Berner-Oberland-Bahn

Die Berner-Oberland-Bahn (abgekürzt: BOB, Eigenschreibweise durch das Unternehmen: Berner Oberland-Bahn[1]) ist eine Schmalspurbahn im Berner Oberland in der Schweiz. Diese Meterspurbahn wurde am 1. Juli 1890 eröffnet und am 17. März 1914 elektrifiziert. Sie führt von Interlaken Ost über Zweilütschinen nach Grindelwald (R61) und Lauterbrunnen (R62).

Berner-Oberland-Bahn
Zug in Interlaken
Zug in Interlaken
Streckennummer (BAV):311 (Interlaken Ost–Zweilütschinen–Lauterbrunnen)
312 (Zweilütschinen–Grindelwald)
Fahrplanfeld:311, 312
Streckenlänge:23.69 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:1500 V =
Maximale Neigung:Adhäsion 27 
Zahnstange 120 
Zahnstangensystem:Riggenbach, Von Roll
Interlaken–Lauterbrunnen/Grindelwald
−0,18 Interlaken Ost 567 m ü. M.
Anschluss zu ZB-Brünig und BLS (Rollschemelanlage)
Matten bei Interlaken 587 m ü. M.
3,24 Wilderswil
Anschluss zur SPB
584 m ü. M.
Buechi Umler (107 m)
5,51 Umler 633 m ü. M.
Lehne Auenwald (111 m)
8,20 Zweilütschinen 652 m ü. M.
Depot und Werkstätte
9,37 Beginn Zahnstange
10,42 Sandweid Ende Zahnstange 725 m ü. M.
11,56 Beginn Zahnstange
12,30 Lauterbrunnen 795 m ü. M.
Anschluss zur WAB und Luftseilbahn Grütschalp
            
            
Buechi (708 m / 60 m)
            
Buechiwanggalerie (108 m)
            
12,13 Lütschental 714 m ü. M.
12,24 Beginn Zahnstange
14,14 Ende Zahnstange
14,45 Burglauenen 896 m ü. M.
16,76 Schwendi bei Grindelwald 920 m ü. M.
17,74 Beginn Zahnstange
17,89 Grindelwald Terminal (seit 2019)
Seilbahn Eigergletscher / Gondelbahn Männlichen
946 m ü. M.
               
19,21 Grindelwald Ende Zahnstange
Anschluss zur WAB
1034 m ü. M.

Die Bahn gehört zusammen mit der Schynigen Platte-Bahn (SPB) zur Berner Oberland-Bahnen AG, einer Aktiengesellschaft. Die amtlichen Initialen BOB gelten für das Unternehmen also auch für die SPB.

Strecke

Bahnhof Burglauenen

Der Streckenverlauf entspricht einem Ypsilon und beginnt am Bahnhof Interlaken Ost, wo Anschlüsse zur normalspurigen BLS und zur meterspurigen Brünigstrecke der Zentralbahn bestehen. Zwar bestehen in Interlaken Ost Gleisverbindungen zur Zentralbahn, wegen den unterschiedlichen Fahrdrahtspannungen benutzt aber jede Gesellschaft separate Gleise. Die Strecke führt zunächst über Wilderswil nach Zweilütschinen. In Wilderswil beginnt im Bahnhof die Schynige Platte-Bahn (SPB), in Zweilütschinen teilt sich die Strecke nach Grindelwald und Lauterbrunnen. Auf der Strecke nach Lauterbrunnen befinden sich zwei Zahnstangenabschnitte, die Maximalsteigung beträgt hier 96 ‰.

Vereinfachtes Höhenprofil der Strecken

In Richtung Grindelwald liegt der erste Zahnstangenabschnitt auf ganzer Länge zwischen den Bahnhöfen Lütschental und Burglauenen mit einer Maximalsteigung von 120 ‰. Der zweite befindet sich auf den letzten 1,5 km vor dem Bahnhof Grindelwald. In Grindelwald und Lauterbrunnen besteht eine Umsteigemöglichkeit zur Wengernalpbahn (WAB) nach Wengen und auf die Kleine Scheidegg. In Lauterbrunnen liegt neben dem Bahnhof die Talstation der Bergbahn Lauterbrunnen–Mürren (BLM).

2015 wurde eine Neutrassierung zwischen Zweilütschinen und Lüschental mit dem 708 m langen Buechi-Tunnel in Betrieb genommen.

Unterhalb Grindelwald wurde 2018 mit dem Bau einer neuen Station Grindelwald Terminal begonnen. Seit Dezember 2019 ist da der Umstieg zur neuen V-Bahn der Luftseilbahnen Männlichenbahn und Eiger-Express möglich.[2]

Am 10. Dezember 2023 wurde der neue Bahnhof Matten bei Interlaken eröffnet, der zwischen den Bahnhöfen Interlaken Ost und Wilderswil liegt.[3]

Ein Förderer der BOB war der Grindelwalder „Gletscherpfarrer“ Gottfried Strasser.

Technische Normen

Bei der Planung der Strecke richtete man sich nach der bei der Brünigbahn und später auch der Luzern-Stans-Engelberg-Bahn verwendeten Spurweite von 1000 mm und dem Zahnstangensystem Riggenbach, so dass es möglich ist, Rollmaterial auszutauschen. Wegen der unterschiedlichen Fahrdrahtspannungen, die Zentralbahn verwendet wie die SBB das Einphasenwechselstromsystem mit 15 kV und 16,7 Hz, gilt das nur noch für die Wagen und die thermischen Triebfahrzeuge. Bei der Elektrifizierung der Brünigbahn übernahmen die SBB die Heizspannung von der BOB. Sie beträgt 1500 statt 1000 Volt wie bei den Normalspurwagen der SBB. Zudem wurde darauf geachtet, dass die Vielfachsteuerleitung der Wagen mit den fremden Triebfahrzeugen funktioniert. Im Regelbetrieb verkehren keine durchgehenden Wagen oder Züge mehr.

Beim Ersatz von verschlissenen Riggenbach-Zahnstangen kommt das kompatible System Von Roll zum Einsatz.[4] Seit Ende 2017 wird ganzjährig ein Halbstundentakt angeboten.

Farben

  • Von Beginn an bis etwa im Jahre 1985 war das Rollmaterial der BOB in creme/braun lackiert.
  • Ab etwa 1985 wurden die Fahrzeuge beige/braun umlackiert.
  • Ab 2004 bekamen die Fahrzeuge ihre aktuelle gelb/blaue Lackierung, die die Gletscher und Sonne symbolisieren soll.[5]

Betrieb

Flügelzug auf der Fahrt nach Inter­laken. Der vordere Triebzug kommt aus Grindelwald, der hintere nur knapp sichtbare Zugteil aus Lauterbrunnen.

Die Strecke der Berner Oberland-Bahn wird von Regios bedient, die im Halbstundentakt als Flügelzüge verkehren. Die Züge verlassen den Bahnhof Interlaken Ost mit zwei zusammenhängenden Zugsteilen, die in Zweilütschinen geflügelt werden: Der vordere Teil fährt als Regio 62 nach Lauterbrunnen, der hintere als Regio 61 nach Grindelwald.[6][7] In der Abfahrtstabelle des Bahnhofs Interlaken Ost sind die Flügelzüge als zwei eigenständige Züge eingetragen, die zwar auf demselben Gleis, aber in unterschiedlichen Sektoren abfahren.[8]

Der inzwischen eingestellte Güterverkehr mit Rollschemeln der Brünigbahn war nur auf den Adhäsionsstrecken, d. h. zwischen Interlaken Ost und Lütschental, zulässig. Für den Gütertransport nach Grindelwald und Lauterbrunnen waren neben den üblichen gedeckten und offenen Güterwagen auch Behältertragwagen und Kesselwagen vorhanden.

Im Jahre 2017 wurden sechs neue Triebzüge ABDeh 8/8 (321–326) von Stadler Rail abgeliefert, sowie drei weitere Gelenksteuerwagen (431–433) analog den Triebzügen. Durch die neuen Triebzüge wurden alle älteren Triebwagen ersetzt, wobei die ABeh 4/4 II (311−313) als Reserve erhalten blieben und bezüglich Kupplung und Vielfachsteuerung den neuen Triebzügen angepasst wurden. Des Weiteren wurden bis auf fünf Stück alle bisherigen Zwischen- und Steuerwagen ersetzt. Die fünf verbleibenden Wagen wurden ebenso wie die fünf bestehenden Gelenksteuerwagen technisch angepasst.

Ende März 2022 bekam Stadler Rail den Zuschlag, sechs weitere neue Triebzüge ABeh 4/8 im Jahre 2025 zu liefern.[9] Im Januar 2024 wurden weitere vier Triebzüge dazu bestellt.[10]

Unfälle

Am 30. Juni 1928 wurde nach einem Gewitter eine kleine Eisenbahnbrücke zwischen Wilderswil und Zweilütschinen weggerissen. Ein Zug stürzte teilweise in den Wildbach; eine Person starb, 13 wurden verletzt.[11]

Am 7. August 2003 stiessen zwei Personenzüge zwischen Wilderswil und Zweilütschinen zusammen. Ein Passagier wurde schwer verletzt und starb danach im Spital, 63 erlitten leichte Verletzungen. Der Triebfahrzeugführer des nach Interlaken fahrenden Zuges hatte beim Übergang vom Doppelspur- auf den Einspurabschnitt das Halt zeigende Signal übersehen.[12] Als der Triebfahrzeugführer dies bemerkte, hielt er den Zug sofort an. Inzwischen war jedoch der von Wilderswil kommende Gegenzug in den Einspurabschnitt gefahren. Die Strecke war noch nicht mit einer Zugsicherung ausgerüstet, der Einbau von ZSI-127 war jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls bereits im Gang.[13]

Fahrzeugpark

Triebfahrzeuge

Aktuelle und ehemalige Fahrzeuge der Berner-Oberland-Bahn:

Bezeichnung Hersteller Baujahr Stück-
zahl
Verbleib Bemerkungen Bild
Serie Nummer
Dampflokomotiven
HG 3/3 1–6 SLM 1890, 1893 6 Nr. 2 und 4: 1914 an ChA
Nr. 1, 3, 6: an MCL in Italien
vor Verkauf nach Italien umgespurt
auf 950 mm
Nr. 5 fahrdrahtunabhängige Reserve bis 1956
HG 3/3 7–10 1906–1910 4 1915–1917 nach Italien verkauft vor Verkauf nach Italien umgespurt
auf 950 mm
HG 2/2 11 „Eiger 1893 1 1947 1914 Zahnradantrieb ausgebaut,
Rangierlok in Interlaken Ost
Elektrolokomotiven
HG3 3/3 21–29 SLM/MFO/BBC 1914/15,
Nr. 29: 1926
9 Nr. 24 ausgestellt in Zweilütschinen
Nr. 26: 1983 an Schenker Bern
Nr. 29: 2013 an Museumsbahn
Blonay–Chamby
Nr. 26 im Bahnmuseum Kerzers-Kallnach[14]
(unvollständig) erhalten
Triebwagen und Triebzüge
ABDeh 4/4 301–303 SLM/BBC 1949 3 Nr. 301, 303: abgebrochen
Nr. 302: Depot Zweilütschinen
Nr. 301: 1988 an MIB vermietet
Nr. 302: ex Dienstfahrzeug
ABeh 4/4 I 304–310 SIG/SLM/BBC 1965, 1979 7 Nr. 309: 1990 an BZB
Nr. 304: Dienstfahrzeug
Nr. 310: erhalten
alle anderen abgebrochen
Nr. 305: 2003 Kollision Gsteigwiler, repariert
ABeh 4/4 II 311–313 SLM/BBC 1986 3 Nr. 311–313: 2019 als Ersatzfahrzeuge für
Triebzüge umgebaut
Nr. 313: 2003 Kollision Gsteigwiler, an-
schliessend repariert
ABDeh 8/8 321–326 Stadler Bussnang 2017 6
ABeh 4/8 331–340 Stadler Bussnang 2025–2027 10
Thermische Lokomotive
HGm 2/2 31 Steck/Deutz/SLM 1985 1

Reisezug- und Gepäckwagen

Ersatzzüge

Fällt ein ABDeh 8/8 beispielsweise wegen einer Fahrzeugstörung aus, wird dafür ein Triebwagen ABeh 4/4 II zusammen mit einem Niederflurgelenksteuerwagen eingesetzt. Ein untauglicher Niederflurgelenksteuerwagen wird durch den Steuerwagen ABt 414 oder 415 mit einem oder zwei klassischen Reisezugwagen ersetzt.

Historische Fahrzeuge

Historische Fahrzeuge der Berner-Oberland-Bahn siehe Kapitel Aktuelle und ehemalige Fahrzeuge.

Weitere historische Fahrzeuge befinden sich bei folgenden Organisationen:

Literatur

  • Hans Häsler: Die Berner-Oberland-Bahnen. Minirex AG, Luzern, ISBN 3-907014-04-9.
  • Berner Oberland-Bahn (Hrsg.): Die einstigen Dampflokomotiven der Berner Oberland-Bahn. Ohne Verlag, Interlaken
  • Theo Stolz: Die Triebfahrzeuge der Bahnen der Jungfrauregion. Eigenverlag 1986, ISBN 3-907976-04-5
  • Wolfgang Finke: Die Fahrzeuge der Jungfraubahnen 1. Ein Buch auf DVD, Verlag tram-tv, Köln 2010, ISBN 978-3-9813669-2-1.
  • E. Strub: Berner Oberland-Bahnen mit besonderer Berücksichtigung der schweiz. Zahnradbahnen mit Reibungsstrecken. In: Schweizerische Bauzeitung (SBZ). (archiviert in E-Periodica der ETH-Bibliothek):
    Teil I. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 8 (PDF, 1,8 MB)
    Teil II. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 9 (PDF, 3,7 MB)
    Teil III. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 11 (PDF, 1,5 MB)
    Teil IV. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 12 (PDF, 3,3 MB)
    Teil V. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 13 (PDF, 2,4 MB)
    Teil VI. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 14 (PDF, 3,1 MB)
    Teil VII. In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 16 (PDF, 1,8 MB)
    Teil VIII. (Schluss). In: SBZ, Band 25 (1895), Heft 17 (PDF, 3,8 MB)
  • 100 Jahre BoB-HGe 3/3, Sonderausgabe von Semaphor, 2014 (PDF)
Commons: Berner-Oberland-Bahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Berner Oberland-Bahn (BOB). (Memento vom 25. September 2018 im Internet Archive) Auf: www.jungfrau.ch, abgerufen am 7. Oktober 2018
  2. Umbruch im Berner Oberland. In: eisenbahn-magazin. Nr. 10, 2018, ISSN 0342-1902, S. 30.
  3. Zusatzzüge, neue Haltestelle und ein Shuttle. In: Jungfrauzeitung. 1. Dezember 2023, abgerufen am 26. Dezember 2023.
  4. Fritz Balmer: Aus Unfalltief zu Frequenzhoch. Generalversammlung der Berner Oberland-Bahnen AG. In: Jungfrau Zeitung, 17. Juni 2004
  5. Jungfrau Zeitung: BOB fährt mit neuem Design in die Zukunft. Abgerufen am 10. September 2020.
  6. 311 Interlaken - Lauterbrunnen - Wengen - Kleine Scheidegg - Jungfraujoch. In: Offizielles Kursbuch, Fahrplanjahr 2021
  7. 312 Interlaken - Grindelwald - Kleine Scheidegg - Jungfraujoch. In: Offizielles Kursbuch, Fahrplanjahr 2021
  8. Abfahrtsplakat Interlaken Ost. (Haltestelle anpassen: „Interlaken Ost“ eingeben). Auf Fahrplanauskunft, Stand: 11. November 2021.
  9. Jungfrau Bahnen: BOB: Neues Rollmaterial für weitere Verlagerung von der Strasse auf die Schiene. Abgerufen am 14. Mai 2022.
  10. Tagesanzeiger: Stadler Rail erhält Bestellung für weitere Züge. Abgerufen am 25. Februar 2024.
  11. Eisenbahnunglück im Berner Oberland. (PDF; 370 kB) In: Liechtensteiner Volksblatt. 3. Juli 1928, S. 3, abgerufen am 20. Oktober 2013.
  12. https://www.sust.admin.ch/inhalte/BS/4020340.pdf
  13. Frontalkollision zweier BOB-Züge in Gsteigwiler. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 10. Minirex, 2003, ISSN 1022-7113, S. 470–471.
  14. Bahnmuseum-Kerzers-Kalnach, unsere Loks, BOB 26 (Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive), abgerufen am 17. Februar 2014
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