Bariopharmakosiderit

Bariopharmakosiderit (ehemals Barium-Pharmakosiderit[7]) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Ba,Ca)0,5–1Fe3+4[(OH)4–5|(AsO4)3]·5–7H2O,[3] ist also ein wasserhaltiges Barium-Calcium-Eisen-Arsenat. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Barium und Calcium können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Bariopharmakosiderit
Bariopharmakosiderit (rot) und Skorodit (farblos) auf unbestimmten Kristallen der Alunitgruppe (gelb) aus der „Les Montmins Mine“, Échassières, Département Allier, Frankreich (Sichtfeld 2 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1994 s.p.[1]

IMA-Symbol

Bpsd[2]

Andere Namen

ehemals Barium-Pharmakosiderit

Chemische Formel (Ba,Ca)0,5–1Fe3+4[(OH)4–5|(AsO4)3]·5–7H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/D.47
VII/D.47-050

8.DK.10
42.08.01.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol tetragonal-skalenoedrisch; 42m[4]
Raumgruppe (Nr.) P42m[5] (Nr. 111)
Gitterparameter a = 7,947 Å; c = 8,049 Å[5][4]
Formeleinheiten Z = 8[5][4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5[6] bis 3[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,05; berechnet: 3,07[6]
Spaltbarkeit gut nach {100}
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe gelb bis bräunlichgelb, orange bis rot, grün, bläulich
Strichfarbe weiß bis bräunlichweiß[3]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,728
nε = 1,718[6]
Doppelbrechung δ = 0,010[6]
Optischer Charakter einachsig wechselnd
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in warmer Salzsäure (1:1)

Bariopharmakosiderit entwickelt nur kleine Kristalle bis etwa einen Millimeter Größe mit pseudokubischem Habitus von gelber bis bräunlichgelber, oranger bis roter oder selten auch grüner bis bläulicher Farbe.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Bariopharmakosiderit in der Grube Clara bei Oberwolfach im Schwarzwald im Südwesten Baden-Württembergs und beschrieben 1966 durch Kurt Walenta, der das Mineral in Anlehnung an seine nahe Verwandtschaft zu Pharmakosiderit (KFe3+4[(OH)4|(AsO4)3]·6–7H2O[3]) mit dominierendem Barium-Gehalt als Barium-Pharmakosiderit bezeichnete.

Im Zuge der 2008 erfolgten Publikation „Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks“ zur Bereinigung und Vereinheitlichung von Mineralnamen wurde der Name allerdings aufgrund des überflüssigen Bindestrichs in Bariopharmakosiderit umbenannt.[7]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Bariopharmakosiderit zur Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Alumopharmakosiderit, Pharmakosiderit und Natropharmakosiderit die „Pharmakosiderit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/D.47 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Bariopharmakosiderit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der weiteren Anionen (OH etc.) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 > 1 : 1 und < 2 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Pharmakosiderit, Hydroniumpharmakoalumit (IMA 2012-050), Hydroniumpharmakosiderit (IMA 2010-014), Natropharmakoalumit (IMA 2010-009), Natropharmakosiderit und Pharmakoalumit (ehemals Alumopharmakosiderit) „Pharmakosideritgruppe“ mit der System-Nr. 8.DK.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Bariopharmakosiderit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er in der unbenannten Gruppe 42.08.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)7(XO4)4Zq × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Bariopharmakosiderit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P42m (Raumgruppen-Nr. 111)Vorlage:Raumgruppe/111 mit den Gitterparametern a = 7,947 Å und c = 8,049 Å[5] sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften

Bariopharmakosiderit ist leicht löslich in warmer, verdünnter Salzsäure (Mischungsverhältnis 1:1).

Bildung und Fundorte

Bariopharmakosiderit (rot) und Skorodit (farblos) auf unbestimmten Kristallen der Alunitgruppe (gelb) aus der „Les Montmins Mine“, Échassières, Département Allier, Frankreich (Sichtfeld 3 mm)

Bariopharmakosiderit bildet sich sekundär aus Arsenopyrit und Tennantit in der Oxidationszone eisen- und arsenhaltiger Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Arseniosiderit, Baryt, Fluorit, Goethit, Skorodit, Limonit, Quarz, Segnitit, Yukonit und Zeunerit auftreten.

Als eher seltene Mineralbildung kann Bariopharmakosiderit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Insgesamt gelten bisher (Stand 2013) rund 130 Fundorte als bekannt.[8] Neben seiner Typlokalität, der „Grube Clara“ bei Oberwolfach, trat das Mineral in Deutschland noch an vielen Orten im Schwarzwald in Baden-Württemberg auf wie unter anderem Freudenstadt, Menzenschwand, Neubulach, Todtnau und Wittichen. Daneben kennt man Bariopharmakosiderit unter anderem noch aus einigen Orten im Spessart in Bayern, vom Hohenstein (Reichenbach) in Hessen, von mehreren Orten im Harz in Niedersachsen, aus Nunkirchen im Saarland, aus Ehrenfriedersdorf, Schneeberg und anderen Orten im Erzgebirge in Sachsen sowie aus Neumühle und Stempeda in Thüringen.

In Österreich fand man Bariopharmakosiderit unter anderem am Sperkerriegel bei Wiesmath in Niederösterreich; am Ödenkar im Kreuzkogel-Massiv nahe Bad Gastein und auf einer prähistorischen Halde bei Schwarzleo (Gemeinde Leogang) in Salzburg; am Weißen Schrofen im Bezirk Schwaz, am Graschberg bei Thierbach (Gemeinde Wildschönau) und bei Flirsch in Nord-Tirol sowie auf der Vilifau Alp im Rellstal nahe der Gemeinde Vandans in Vorarlberg.

In der Schweiz wurde das Mineral bisher nur auf der Mürtschenalp (Murgtal) im Kanton Glarus und der Grube „La Barma“ bei Saint-Luc VS im Kanton Wallis entdeckt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Chile, China, Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Marokko, Portugal, der Slowakei, in Spanien, Südafrika, Taiwan, Tschechien, Ungarn, England im Vereinigten Königreich (UK) sowie in Colorado, Kalifornien, Nevada, New Jersey und Utah in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[9]

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Walenta: Beiträge zur Kenntnis seltener Arsenatmineralien unter besonderer Berücksichtigung von Vorkommen des Schwarzwaldes. In: Tschermaks Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 11 (1966), S. 121–164.
  • M. Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 52 (1967), S. 1579–1589 (PDF 781,3 kB)
  • Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 514 (Barium-Pharmacosiderite).
  • S. L. Hager, P. Leverett, P. A. Williams, S. J. Mills, D. E. Hibbs, M. Raudsepp, A. R. Kampf, W. D. Birch: The single-crystal X-ray structures of bariopharmacosiderite-C, bariopharmacosiderite-Q and natropharmacosiderite. In: The Canadian Mineralogist. Band 48 (2010), S. 1477–1485.
Commons: Bariopharmacosiderite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  4. Webmineral - Bariopharmacosiderite
  5. American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database - Bariopharmacosiderite
  6. Mindat - Bariopharmacosiderite
  7. Ernst A.J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record, Band 39, Nr. 2 (März–April 2008); PDF 2,7 MB
  8. Mindat - Anzahl der Fundorte für Bariopharmakosiderit
  9. Fundortliste für Bariopharmakosiderit beim Mineralienatlas und bei Mindat
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