Bernhard Krötz

Bernhard Johann Krötz (* 1970 in Weißenburg in Bayern) ist ein deutscher Mathematiker und Hochschullehrer an der Universität Paderborn.

Leben und Werk

Krötz studierte Mathematik, erwarb das Diplom 1995 und promovierte 1998 in Erlangen bei Karl-Hermann Neeb, dann arbeitete er kurz in Clausthal-Zellerfeld, ging 1998/99 an die Ohio State University und wurde 2003 Assistant Professor an der University of Oregon. Die Habilitation erfolgte 2001 an der Technischen Universität Darmstadt. Nach einer Zeit als Heisenberg-Stipendiat von 2004 bis 2007 wurde er Forscher am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn bis 2009. Die Leibniz Universität Hannover berief ihn 2009 zum Professor, darauf 2012 die Universität Paderborn auf eine W3-Professur.[1]

Die Publikationen zeigen die frühe Befassung mit Lie-Gruppen. Seine Forschung in Paderborn betrifft reelle sphärische Räume als die natürlichen homogenen Geometrien, welche zu einer reellen reduktiven Gruppe assoziiert sind. Die affinen Fälle werden klassifiziert sowie neue Methoden und eine Sprache entwickelt. Es ist gelungen, die fundamentale Bernstein-Zerlegung zu formulieren und zu beweisen. Das Ziel ist die vollständige Frequenzanalyse (Plancherel-Theorem) dieser geometrischen Objekte.[2]

Krötz erhielt zahlreiche Auszeichnungen:

Kritik am deutschen Mathematikunterricht

Krötz kritisiert in den 2020er Jahren den deutschen Mathematikunterricht in Videovorträgen auf Youtube. Anfang des Jahres 2023 erlangte er besondere Aufmerksamkeit mit einem YouTube-Clip, in dem er die Leistungen deutscher Realschüler mit den Anforderungen der Joint Entrance Examination (JEE) vergleicht.[4] Die JEE ist ein Test, um an einer der Ingenieurhochschulen in Indien aufgenommen zu werden. An der Hauptprüfung nahmen 2022 1,5 Millionen Jugendliche teil, nur die besten 400.000 wurden zum zweiten Teil zugelassen. Taschenrechner sind während der Prüfung verboten. In diesem Test geht es vor allem um Mathematik – auch bei den Physik- und Chemiefragen. Nur 10.000 Teilnehmer lösen über 50 % der Aufgaben korrekt, denen ein Platz an den Elitehochschulen des Landes sicher ist. Dem stellt Krötz den neuen Kernlehrplan Mathematik für die Sekundarstufe II in NRW gegenüber. Die mathematischen Ziele sind nach Krötz nicht anspruchsvoll genug, zudem würden nun sogenannte geschlechtersensible Themen und interkulturelle Bildung zu Themen im Mathematikunterricht. Die vielen Textaufgaben schadeten vor allem den Kindern aus bildungsfernen Schichten. „Bildung für alle klingt gut, aber das Versprechen wird nicht eingehalten.“ Universitäten sollten Aufnahmeprüfungen durchführen.[5] Das Video wurde innerhalb von vierzehn Tagen über 200.000-mal abgerufen.

Das Schulministerium in NRW reagierte so: „Die gymnasiale Oberstufe zielt auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife ab, die ein Studium an einer Universität in allen Fächern ermöglicht. Daher sind in allen Fächern und in allen fachlichen Zusammenhängen, auch in Mathematik und in den Naturwissenschaften, die wissenschaftlichen Arbeitsweisen in der gymnasialen Oberstufe exemplarisch zu vermitteln. Die Fächer der Schulen bilden nicht die wissenschaftlichen Disziplinen der Universitäten ab.“[6] Für die Prüfung in Indien werden zudem spezielle Vorbereitungskurse belegt.

Krötz weitete seine Kritik auf die Schulbücher aus: „Auf jeder Seite mindestens ein gruseliger Fehler, unsaubere Begriffsbildung, Versprachlichung mit sperrigen Textgebilden, kein roter Faden und schließlich das Auslassen von Beweisen. Später habe ich mir in der Uni-Bibliothek die meisten neueren Schulbücher angesehen und mein Eindruck wurde bestätigt.“ Stattdessen empfiehlt er die Verwendung alter DDR-Lehrbücher: „In diesen Lehrbüchern ist ein wissenschaftlicher Ansatz vorhanden und sie sind propädeutisch ausgerichtet. Unsere heutigen Lehrbücher sind in die inhaltsleere Kompetenzorientierung einbalsamiert.“[7] Damit sind insbesondere die gegenwärtigen bundesdeutschen Mathematikdidaktiker herausgefordert. Des Weiteren hält er die Lehrerausbildung für unpassend, möchte eine Abiturientenquote von nur 20 % eines Jahrgangs und zurück zum „viergliedrigen“ Schulsystem.

Schriften (Auswahl)

  • (mit Ólafsson) The c-function for non-compactly causal symmetric spaces. In: Invent. Math. 149 (2002), no. 3, 647–659.
  • (mit Gindikin und Ólafsson) Holomorphic H-spherical distribution vectors in principal series representations. In: Invent. Math. 158 (2004), no. 3, 643–682, mit Erratum 683–684
  • (mit Stanton) Holomorphic extensions of representations. I. Automorphic functions. In: Ann. of Math. (2) 159 (2004), no. 2, 641–724.
  • (mit Stanton) Holomorphic extensions of representations. II. Geometry and harmonic analysis. In: Geom. Funct. Anal. 15 (2005), no. 1, 190–245.
  • Domains of holomorphy for irreducible unitary representations of simple Lie groups. In: Invent. Math. 172 (2008), no. 2, 277–288.
  • (mit Opdam) Analysis on the crown domain. In: Geom. Funct. Anal. 18 (2008), no. 4, 1326–1421.
  • (mit Knop und Schlichtkrull) The tempered spectrum of a real spherical space. In: Acta Math. 218 (2017), no. 2, 319–383.
  • (mit Kuit, Opdam und Schlichtkrull) The infinitesimal characters of discrete series for real spherical spaces. In: Geom. Funct. Anal. Band 30, 2020, S. 804–857. arXiv 1711.08635 .
  • (mit Delorme, Knop und Schlichtkrull) Plancherel theory for real spherical spaces: Construction of the Bernstein morphisms. In: J. Amer. Math. Soc. 34 (2021), no. 3, 815–908.

Einzelbelege

  1. Bernhard Krötz – CV. Abgerufen am 8. März 2023.
  2. Mathematik – Forschung (Universität Paderborn). Abgerufen am 12. März 2023.
  3. Jessica Lumme: Mathematikprofessor Bernhard Krötz erhält Grant des Europäischen Forschungsrates. In: Informationsdienst Wissenschaft e. V. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Leibniz Universität Hannover, 12. November 2010, abgerufen am 17. März 2023.
  4. Max Müller: Mathe-Professor nimmt deutsches Abitur auseinander: „Dafür wird man in Indien belächelt“. In: merkur.de. zitiert nach msn, 17. März 2023, abgerufen am 17. März 2023.
  5. Schulmathematik: Vergleich Indien-NRW auf YouTube, abgerufen am 8. März 2023.
  6. Mathe in NRW: „Geschlechtersensible Bildung“ und „Werteerziehung“ anstatt Rechnen. Abgerufen am 9. April 2023.
  7. »Bildung nach Kennziffern ist nicht möglich«. overton magazin, 3. April 2023, abgerufen am 6. April 2023.
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