Bildnis der Ginevra de’ Benci
Das Bildnis der Ginevra de’ Benci ist ein Gemälde des italienischen Renaissancekünstlers Leonardo da Vinci (1452–1519). Es wird um 1474 bis 1478 datiert und befindet sich im Bestand der National Gallery of Art in Washington D.C.
Bildnis der Ginevra de’ Benci |
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Leonardo da Vinci, 1474–1478 |
Öl auf Holz |
43 × 37 cm |
National Gallery of Art, Washington D.C. |
Das Werk
Das Bild gehört zu Leonardos frühesten Versuchen mit dem damals neuen Medium der Ölfarbe. Die sorgfältige Darstellung der Natur und die feine Dreidimensionalität des Gesichts zeigen schon deutlich den neuen Naturalismus, mit dem Leonardo die Renaissancemalerei später veränderte. Die abgebildete Person ist mit allmählich ineinander übergehenden Farbabstufungen und Schatten dargestellt, nicht durch Linien und abrupte Übergänge von Farbe oder Licht.[1]
Es wird vermutet, dass das Gemälde im unteren Teil beschnitten wurde;[2] möglicherweise wurden auch einige Zentimeter des rechten Bildrandes entfernt. Eine erhaltene Zeichnung Leonardos könnte darauf hindeuten, dass die Person einen kleinen Zweig, eventuell eine Blume in den Händen trug.[3] Ginevras Gesicht wird durch die Blätter eines Wacholderstrauches umrahmt. Möglicherweise ist die Wahl dieser Pflanze ein Wortspiel mit dem Namen „Ginevra“: Eine italienische Bezeichnung für Wacholder ist „Ginepro“.
Auf der Rückseite der Holztafel ist, umgeben von einem Lorbeerzweig und einem Palmblatt, ein Spruchband angebracht: VIRTVTEM FORMA DECORAT (deutsch: „die Gestalt schmückt die Tugend“ oder freier übersetzt „Schönheit erhöht den Glanz der Tugend“).[4]
Geschichte
Die dargestellte Person Ginevra de’ Benci (1457–1520) war die Tochter eines wohlhabenden Florentiner Bankiers. Ihr Porträt wurde wahrscheinlich zur Zeit ihrer Eheschließung mit dem Kaufmann Luigi Niccolini (* um 1440) in Auftrag gegeben. Ginevra war damals sechzehn Jahre alt.[5]
Es ist ungeklärt, ob sich das Bild jemals im Besitz der Familie de’ Benci befunden hat. Seit dem 17. oder 18. Jahrhundert befand es sich in der Sammlung des Fürstenhauses von Liechtenstein. Von Franz Josef II. von Liechtenstein erwarb es die National Gallery of Art in Washington D.C. im Jahr 1967 für 5 Millionen US-Dollar aus den Mitteln des Ailsa Mellon Bruce Fonds.[6]
Damit war das Bildnis der Ginevra de’ Benci das bis dahin am teuersten verkaufte Gemälde.
Literatur
- Martin Kemp: Leonardo. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56821-3
- Ingeborg Walter, Roberto Zapperi: Das Bildnis der Geliebten: Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian. C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55502-2
- Charles Nicholl: Leonardo da Vinci – Die Biographie. S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-10-052405-8
- Carlo Pedretti: Leonardo; a study in chronology and style. University of California Press, Berkeley 1973, ISBN 0-520-02420-6
- Kia Vahland: Leonardo da Vinci und die Frauen – Eine Künstlerbiographie. Insel-Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-458-17787-6
Weblinks
- „Portrait der Ginevra de' Benci“ auf der Webseite des National Gallery of Art, englisch, abgerufen am 12. Juni 2011
- Bildnis der Ginevra de’ Benci bei Zeno.org.
- BENCI, Ginevra. In: Enciclopedia on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom. Abgerufen am 6. Juni 2022.
Einzelnachweise
- Christiane Kruse, Felix Thürlemann: Porträt – Landschaft – Interieur. In: Literatur und Anthropologie, Band 4, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999, S. 228 f, ISBN 978-3-8233-5703-2
- Andreas Beyer: Das Porträt in der Malerei. Hirmer Verlag, München 2002, S. 72, ISBN 978-3-7774-9490-6
- Barbara Hüttel, Richard Hüttel, Jeanette Kohl (Hrsg.): Re-Visionen – zur Aktualität von Kunstgeschichte. Akademie Verlag, Berlin 2002, S. 63 f, ISBN 978-3-05-003597-0
- Besonders zur Rückseitenbemalung Christiane J. Hessler: Zum Paragone. Malerei, Skulptur und Dichtung in der Rangstreitliteratur des Quattrocento. De Gruyter Verlag, Berlin, 2014, S. 477–625, ISBN 978-3-05-006100-9
- Walter/Zapperi S. 45
- Walter/Zapperi S. 57