Belle-II-Experiment
Das Belle-II-Experiment befindet sich am japanischen Forschungszentrum für Teilchenphysik KEK und beschäftigt sich wie schon das Vorgängerexperiment Belle mit B-Physik. Im Gegensatz zu Experimenten wie ATLAS und CMS am LHC am CERN arbeitet das Belle-II-Experiment nicht im Hochenergiesektor, sondern im Hochpräzisionssektor. Dies bedeutet, dass neue Physik jenseits des Standardmodells nicht primär durch die direkte Erzeugung neuer Teilchen bei hohen Energien gesucht wird, sondern durch die exakte Vermessung von seltenen Prozessen, in Belle II vor allem durch die Untersuchung von Zerfällen von B-Mesonen. Um dies zu erreichen, wird der SuperKEKB-Beschleuniger bei einer Energie von 10,580 GeV im Schwerpunktsystem betrieben, was der Masse der Y(4S)-Resonanz entspricht. Aus diesem Grund werden SuperKEKB und Belle II auch als B-Fabriken bezeichnet.
Geschichte
Die japanische Regierung hat Ende 2009 entschieden, das Belle-Experiment und den KEKB-Beschleuniger zu Belle II und SuperKEKB auszubauen. Einer der Gründe hierfür war der erfolgreiche Betrieb des Belle-Experiments, mit dem Höhepunkt der Entdeckung von Oszillationen von B-Mesonen und der Vermessung von zeitabhängiger CP-Verletzung. Diese Entdeckung führte zur Verleihung des Physik-Nobelpreises 2008 an Makoto Kobayashi, den früheren Direktor der INPS-Abteilung (Institute of Particle and Nuclear Studies) des KEK, sowie Yōichirō Nambu und Toshihide Masukawa.
Im Februar 2016 zirkulierten erste Teilchenstrahlen in SuperKEKB.[1] Von April[2] bis Juli 2018 wurden erste Kollisionsdaten gesammelt, allerdings bei niedriger Kollisionsrate und noch ohne die innersten Spurdetektoren.
Am 25. März 2019 konnten mit dem nunmehr fast vollständigen Detektor (nur die Hälfte des Pixeldetektors ist installiert) die ersten Kollisionen des eigentlichen Physikprogramms aufgezeichnet werden[3][4]. Der Einbau des vollen Pixeldetektors ist für 2023 geplant.
SuperKEKB
SuperKEKB arbeitet bei den gleichen Schwerpunktsenergien wie KEKB, soll aber eine um einen Faktor 30 höhere Kollisionsrate erreichen.[5][6] Damit soll innerhalb von einigen Jahren insgesamt 50 ab−1 integrierte Luminosität erreicht werden, 50-mal so viel wie mit KEKB (0,99 ab−1). Die Erhöhung der Kollisionsrate wird zum einen durch die Erhöhung der Ströme der Elektronen und Positronen in den Strahlröhren erreicht, zum anderen durch die starke Fokussierung der Strahlen im Interaktionspunkt auf 10 µm in horizontaler und 50 nm in vertikaler Richtung.[7] Diese Konfiguration wird als Nano-Beam-Konfiguration bezeichnet.
Physik-Programm
Die geplanten Studien entsprechend weitgehend dem Programm des Vorgängerexperiments, werden aber eine wesentlich bessere Messgenauigkeit erreichen. Zusätzlich sollen viele Größen zum ersten Mal vermessen werden.[8] Im Gegensatz zu KEKB werden die Energien der Teilchen von 8 GeV auf 7 GeV im Hochenergiering (HER) für Elektronen verringert, bzw. von 3,5 GeV auf 4 GeV im Niederenergiering (LER) für Positronen erhöht. Dadurch wird der Boost von 0,43 auf 0,28 verringert. Um trotz dieser Veränderung weiterhin Untersuchungen der zeitabhängigen CP-Verletzung durchführen zu können, wird Belle II im Gegensatz zu Belle mit einem Pixeldetektor in unmittelbarer Nähe zum Interaktionspunkt ausgestattet. Der Pixeldetektor ist der deutsche Beitrag zum Belle-II-Detektor.
Detektoraufbau
Während das Kalorimeter größtenteils von Belle übernommen wurde, wurden die anderen Elemente des Detektors neu gebaut. Der innerste Teil ist ein zweilagiger Pixeldetektor, basierend auf DePFET-Technologie. Der Detektor besteht aus etwa acht Millionen Pixeln, wobei jedes Pixel nur etwa 50×75 µm2 groß ist. Daten werden mit einer Wiederholfrequenz von 50 kHz ausgelesen, was zu einer sehr hohen zu verarbeitenden Datenmenge von mehr als 20 Gigabyte pro Sekunde führt; die Daten werden mittels ASIC-, FPGA- und optischer Technologie (zum Datentransfer mit hoher Bandbreite) in Echtzeit verarbeitet. Vertexkoordinaten von Spuren aus dem Zerfall von B-Mesonen werden damit bis zu einer Genauigkeit von 25 µm bestimmt werden, was etwa um einen Faktor 2 genauer ist als beim Belle-Experiment. Der Pixeldetektor wird von einem vierlagigen Streifendetektor (Double Sided Silicon Strip Detector) umschlossen, welcher wie der Pixeldetektor und die weiter außen befindliche Driftkammer der Spurrekonstruktion dient. Zur Teilchenidentifikation wird Tscherenkov-Strahlung genutzt, die in zwei Systemen produziert wird: Die Endkappen nutzen ein RICH-System, im zentralen Bereich werden die Photonen in Quarzblöcken geführt und die Flugzeit bis zum Ende der Blöcke vermessen. Die Position bzw. die Flugzeit der Photonen erlaubt es, den Emissionswinkel der Strahlung zu berechnen und dadurch den Teilchentyp zu bestimmen. Um diese Detektoren herum befindet sich das bereits erwähnte Kalorimeter zur Bestimmung der Energien der erzeugten Teilchen. Dieses wird umschlossen von einem supraleitenden Solenoidmagneten, welcher ein annähernd homogenes Magnetfeld von 1,5 T in Strahlrichtung erzeugt, welches zur Bestimmung der Impulse der geladenen Teilchen benötigt wird. Den äußersten Teil bilden Detektoren, die speziell auf die Messung von Myonen und langlebigen Kaonen (KL) ausgelegt sind.[9]
Weblinks
Einzelnachweise
- Congratulations to SuperKEKB for “first turns". 2. März 2016, abgerufen am 23. November 2017.
- First collisions at Belle II. 25. April 2018, abgerufen am 10. Juli 2018.
- Kick-off of the Belle II Phase 3 Physics Run. 25. März 2019, abgerufen am 26. März 2019.
- B-Fabrik geht in Serienproduktion. 25. März 2019, abgerufen am 5. April 2019.
- SuperKEKB luminosity projection. Abgerufen am 23. November 2017.
- SuperKEKB Project. Abgerufen am 23. November 2017.
- SuperKEKB Collider. Abgerufen am 19. November 2018.
- Belle II: search for physics beyond LHC. Abgerufen am 23. November 2017.
- The Belle II Detector. Abgerufen am 23. November 2017.