Bergprivileg
Als Bergprivileg,[1] Bergbauprivileg,[2] Berg-Privileg[1] oder Bergbau-Privileg[3] werden verschiedene Sonderstellungen für den Bergbau bezeichnet.[2] Die Gewährung von Vorrechten sollte den Bergbau voranbringen. Sie waren in fast allen europäischen Staaten, in denen Bergbau getrieben wurde, vorhanden.[4] Mit der Privatisierung des Bergbaus wurden die Privilegien für den Bergbau eingestellt.[5]
Grundlagen und Geschichte
Der erhöhte Bedarf an Metallen, insbesondere Edelmetallen wie Silber, erforderte im Laufe des zweiten Jahrtausend in den einzelnen Staaten eine immer größer werdende Zahl an Bergleuten.[6] Diese Facharbeiter waren in vielen Staaten gesucht.[7] Um genügend Bergleute zur Gewinnung der Bodenschätze ins Land zu holen, wurden in den jeweiligen Ländern Bergfreiheiten erlassen.[8] Aufgrund derer wurden die Bergleute, die Gewerken und die Städte, in denen Bergbau stattfand, mit Sonderrechten ausgestattet.[4] Diese Privilegien waren je nach Region unterschiedlich ausgestattet.[2] Die Wichtigkeit der Bergleute in der damaligen Zeit und ihre besondere Stellung ist im Schwazer Bergbuch zum Bergbau im mittleren 16. Jahrhundert bei Schwaz (Tirol) zu lesen:
„Die Bergleute sind besondere Personen, weil sie die verborgenen Schätze und Gottesgaben aufsuchen und erbauen. Sie müssen daher auch besondere Gaben, Rechte, Freiheiten und Gerichte haben.“[9]
Allerdings lockten die Bergbauprivilegien auch Personen wie Tagelöhner oder gewöhnliche Handwerker, die keine Erfahrung in der bergmännischen Arbeit hatten, an, was letztendlich zu einer mangelhaften Bearbeitung der Lagerstätten führte.[10] Die Tätigkeiten der im Bergbau tätigen Handwerker wurden von den staatlichen Bergbeamten mit großem Argwohn betrachtet und sehr kritisch bewertet.[11] Die Verschuldung der Bergwerksbetreiber führte im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts letztendlich zu einer weitgehenden Verstaatlichung des Bergbaus und zur Einschränkung eines Teils der bis dahin geltenden Bergprivilegien.[8] In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der staatliche Bergbau privatisiert und das bis dahin geltenden Direktionsprinzip durch das Inspektionsprinzip ersetzt.[12] Für die Bergleute bedeutete dies nach und nach den Verlust aller Privilegien.[5] Aus dem einstigen stolzen Bergknappen wurde ein einfacher Bergarbeiter.[12] Diese Entwicklung führte zum ersten Bergarbeiterstreik und im weiteren Verlauf des Jahrhunderts zur Gründung der ersten Knappenvereine.[5]
Die einzelnen Privilegien
Die Bergbauprivilegien wurden von den jeweiligen Landesherren erteilt.[2] Zudem waren in einigen Ländern auch die Fürstbischöfe berechtigt, für den Bergbau in ihren Ländereien Privilegien zu erteilen.[13] Die Bergprivilegien waren unterteilt in Privilegien für die Städte, in denen Bergbau betrieben werden durfte, in Privilegien für die Bergwerksbetreiber und in Privilegien für die Bergleute.[4] Sie galten nicht im ganzen Land, sondern waren auf einen genau beschriebenen Landesteil beschränkt.[2] Im Laufe der Jahre wurden die einzelnen Bergprivilegien erneuert, erweitert und auf andere Bereiche ausgedehnt,[1] später dann auch eingeschränkt.[8]
Privilegien der Städte
Die Städte, denen die Bergprivilegien verliehen wurden, wurden als Bergstadt bezeichnet.[1] Diese entwickelten sich häufig, bedingt durch den Bergbau, vom Bauerndorf über die Bergmannssiedlung zur Bergstadt.[14] Bergstädte hatten das Recht, auf dem städtischen Territorium Bergwerke und Hüttenbetriebe betreiben zu lassen.[15] Einige Städte, wie beispielsweise die Stadt Kremnitz, erhielten Gebiete im Umland um die Stadt zusätzlich zu den Privilegien geschenkt.[16]
Privilegien der Bergwerksbesitzer
Die Privilegien der Bergwerksbesitzer erlaubten es dem Privilegierten, sich weitere Teilhaber für das Bergwerk, die Gewerken, zu suchen und diese am Bergwerk anteilmäßig zu beteiligen.[2] Die Bergwerksbesitzer hatten das Privileg, dass sie für bestimmte Bergwerksanteile, die als Freikuxe bezeichnet wurden, im Falle von Verlusten des Bergwerks keine Zubuße bezahlen mussten. Wenn das Bergwerk aber Gewinne abwarf, durften die Bergwerksbesitzer die Gewinne der Freikuxe für sich behalten.[17] Auch den Schichtmeister für ihr Bergwerk konnten sich die Bergwerksbesitzer beim Bergamt frei wählen.[18] Zudem hatten sie eine Holzberechtigung[ANM 1] und durften das für ihr Bergwerk erforderliche Holz im nahe gelegenen Wald besorgen.[15] Um die Bergwerke in den Anfangsjahren finanziell zu entlasten, war der Betrieb dieser Bergwerke je nach Bergrevier zwischen einem und zehn Jahren vom Zehnt befreit.[2] Zudem gab es in einigen Bergrevieren bei neu errichteten Berggebäuden für die ersten sechs Jahre neben der Befreiung vom Zehnten auch eine Befreiung vom Quartalgeld und vom Zwanzigsten.[17] Dieser Zeitraum, für den diese Abgabenbefreiung galt, wurde als Freijahre bezeichnet.[19] Ein Privileg war es, dass für den Bergbau und den Hüttenbetrieb vorgesehene Materialien[ANM 2] sowie die Bergwerksprodukte steuer- und zollfrei waren.[4] Ein weiteres Privileg war das Schankrecht, welches im Zusammenhang mit der Bergfreiheit verliehen wurde.[20] Letztendlich unterstanden die Bergwerksbetreiber einer eigenen Gerichtsbarkeit,[2] dem Berggericht.[4]
Privilegien der Bergleute
Eines der ältesten Privilegien der Bergleute[ANM 3] war die Erlaubnis zum Tragen von Waffen.[21] Dies lag darin begründet, dass sie stets von Gefahren für Leib und Leben umgeben waren.[7] So waren die Bergwerke oftmals außerhalb der Stadtmauern und in den Wäldern lebten häufig Raubtiere, sodass die Bergleute ohne Waffen schutzlos gewesen wären.[21] Da die Bergwerke häufig in unwirtlichem Gelände lagen, kam es zudem vor, dass die Bergleute sich und ihre Bergwerke vor zwielichtigen Gestalten schützen mussten.[22] Als Waffe diente den Bergleuten die Bergbarte.[7] Aufgrund von Aufständen wurde den Bergleuten das Tragen von Waffen[ANM 4] durch Regelungen in den alten Bergordnungen wieder verboten.[23] Zudem waren die Bergleute vom Kriegsdienst befreit, sie durften sich jedoch freiwillig dem Landesherrn für den Kriegsdienst zur Verfügung stellen.[7] In einigen Regionen erhielten sie das Waldweiderecht[ANM 5] und durften in bestimmten Bereichen des Waldes ihr eigenes Vieh halten.[8] Sie waren von Frondiensten befreit und erhielten Beihilfen für Bau- und Brennholz.[4] Weitere Privilegien waren das Backen von Brot, das Schlachten von Vieh und das Brauen von Bier.[1] Die Bergleute unterstanden einer eigenen Gerichtsbarkeit,[2] dem Berggericht.[4] Des Weiteren hatten die Bergleute in den Städten freies Geleit und freie Straße, zudem wurde ihnen auch Zollfreiheit auf den Wochenmärkten eingeräumt.[1] Auch waren sie von verschiedenen anderen Abgaben wie z. B. der Personalsteuer und den An- und Abzugsgeldern[ANM 6] befreit.[4] Im Laufe der Jahre kamen weitere Privilegien wie z. B. das Gründen einer eigenen Alters-, Krankheits- und Witwenversorgung, zunächst in Form der Büchsenkasse, später in Form der Knappschaft, hinzu.[24]
Einzelnachweise
- Ferdinand Hautzinger: Der Kupfer- und Silber - Segen des Harzes die natürliche Quelle des deutschen Volksreichthums. Vom historischen - volkswirtschaftlichen und mercantilen Standpunkte dargestellt, im Selbst - Verlage des Verfassers, Berlin 1877, S. 18, 77.
- Carl Johann Bernhard Karsten, H. von Dechen (Hrsg.): Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde. Achtzehnter Band, Gedruckt und verlegt bei G. Reimer, Berlin 1844, S. 493, 494.
- Volker Nichelmann: Beitrag zur Darstellung der Entwicklung der eisenschaffenden Industrie in der Oberpfalz. In: Verhandlungen des historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg (Hrsg.), Band 97, Verlag des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Regensburg 1956, S. 25.
- Carl Hartmann: Handwörterbuch der Mineralogie, Berg-, Hütten- und Salzwerkskunde der Mineralogie nebst der französischen Synonymie und einem französischen Register. Zweite Abtheilung L bis Z, 2. Auflage, Gedruckt und verlegt Bernhard Friedrich Voigt, Ilmenau 1825, S. 535, 536.
- Otto Hue: Die Bergarbeiter. Historische Darstellung der Bergarbeiter-Verhältnisse von der ältesten bis in die neueste Zeit, zweiter Band, Verlag von I. H. W. Dietz Nachf. G.m.b.H., Stuttgart 1913, S. 278–288.
- Martin Linnert: Wachstum und Qualität junger Buchen in einem unterschiedlich aufgelichteten Fichtenbestand. (`= Göttinger Forstwissenschaften. Band 3). Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2009, ISBN 978-3-941875-25-8, S. 6–8.
- Otto Spitzbarth: Von den Bergmännischen Trachten im Mansfelder Kupferschieferbergbau 1200–1950. Sangerhausen 1978, S. 3.
- Wilfried Ließmann: Historischer Bergbau im Harz. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-31327-4, S. VII, X, 33, 37, 38.
- Peter Glück, Bergknappen Verein Penzberg OB e. V. (Hrsg.): Glückauf Bote. Informationsblatt für die Mitglieder des Bergknappen - Vereins Penzberg OB e. V., Ausgabe Nr. 8, Penzberg 2008, S. 3.
- Wolfgang Werner, Volker Dennert: Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald. Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke, Herausgeber Landesamt für Geologie - Rohstoffe und Bergbau Baden - Württemberg, Freiburg 2004, ISBN 3-00-014636-9, S. 183.
- Hartmut Schleiff, Peter Konecny (Hrsg.): Staat, Bergbau und Bergakademie. Montanexperten im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-10364-3, S. 19–23.
- Carl Gerhard Rohm: Anfänge christlicher Gewerkschaften im Ruhrgebiet. Der Bergarbeiterverein Glückauf Essen (1890–1892) als erster christlicher Gewerkschaftsverband, In: JCSW 23, 1982, S. 71–77.
- Bruno König: Die Bergregalitäts - Rechte der Breslauer Fürstbischöfe über die Goldbergwerke bei Zuckmantel. In: Karl Knaflitsch (Hrsg.), Ausschuss des städtischen Museums in Croppau: Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreich - Schlesiens. Heft 2, 4. Jahrgang, Verlag des Zeitschrift - Ausschusses des städtischen Museums Croppau, Croppau 1908 / 1909, S. 60–64.
- Siedlungsforschung. Archäologie - Geschichte - Geographie, Band 10, Verlag Siedlungsforschung, Bonn 1992, S. 31, 123, 124, 134.
- Albrecht Jockenhövel (Hrsg.): Bergbau, Verhüttung und Waldnutzung im Mittelalter. Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1996, S. 112–114, 118, 119.
- Eduard Windakiewicz: Gold- und Silber - Bergbau zu Kremnitz in Ungarn. In: Sitzung in der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien 11. März 1865. S. 217–221.
- Swen Rinmann's: Allgemeines Bergwerkslexikon. Zweyter Theil, enthält Bericht bis F, bearbeitet von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten und Mineralogen, Fr. Chr. W. Vogel, Leipzig 1808.
- Carl Friedrich Freiesleben, Friedrich Bülau (Hrsg.): Der Staat und der Bergbau mit vorzüglicher Rücksicht auf Sachsen. Zweite Auflage, Verlag von Otto Wigand, Leipzig 1839, S. 221–234.
- Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
- Karl August Engelhardt: Erdbeschreibung des Königreiches Sachsen. Grosentheils nach handschriftlichen Quellen ganz umgearbeitet, sechster Band, dritte Auflage, J. U. Bart, Leipzig 1807, S. 260.
- Walter Köpping: Wir fürchten nicht die Tiefe. Kunst und Kultur der Bergleute in Deutschland, sechster Band, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-8498-1551-6, S. 11–13.
- Karl August Tolle: Die Lage der Berg- und Hüttenarbeiter im Oberharze. Unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung der gesammten Bergarbeiter - Verhältnisse, Puttkammer & Mühlbrecht Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft, Berlin 1892, S. 49–53, 83, 84, 128.
- Georg Schreiber: Der Bergbau in Geschichte, Ethos und Sakralkultur. Springer Fachmedien, Wiesbaden 1962, ISBN 978-3-663-00242-0, S. 249, 250.
- Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein (Hrsg.): Handbuch des Oberschlesischen Industriebezirks. Als Band II der Festschrift zum XII. Allgemeinen Deutschen Bergmannstage in Breslau 1913, Selbstverlag des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins E. V., Kattowitz 1913, S. 75, 95, 99, 100, 102, 104, 125, 153, 154.
Anmerkungen
- Die Holzberechtigung war jedoch nicht unbegrenzt, sondern war nur auf die Stollen begrenzt, die in dem jeweiligen Grubenfeld aufgefahren wurden. Äußerste Grenze war das Ende des Wasserlösungsstollens. (Quelle: D. Christoph Wilhelm Jacob Gätter: Beschreibung des Harzes.) Neben dem Holz für die Grubenzimmerung durfte auch das für den Hüttenbetrieb erforderliche Holz aus dem nächsten königlichen Wald geschlagen werden. (Quelle: Carl Johann Bernhard Karsten, H. von Dechen (Hrsg.): Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde.)
- Für diese Materialien konnte vom für das jeweilige Bergwerk zuständigen vorgesetzten Bergbeamten ein Zertifikat erstellt werden. (Quelle: Carl Hartmann: Handwörterbuch der Mineralogie, Berg-, Hütten- und Salzwerkskunde der Mineralogie nebst der französischen Synonymie und einem französischen Register.)
- Zu den Bergleuten zählten neben den Bergleuten auch die Hüttenarbeiter und die unteren Bergbeamten. (Quelle: Carl Hartmann: Handwörterbuch der Mineralogie, Berg-, Hütten- und Salzwerkskunde der Mineralogie nebst der französischen Synonymie und einem französischen Register.)
- Bis ins 16. Jahrhundert war den Bergleuten das Tragen von Waffen auch außerhalb Festumzügen gestattet. An Sonn- und Feiertagen und bei bestimmten Festen war ihnen das Waffentragen jedoch untersagt. (Quelle: Karl August Tolle: Die Lage der Berg- und Hüttenarbeiter im Oberharze.)
- Allerdings war das Waldweiderecht in einigen Regionen wie dem Oberharz stark reglementiert, da man nicht wollte, dass die Bergleute hier eine weitere Einnahmequelle hatten und somit Arbeitskräfte dem Bergbau fehlen würden. Zudem war es den Bergleuten von der Bergbehörde unter Strafe untersagt, Ackerbau zu betreiben und die Ernte in der Stadt zu verkaufen. (Quelle: Wilfried Ließmann: Historischer Bergbau im Harz.)
- Hierbei handelte es sich um eine Abgabe, die ein Landesfürst von seinen Untertanen, wenn diese das Land verlassen wollten, oder von Personen, die neu in den Machtbereich des Landesfürsten einreisen wollten, auf deren persönlichen Besitz erhob. (Quelle: Friedrich Erdmann Petri: Gedrängtes Handbuch der Fremdwörter in deutscher Schrift- und Umgangssprache.)