, Society and Science Fiction. 2014, archiviert vom am 4. März 2016; abgerufen am 17. September 2016.
- Sharon Lynn Fisher dishes on the Sci-Fi Fantasy of BioPunk. 30. April 2014, archiviert vom am 16. September 2016; abgerufen am 17. September 2016.
- Daniel Moore: Review: Orphan Black – Season 1. In: NeonDystopia. 9. Februar 2015, abgerufen am 17. September 2016.
- Biohackers bei Netflix, abgerufen am 3. Juni 2021.