Bernhard Strasser

Leben

Paul Strasser als Zwei­jähriger zusammen mit dem älteren Bruder Gregor (1897)

Paul Strasser war das zweite von fünf Kindern des bayerischen Staatsbeamten Peter Strasser (1855–1928) und seiner Ehefrau Pauline Strobel (1873–1943). Zu seinen Geschwistern zählten die Politiker Gregor Strasser (1892–1934) und Otto Strasser (1897–1974). Nach dem Schulbesuch nahm Paul Strasser von 1915 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil.

Nach seiner Heimkehr aus dem Krieg trat Strasser 1919 oder 1920 in das bayerische Benediktinerkloster Metten ein und nahm den Ordensnamen Bernhard an. In den folgenden Jahren studierte er Theologie an den Universitäten München und Würzburg. Nachdem er 1923 zum Priester geweiht worden war, wurde er ab 1924 als Seelsorger in den vom Kloster betreuten Pfarreien und als Präfekt im Internat des Klosters eingesetzt.

An der politischen Tätigkeit seiner Brüder Gregor und Otto, die bis in die frühen 1930er Jahren zu den führenden Persönlichkeiten der NSDAP gehörten, hatte Bernhard Strasser nur am Rande und meist nur als Beobachter Anteil. Er lieferte als Zeitzeuge jedoch später zahlreiche Informationen und Einschätzungen über mögliche verborgen gebliebene Ansichten, Handlungen und politische Bestrebungen seiner Brüder. Seine – stark persönlich eingefärbten und früher bisweilen zu unkritisch herangezogenen – Erinnerungen werden daher von Historikern genutzt, um die frühe Geschichte der NSDAP zu erforschen.

Während Strassers älterer Bruder Gregor im Rahmen der Röhm-Affäre im Frühsommer 1934 von SS-Männern erschossen wurde und sein jüngerer Bruder Otto als Führer der von den NS-Behörden verbotenen „Schwarzen Front“ im Mai 1933 in die Emigration gegangen war, floh Strasser selbst im Juli 1935 aus Deutschland. Zuvor hatten sich Hinweise gehäuft, dass die Gestapo sich für ihn interessierte, wobei unklar blieb, ob er aufgrund seiner Verwandtschaft zu Gregor und Otto Strasser ins Visier der Geheimpolizei geraten oder aufgrund seiner Betätigung als Priester negativ aufgefallen war. Es gibt Vermutungen, dass der als antiklerikal bekannte nationalsozialistische Aufhauser Bürgermeister Franz Xaver Froschhammer an Denunziationen gegen Strasser beteiligt war.[1] Nach kurzen Aufenthalten in Österreich, der Schweiz und Frankreich lebte Strasser zunächst in einer Benediktinerabtei in Luxemburg. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging er nach Frankreich. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs floh Strasser – nachdem er kurzzeitig in Le Havre als vermeintlicher deutscher Spion verhaftet worden war – nach Portugal. Dort verhalf er seinem zu dieser Zeit ebenfalls in dem Land untergetauchten Bruder Otto zu einem Versteck in einem Kloster. Aus Portugal siedelte Bernhard Strasser im Herbst 1940 in die Vereinigten Staaten von Amerika über.

Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Bernhard Strasser Ende der 1930er Jahre als wichtige Zielperson eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte ihn das Reichssicherheitshauptamt in Berlin, das ihn irrtümlich in Großbritannien vermutete, auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[2]

In den USA war Strasser bis 1950 als Lehrer im Benediktinerkloster St. John in Collegeville im US-Bundesstaat Minnesota tätig. Anschließend wirkte er als Pfarrer in Primrose (1950–1963) und St. Henry’s Church, Howell (Nebraska) (1963–1968). Von 1968 bis zu seinem Tod war er Hausgeistlicher im St. Joseph’s Nursing Home in Norfolk (Nebraska).

In der frühen Nachkriegszeit beteiligte Bernhard Strasser sich von den Vereinigten Staaten aus an den erfolglosen Versuchen seines Bruders Otto, eine katholische Volkspartei in Westdeutschland aufzubauen.[3] In Deutschland veröffentlichte Strasser ein Erinnerungsbuch über seine Brüder. Außerdem korrespondierte er mit prominenten Personen der Zeitgeschichte wie Heinrich Brüning[4] und Historikern wie Udo Kissenkoetter.

Schriften

Literatur

  • Ein Leben im Schatten der Sippenhaft. P. Bernhard Strasser, der Bruder von Gregor Strasser, 70 Jahre alt, in: Straubinger Tagblatt vom 21. März 1965
  • Michael Kaufmann: Memento mori. Zum Gedenken an die verstorbenen Konventualen der Benediktinerabtei Metten seit der Wiedererrichtung 1830 (= Entwicklungsgeschichte der Benediktinerabtei Metten, V. Teil), Metten 2008, S. 434f.

Einzelnachweise

  1. Rudolf Neumaier: Karl Valentins Heldentat. In: Süddeutsche Zeitung, 9. April 2013, abgerufen am 4. Mai 2017.
  2. Eintrag zu Strasser auf der Sonderfahndungsliste G.B. (Wiedergabe auf der Website des Imperial War Museums in London).
  3. Robert Edgar Cazden: The Free German and Free Austrian Press and Booktrade in the United States, 1965, S. 50.
  4. John Hellman: The Communitarian Third Way. Alexandre Marc's Ordre Nouveau, 1930–2000, 2002, S. 58.
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