Bayerisch-Pfälzische Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft

Die Bayerisch-Pfälzische Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft war eine 1843 gegründete und 1895 aufgelöste Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Ludwigshafen am Rhein. Das Unternehmen betrieb die Schleppschifffahrt auf dem Rhein, später auch zusätzlich Schifffahrt mit Güter-Dampfschiffen.

Titelblatt der Firmensatzung, 1848
Briefkuvert mit Firmenkopf
Einladung für den Verleger Emil Sommer zur Aktionärsversammlung, Ludwigshafen, 1876

Geschichte

Noch vor dem Durchbruch der Eisenbahn revolutionierte die Dampfschifffahrt das Transportwesen. Große Bedeutung hatte sie auch für den Warenverkehr, durch die Einführung von Schleppverbänden, bei denen ein Raddampfschlepper mehrere Lastkähne hinter sich her zog und fortbewegte. Bereits seit 1827 existierte die Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft mit Sitz in Köln, als erstes dieser auf dem Rhein tätigen Unternehmen.

Die Gründung der Bayerisch-Pfälzischen Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft ging auf die Initiative des pfälzischen Regierungspräsidenten Eugen von Wrede zurück und hing eng zusammen mit der Übernahme der bisherigen Mannheimer Rheinschanze durch den bayerischen Staat, sowie der dortigen Gründung der Stadt Ludwigshafen, 1843. Um die neuerworbene, aufkeimende Stadt zu fördern und die Industrialisierung der Region voranzutreiben, strebte Wrede die Gründung dringend benötigter Waren-Transportgesellschaften an.[1] Eine davon war die Bayerisch-Pfälzische Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft, ein Anschlussprojekt 1847 die Pfälzische Ludwigsbahn, zum Kohlentransport aus der Saargegend nach Ludwigshafen.

Die Gründungsversammlung der Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft fand am 8. April 1843 in Speyer statt, am 7. Juni erfolgte die Genehmigung durch König Ludwig I. von Bayern. In der nach ihm benannten Stadt Ludwigshafen gewährte er der Gesellschaft freie Überwinterung ihrer Schiffe im Winterhafen sowie die kostengünstige Überlassung von Grundbesitz. Namhaftester und rührigster Vertreter der Firmenleitung war der Hüttenwerksbesitzer Freiherr Carl von Gienanth, der ab 1845 als Vorsitzender des Aufsichtsrats fungierte, unterstützt von seinem Stellvertreter Ludwig Andreas Jordan aus Deidesheim. Dessen Schwager Franz Peter Buhl war ebenfalls Aktionär.[2] Der in Düsseldorf wohnende, aber aus Dirmstein (Pfalz) stammende Philipp Eckenroth († 1858) wurde 1845 zum Direktor bestellt und blieb es bis kurz vor seinem Tod. Seine Tatkraft bedingte wesentlich den raschen Aufschwung des Unternehmens.[3][4][5] 1844 stellte die Firma den ersten Raddampfschlepper in Dienst, er trug den Namen „Pfalzgraf“ und diente dem König bei seinem Pfalzbesuch im Juni 1845 auch als Reiseschiff.[6] 1854 besaß sie 3 Schleppdampfer („Pfalzgraf“, „Donnersberg“ und „Haardt“[7]) sowie 10 eiserne Schleppkähne.[8] 1867 begann die Gesellschaft zusätzlich Güterdampfboote einzuführen, die einen schnelleren Warentransport als die Schleppschifffahrt gewährleistete. Ab 1. Februar 1868 verkehrte ihr erstes Güterdampfboot als Expressverbindung zwischen Ludwigshafen und Rotterdam. Ab 1870 kam ein zweites Gütereilboot hinzu. Nach der geänderten Geschäftssatzung von 1872 sollten neben Waren nun auch Passagiere befördert werden.[9] Im Sommer 1871 schleppte der Dampfer „Donnersberg“, auf dem Rhein, den seinerzeit berühmten schwimmenden Zirkus des Deutsch-Amerikaners Theodore Lent an seine Auftrittsorte.[10][11][12]

Die Bayerisch-Pfälzische Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft arbeitete rund 50 Jahre lang mit großem wirtschaftlichem Erfolg[13] und hatte entscheidenden Anteil an der Entwicklung Ludwigshafens. Letztlich konnte sie der wachsenden Konkurrenz der sich rasant entwickelnden Eisenbahnverbindungen jedoch nicht standhalten und wurde 1895 liquidiert.

In der Geschichte der Stadt Ludwigshafen am Rhein heißt es 1903:„Der Bayerisch-Pfälzischen Dampf-Schlepp-Schifffahrts-Gesellschaft, der ersten und einzigen in Ludwigshafen ansässigen Rhein-Großschiffahrtsgesellschaft, gebührt das Verdienst, die erste direkte Verbindung zwischen den holländischen Seehäfen Rotterdam und Amsterdam und der Pfalz hergestellt und dadurch in wesentlichem Maße zu dem Aufschwunge des Ludwigshafener Handels und Verkehrs beigetragen zu haben.“

Literatur

  • Henning Türk: Ludwig Andreas Jordan und das Pfälzer Weinbürgertum: Bürgerliche Lebenswelt und liberale Politik im 19. Jahrhundert, S. 144–159, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2016, ISBN 3647368512; (Digitalscan)
  • Hugo Franz von Brachelli: Handbuch der Geographie und Statistik des Königreichs Preußen und der deutschen Mittel- und Klein-Staaten, Leipzig, 1864, S. 337; (Digitalscan)
  • Geschichte der Stadt Ludwigshafen am Rhein, Stadtverwaltung Ludwigshafen, 1903, S. 512 u. 513

Einzelnachweise

  1. Hans Jürgen Teuteberg: Urbanisierung im 19. und 20. Jahrhundert: Historische und geographische Aspekte, Böhlau-Verlag, 1983, S. 345, ISBN 3412005827; (Ausschnittscan)
  2. Kurt Andermann, Berthold Schnabel: Deidesheim: Beiträge zu Geschichte und Kultur einer Stadt im Weinland, J. Thorbecke Verlag, 1995, S. 234, ISBN 3799504184; (Ausschnittscan)
  3. Geschichte der Stadt Ludwigshafen am Rhein, Stadtverwaltung Ludwigshafen, 1903, S. 512
  4. Karl-Heinz Rothenberger: Pfälzische Geschichte, Band 2, S. 146, Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern, 2001, ISBN 3927754439; (Ausschnittscan)
  5. Frankfurter Journal, Beilage zu Nr. 193, vom 25. Juli 1858; (Todesanzeige Philipp Eckenroth)
  6. Der Bayerische Volksfreund, München, Jahrgang 1845, S. 390; (Digitalscan)
  7. Neue Münchener Zeitung, Jahrgang 1854, S. 662; (Digitalscan)
  8. Hugo Franz von Brachelli: Deutsche Staatenkunde: Ein Handbuch der Statistik des deutschen Bundes und seiner Staaten, Band 1, Wien, 1856, S. 475; (Digitalscan)
  9. Bayerische Handelszeitung: München, Jahrgang 1874, S. 1859; (Digitalscan)
  10. Schwäbischer Merkur, Nr. 173, vom 27. Juli 1871; (Digitalscan)
  11. Webseite zum schwimmenden Zirkus von Theodore Lent
  12. Literatur zum Schwimmzirkus Lent, auf dem Rhein
  13. Adam Ignaz Valentin Heunisch: Das Großherzogthum Baden, historisch-geographisch-statistisch-topographisch beschrieben, Heidelberg, 1857, S. 201; (Digitalscan)
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