Bahnstrecke Gessertshausen–Türkheim
Die Bahnstrecke Gessertshausen–Türkheim ist eine Nebenbahn in Bayern. Sie verläuft von Gessertshausen über Markt Wald und Ettringen nach Türkheim. Die einst rund 42 Kilometer lange Strecke führt durch die im Naturpark Augsburg-Westliche Wälder gelegene Ausflugsregion Stauden und wird deswegen auch Staudenbahn genannt. Etwa zwei Drittel der Strecke befinden sich im Landkreis Augsburg, das andere Drittel im Landkreis Unterallgäu. Ein Teil der Strecke wurde in den 1980er und 1990er Jahren stillgelegt.
Gessertshausen–Türkheim (Bay) Bahnhof | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer (DB): | 5340 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | 984 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 42,7 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | C2 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 11,0 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Minimaler Radius: | 300 m | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 60 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Geschichte
Planungen und erster Streckenabschnitt
Erste Bestrebungen für eine Schienenverbindung gab es von Ettringen, Türkheim und Fischach aus. Am 4. Juli 1891 befürwortete der Kirchheimer Brauereibesitzer Fahrschon im Wertach- und Mindelboten, dass er eine Verbindung für sinnvoll hielte. Erst 1908 wurde die Strecke Türkheim–Ettringen eröffnet. Obwohl 1897 die Strecke von Gessertshausen nach Fischach angestrebt wurde, war nach dem Bau des ersten Teilabschnittes die Sache für die Bahnverwaltung erledigt und ein festes Maschinenhaus wurde in Ettringen errichtet. Weitere Verhandlungen über eine weiterführende Streckenverbindung erwiesen sich als kompliziert. Im Oktober 1897 wurde der Gemeinde Fischach mitgeteilt, dass der Anschlussbahnhof Gessertshausen auf einem gut ausgebauten Straßenstück zu erreichen sei. Die Papierfabrik der Gebrüder Lang, die bis heute besteht, plante daher eine private Schmalspurbahn in Richtung Westerringen zum Anschluss an die Bahnstrecke Augsburg–Buchloe. Die Idee wurde wenig später fallengelassen. Nachdem das Fischacher Eisenbahnkomitee erkannte, dass eine Stichbahn nach Gessertshausen nicht durchzusetzen war, veränderten sie ihr Projekt. Das neue Bestreben war eine Zugverbindung von Gessertshausen über Markt Wald nach Ettringen. So hätte auch eine in Schnerzhofen bestehenden Holzfirma mit Werkstoffen beliefert werden können. Einige Gemeinden im Westen der geplanten Bahnverbindung schlugen einen Bahnanschluss in Mödishofen vor statt in Gessertshausen. Die Stadt Augsburg bot Unterstützung beim Bau an. Am 30. Juli 1909 erteilte die Lokalbahn Aktien-Gesellschaft (LAG) aus München die Erlaubnis für den Bau. Das Königreich Bayern stellte ein außerordentliches Budget zur Verfügung. Das Reichseisenbahnamt in Berlin hatte den Plan, auf der Strecke auch Militärzüge fahren zu lassen. Da es aber am notwendigen Geld fehlte, blieb es beim Bau einer Lokalbahn.
Bau des zweiten Streckenabschnitts
Rund eineinhalb Jahre nach der gesetzlichen Genehmigung begannen die Bauarbeiten. Am 12. Oktober 1910 wurde die Teilstrecke Gessertshausen–Fischach fertiggestellt. Am 20. Dezember 1911 wurde die Verlängerung von Ettringen nach Markt Wald gebaut. Indessen wurde an dem noch fehlenden Teilstück Fischach–Markt Wald gebaut und konnte am 8. Februar 1912 eingeweiht werden. Am 11. Dezember 1912 fuhren die ersten Züge von Gessertshausen nach Türkheim. Fortan gab es die Stationen Türkheim Markt und Türkheim Bahnhof. Der Anschlussbahnhof Türkheim Bahnhof befindet sich rund 2,5 Kilometer vom Halt Türkheim Markt entfernt und bietet Verbindungen Richtung Buchloe, Mindelheim und Bad Wörishofen. Der Lokschuppen in Ettringen wurde abgerissen; dafür errichtete man ein Maschinenhaus und eine Lokstation in Markt Wald.
Bis zum Zweiten Weltkrieg
Die erste Abfahrt in Richtung Türkheim fand fast eine Dreiviertelstunde früher statt als die nach Gessertshausen. Für Reisende, die von Ettringen nach Augsburg fahren wollten, fuhren die Züge über Türkheim und Buchloe bzw. über Gessertshausen etwa gleich lang. Beide brauchten rund 120 Minuten. 1919 musste der Verkehr für einige Zeit ruhen, da das Ruhrgebiet von Frankreich besetzt war und daher auch in Süddeutschland Kohleknappheit herrschte.
Die Staudenbahn im Zweiten Weltkrieg
1944 spitzte sich die Situation zu. In Augsburg waren wichtige Rüstungsbetriebe wie MAN und Messerschmitt tätig, so dass die Situation auch für das Umland nach dem Bombenangriff auf Augsburg Ende Februar 1944 immer bedrohlicher wurde. In den letzten Kriegsmonaten wurde eine Schottertrasse zu einem geplanten Militärdepot gebaut, eine Nutzung erfolgte allerdings nie.[3]
Im März 1945 nahmen Tiefflieger eine Zuggarnitur unter Beschuss, die im Bahnhof Markt Wald stand. Ein Personenwagen wurde stark beschädigt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Am 25. April 1945, nach dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen in der Region, wagte ein Lokomotivführer eine Fahrt ohne Waggons von Gessertshausen nach Markt Wald und kam wohlbehalten an. Bis auf den oben genannten Vorfall war die Staudenbahn vom Krieg verschont worden. Am 19. Juli 1945 konnte ein bescheidener Zugverkehr wieder aufgenommen werden.
Rückgang des Zugverkehrs
Ein starker Rückgang des Personenverkehrs war ab den 1960er Jahren zu verzeichnen. Das Jahr 1967 war das letzte Jahr, in dem noch auf der Strecke Dampflokomotiven fuhren. So benötigte ein Nahgüterzug von Gessertshausen nach Türkheim bis zu fünf Stunden. Der Personen- und Güterverkehr ging immer weiter zurück, sodass nur noch montags bis freitags Züge verkehrten. Die langen Fahrzeiten, unter anderem verursacht durch Langsamfahrstellen in Folge ungenügenden Streckenunterhalts führten dazu, dass die Personenzüge kaum noch genutzt wurden.
In den frühen 1980er Jahren setzte die Deutsche Bundesbahn auf der Staudenbahn vorübergehend ihre damals modernsten Dieseltriebwagen der Baureihe 627.1 ein, die im Bahnbetriebswerk Kempten stationiert waren. Ursächlich hierfür war ein gemeinsamer Umlaufplan mit anderen Strecken in der Region Augsburg. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete seinerzeit: „Die Deutsche Bundesbahn setzt lieber ihre neuesten Triebfahrzeuge in einem Wald, weit hinter Augsburg versteckt ein, anstatt sie auf gut frequentierten Strecken einzusetzen.“[4]
Teilstilllegung
1982 zwang der schlechte Oberbauzustand wegen verrotteter Holzschwellen auf dem Abschnitt Markt Wald–Ettringen (auf den übrigen Abschnitten waren in den 1970er Jahren gebrauchte Stahlschwellen von Hauptstrecken eingebaut worden) zu einer Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h. Am 24. September gleichen Jahres wurde dieser Abschnitt für den Personenverkehr gesperrt, ehe er am 28. Mai 1983 wegen Unbefahrbarkeit für den Gesamtverkehr gesperrt wurde. Der Personenverkehr zwischen Türkheim Bahnhof und Ettringen endete am 9. Januar 1987. Im Mai 1988 lösten auf dem verbliebenen Restabschnitt Gessertshausen–Markt Wald die abgewirtschafteten zweiachsigen Schienenbusse der Baureihen 796/996 die deutlich komfortableren, vierachsigen Akkutriebwagen der Baureihe 515 ab. Trotz Protesten wurde der Personenverkehr am 31. Mai 1991 eingestellt.
Der Güterverkehr wurde mit der Auflösung von Gütertarifpunkten zum 28. Mai 1995 eingeschränkt, was zur Aufgabe des Betriebs auf dem Abschnitt Fischach–Markt Wald zum 1. Mai 1996 führte. Der einzig verbliebene Bahnhof mit Güteraufkommen auf dem nördlichen Streckenabschnitt war somit Fischach. Hier empfing eine Weinkellerei aus vierachsigen Kesselwagen bestehende Ganzzüge. Auf dem südlichen Abschnitt wurden weiterhin Türkheim (Bay) Markt und Ettringen angefahren.[5]
Wiederinbetriebnahme
Auf Teilen der Strecke wurde der Verkehr wieder aufgenommen.
von | nach | in Betrieb ab |
Gessertshausen | Langenneufnach | 28. Juli 2001 |
Langenneufnach | Markt Wald | 1. Mai 2003 |
Gegenwart
Südlicher Abschnitt Türkheim Bahnhof – Ettringen – Markt Wald
Der 7,1 Kilometer lange Abschnitt Markt Wald – Ettringen ist zurzeit wegen Baufälligkeit nicht befahrbar. Das Gleis ist noch fast vollständig erhalten. Lediglich der Bahnübergang am ehemaligen Haltepunkt Schnerzhofen wurde überteert und das Gleis auf circa 100 Meter entfernt. Außerdem fehlt am Anschluss der Gebr. Lang Papierfabrik die Weiche des Streckengleises aus Richtung Gessertshausen. Seit der Streckensperrung im Jahr 1983 ist der Abschnitt zudem stark zugewachsen. Die Teilstrecke Gessertshausen – Markt Wald kaufte der Staudenbahn-Schienenweg-Trägerverein e. V. der Deutschen Bahn im Jahr 2000 ab und übertrug den Betrieb auf das im gleichen Jahr gegründete Eisenbahninfrastrukturunternehmen Bahnbetriebsgesellschaft Stauden (BBG).[6]
Der Abschnitt von Türkheim nach Ettringen wird durch die DB Cargo befahren, die eine Papierfabrik der zur UPM-Kymmene gehörenden UPM Ettringen bedient. Diese verfügt über einen am 24. Januar 2000 eingeweihten Gleisanschluss nördlich des Bahnhofs Ettringen, mit dem der zuvor praktizierte Umschlag im Bahnhof abgelöst wurde.[7] Der Südabschnitt zwischen Markt Wald und Türkheim befindet sich seit dem 2. März 2004 im Eigentum der BBG. Anfang Dezember 2018 hat der Kreistag des Landkreises Unterallgäu beschlossen sich für die Reaktivierung dieses Abschnitts einzusetzen. Dieser Beschluss ermöglicht die Erstellung eines Gutachtens durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft.[8]
Nördlicher Abschnitt Gessertshausen–Markt Wald
Der Schienenverkehr im nördlichen Abschnitt Gessertshausen–Markt Wald wird vom Eisenbahnverkehrsunternehmen Stauden-Verkehrs-GmbH (SVG) durchgeführt, das deutschlandweit im Güter- und im regionalen Ausflugsverkehr aktiv ist. Zwischen Margertshausen und Fischach befindet sich ein Güterbahnhof für die Holzverladung, der am 24. August 2003 eröffnet wurde, nachdem das Verladegleis am Fischacher Bahnhof an seine Kapazitätsgrenze gestoßen war. Der Holzverladebahnhof wurde auch genutzt, um für den Ausbau der Bundesautobahn 8 in Zusmarshausen Baumaterial anzuliefern. Von 2012 bis 2014 wurden in den Monaten Juli und August insgesamt 60 000 Tonnen umgeschlagen.[9]
Die Fahrzeuge der SVG sind heute auf dem Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerks Augsburg untergebracht. Früher waren sie im Gleisbauhof Augsburg beheimatet.
Am 1. Mai 2005 wurde die neue Brücke über die Neufnach in Langenneufnach eingeweiht. Einige Jahre lang führte die SVG in den Monaten Mai bis Oktober an jedem zweiten Sonntag zwischen Augsburg Hauptbahnhof und Markt Wald einen Ausflugsverkehr mit zwei Zugpaaren durch. Zunächst wurde der Betrieb mit einer von der Deutsche Bahn Gleisbau, heute DB Bahnbau Gruppe Augsburg ausgeliehenen Baureihe 212 durchgeführt. Regulär wurden dann ursprünglich hier die ÖBB 5081 Dieseltriebwagen mit einem ehemaligen zweiachsigen ÖBB Fahrrad-Güterwagen eingesetzt. Später kamen hierbei drei Diesellokomotiven der ÖBB-Baureihe 2143 mit einer Zwei-Wagen-Garnitur der Wiener S-Bahn (mit Zwischenwagen der Baureihe 7130) und einem Gepäckwagen für die Fahrradmitnahme zum Einsatz. Bis 2007 wurde auch ein Speisewagen mitgeführt. Allerdings war der Ausflugsverkehr zwei Jahre unterbrochen, da die Schmutterbrücke in Fischach saniert wurde. Anfang Mai 2011 konnte er wieder aufgenommen werden.[10]
Später bestanden die Ausflugszüge aus drei von den ÖBB übernommenen vierachsigen Schlierenwagen und einem vierachsigen Flachwagen für die Fahrräder. Gezogen wurde diese Garnitur – je nach Verfügbarkeit – von der V 126 der Bayerischen Oberlandbahn oder von der der SVG zur Verfügung gestellten "V 65-12". Es handelt sich hier um die ehemalige Lokomotive der Tegernseebahn vom Typ MaK 650D, nicht um die V65 012 der Deutschen Bundesbahn, die dem Typ MaK 600D entsprach. Gelegentlich kam auch eine Dampflokomotive der Gattung Preußische P 8 zum Einsatz.[4] Inzwischen besitzt die SVG eine eigene Diesellok der Baureihe V 10020 bzw. 212 von 1963.
Im Jahr 2014 erfuhr die Staudenbahn einen Schritt in Richtung Reaktivierung des regulären Personenverkehrs. Dank mehrerer Ehrenamtlicher wird seit 2015 an Samstagen ein 3-Stunden-Takt (vorher ein 2-Stunden-Takt Augsburg–Langenneufnach jetzt Augsburg–Markt Wald) angeboten. Zusätzlich verkehren Ausflugszüge an ausgewählten Sonn- und Feiertagen von Mai bis Oktober. Im Dezember 2016 sowie 2017 wurde ein zusätzlicher 3-Stunden-Takt anlässlich des Augsburger Weihnachtsmarkts angeboten.[11] Wegen der guten Nachfrage des damaligen 2-Stunden-Taktes (von Augsburg–Langenneufnach) wurde dieser Taktverkehr auch noch im August, September und Oktober 2014 weitergeführt. Seit August 2014 gab es auch Spätzüge für die Besucher des Augsburger Plärrers sowie des Oktoberfestes in München.[12][13] Zum Einsatz kommt eine Garnitur der SVG, bestehend aus dem NE 81-Triebwagen VT 02/VT 08 samt zugehörigem Steuerwagen VS 30. Der Triebwagen wird sowohl im Personenverkehr, als auch im Güterverkehr und für Rangierfahrten eingesetzt. Der Steuerwagen wird nur bei Bedarf, meist bei erhöhter Fahrradmitnahme eingesetzt.
Pläne zur Reaktivierung des Personenverkehrs
Im Jahre 2004 gab es Veröffentlichungen, die im Rahmen der Realisierung des Regio-Schienen-Taktes Augsburg die Einrichtung einer Linie vom Augsburger Hauptbahnhof zum neu zu bauenden Haltepunkt Langenneufnach Süd vorschlugen. Diese würde die kaum genutzte Bahnstrecke wiederbeleben. Ferner sollte die Strecke weiter bis Türkheim reaktiviert werden, so dass die Haltepunkte Schnerzhofen und Ettringen wieder bedient werden könnten.[14]
Bis zum Jahr 2018 waren die Bestrebungen, den zugewachsenen und baufälligen Abschnitt von Markt Wald nach Schnerzhofen wiederzubeleben, nicht erfolgreich.[15] Eine geplante Wiedereröffnung im August 2010 bis zum Schnerzhofer Weiher in Kombination mit einem Draisinen-Verkehr ab da bis nach Ettringen fand nicht statt. Für den Unterhalt und Betrieb der Draisinenstrecke hatten sich vier Investoren gefunden, denen damals der Abschnitt Ettringen – Schnerzhofen verpachtet wurde. Das Genehmigungsverfahren für die Draisinenstrecke stand 2010 noch aus.[16]
Im Jahre 2011 wurde mit der Aufnahme eines Personenverkehrs im Taktfahrplan von Augsburg nach Langenneufnach Süd nicht vor 2019 gerechnet. In einer Machbarkeitsstudie wurden die erforderlichen Investitionskosten auf 14 bis 18 Millionen Euro geschätzt.[17] In einer Prognose der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) wurden der Strecke Gessertshausen–Langenneufnach im September 2013 bei einer Reaktivierung 1.170 Fahrgäste täglich vorhergesagt. Damit wurde der Grenzwert von 1000 Fahrgästen täglich übertroffen, so dass eine Reaktivierung von Seiten der bayerischen Staatsregierung geprüft wurde. Damit im Zusammenhang mussten noch Fragen zur Finanzierung der Infrastruktur durch die Anliegergemeinden als Besitzer der Bahnstrecke geklärt werden.[18]
Anfang Juli 2015 wurde die Linie Augsburg – Gessertshausen – Langenneufnach mit in die Ausschreibung der Augsburger Netze aufgenommen. In der Pressemitteilung der BEG von Ende Dezember 2017 ist diese Strecke im Rahmen des Loses 2 der Augsburger Netze enthalten. Dieser Regelbetrieb sollte im Dezember 2021 starten,[19][20] musste wegen Lieferengpässen für die Fahrzeuge und der fehlenden Einredefreiheit der Bestellgarantie des Landes Bayern bereits mehrmals auf zunächst Dezember 2024 verschoben werden.[21]
Ende 2019[22] begannen Gespräche zwischen dem Landratsamt Augsburg sowie den Anrainerkommunen und den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm zur Umsetzung des Reaktivierungsvorhabens. Nachdem sich dabei der Bedarf von Fördermitteln herausstellte,[22] wurde bis Anfang April 2022 ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,1 bei einer Elektrifizierung festgestellt. Der Kreistag befürwortete das Projekt.[23] Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm schlossen bis August 2023 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Landratsamt Augsburg sowie mit der Bahnbetriebsgesellschaft Stauden als bisheriger Streckenbetreiber und dem Staudenbahn-Schienenweg-Trägerverein als Streckeneigentümer eine Übernahme- und eine Pachtvereinbarung ab. In dieser Vereinbarung wurde festgelegt, dass die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm ab dem 1. September 2023 den Infrastrukturbetrieb des nördlichen Streckenteils bis Markt Wald übernehmen.[24] Gleichzeitig ist geplant, den Personenverkehr zwischen Gessertshausen und Langenneufnach wieder zu reaktivieren. Durch die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm die Entwurfsplanung für diesen Abschnitt wurden die Leistungsphasen 1–4 vergeben und aufgenommen,[22] um bis frühestens 2027 die Gleise, Bahnsteige und Bahnübergänge zu erneuern, den Abschnitt zu elektrifizieren und eine neue Leit- und Sicherungstechnik zu installieren.[25] Ab Mitte Dezember 2023 bis etwa Februar 2024 wird als Vorbereitung für die notwendigen Arbeiten eine Baugrunduntersuchung im Streckenabschnitt zwischen Gessertshausen und Langenneufnach durchgeführt.[26]
Güterverkehr
Aktuelle Güterkunden:
- Von der Bahnstrecke Augsburg–Ulm ankommende Güterwagen werden auf dem Gleisanschluss der ehemaligen Firma „Molfenter J. A. GmbH & Co. Ind. Hobelwerk“ in Gessertshausen bereitgestellt. Des Weiteren werden in den ehemaligen Hallen des Hobelwerkes Fahrzeuge von SVG-Kunden wie der Bombardier Transportation untergebracht – Bombardier nutzt die Staudenbahn für Testfahrten ihrer Diesellokomotiven. So fuhren u. a. Prototypen vor der Serienfertigung, wie zum Beispiel die Baureihe 245 (TRAXX P160 DE ME) der Deutschen Bahn, oder auch Serienfahrzeuge vor Auslieferung, wie z. B. die Baureihe 76 (Bombardier TRAXX F140 DE) der französischen Staatsbahnen SNCF, zu Erprobungs- und Testfahrten auf der Strecke.[4]
- Für den Umschlag einer Holzfirma wurde zwischen Margertshausen und Fischach ein Holzverladebahnhof errichtet.
Ehemalige Güterkunden:
- In Gumpenweiler befindet sich ein aufgelassener Haltepunkt und ein stillgelegtes Sägewerk, dessen Gleisanschluss die Bundeswehr für die Abstellung des Prototypzuges ihres Krankentransportzuges nutzte. Die Wagen kamen jedoch nie zum Einsatz, erhielten aber regelmäßig eine bundeswehrinterne Revision in Norddeutschland. Heute ist der Gleisanschluss abgebaut. Lediglich die Gleise im Gelände liegen noch.[4]
- Viele Jahre nach der Einstellung des Güterverkehrs stellte die DB Hunderte von ausgemusterten gedeckten Güterwagen auf der Strecke bei Reichertshofen ab, weil diese aus Konkurrenzgründen einen Weiterverkauf an private Bahngesellschaften untersagte und die Wagen stattdessen anschließend verschrotten ließ.[4]
- Zwischen Fischach und Wollmetshofen befindet sich auf freier Strecke die Ladestelle der Firma Hauser Weinimport, an der Wein aus Italien aus Kesselwagen entladen wurde.[4] 2018 war die Ladestelle wieder aufgelassen und die Anlieferung auf Lastkraftwagen umgestellt.[27] In einem Bebauungsplan hat die Firma Hauser Weinimport ein eigenes Anschlussgleis vorgesehen.[28]
Medien
- Video DVD: Die Staudenbahn – Ein spannendes Kapitel bayerischer Bahngeschichte, Autorenverband Elmar Kretz, Klaus Böhme und Stefan Mühler und Foto Optik Mayer, 2013/2014.
Literatur
- Siegfried Baum: Schwäbische Eisenbahn. Die Verkehrsgeschichte der Lokalbahnen in Mittelschwaben. Verlag Wolfgang Zimmer, Eppstein im Taunus 1969.
Weblinks
Einzelnachweise
- Anlage 4 - Streckendaten. (PDF; 317 kB) In: Eisenbahn-Infrastruktur-Nutzungs-Vertrag-Staudenbahn 2021. Bahnbetriebsgesellschaft Stauden, 1. Mai 2020, abgerufen am 16. Dezember 2021.
- Gessertshausen - Langenneufnach (Zustand September 2007). In: vergessene-bahnen.de. Reiner Schruft, abgerufen am 16. Dezember 2021.
- Vergessene Bahnen: Trasse zu einem geplanten Militärdepot bei Schnerzhofen, abgerufen am 24. Juni 2011
- Video DVD: Die Staudenbahn – Ein spannendes Kapitel bayerischer Bahngeschichte, Autorenverband Elmar Kretz, Klaus Böhme und Stefan Mühler und Foto Optik Mayer, 2013/2014
- Siegfried Baum: Gessertshausen – Markt Wald – Türkheim. Sammelwerk als Loseblattausgabe. In: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland. Weltbild Verlag, ISSN 0949-2143 (ab 1994).
- Geschichte der Reaktivierung der Staudenbahn bis 2003. Landesentwicklung in Bayern, Heft 79, S. 90 ff
- Drehscheibe 140 (Dezember 1999), S. 60 und 142 (März/April 2000), S. 63
- Das Unterallgäu will die Staudenbahn reaktivieren. In: Augsburger Allgemeine. 11. Dezember 2018, abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Schwerer Transport für die Staudenbahn auf augsburger-allgemeine.de, 27. August 2012.
- Die Staudenbahn startet wieder. In: Augsburger Allgemeine. 28. April 2011, abgerufen am 17. Juli 2011.
- Samstags-Takt Juni + Juli 2014
- Pressemitteilung: Die Staudenbahn macht mobil – Jetzt erst recht! auf staudenbahn.de.
- Probelauf zum Plärrer. auf augsburger-allgemeine.de, 30. August 2014.
- Aktuelle Situation. Archiviert vom am 22. Oktober 2004; abgerufen am 16. Februar 2011.
- Firmengruppe Staudenbahn: Staudenbahn zwischen Markt Wald und Ettringen gesperrt.
- Pitt Schurian: Strampeln auf der Schiene. In: Mittelschwäbische Nachrichten, 25. August 2009, abgerufen am 17. Mai 2010.
- Noch viele Fragezeichen an der Staudenbahn. In: Augsburger Zeitung. 27. September 2011.
- Zeil: „Staudenbahn hat Potenzial“. (Memento vom 16. September 2013 im Webarchiv archive.today) Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technik, 13. September 2013.
- Bayerische Eisenbahngesellschaft schreibt die Regionalverkehre der „Augsburger Netze“ neu aus. Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH, 27. Dezember 2017, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- Deutschland-München: öffentlicher Schienentransport/öffentliche Schienenbeförderung. 2015/S 127-232820. In: TED Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union. 4. Juli 2015, abgerufen am 5. Juli 2015.
- Jutta Kaiser: Staudenbahn fährt erst ab 2024: Reaktivierung erneut um zwei Jahre verschoben. In: staz.de. StadtZeitung GmbH & Co. KG, Augsburg, 25. August 2020, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- Eisenbahninfrastruktur – Staudenbahn. SWU Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, abgerufen am 4. September 2023.
- Staudenbahn soll wieder in Betrieb gehen. Süddeutsche Zeitung, 5. April 2022, abgerufen am 4. September 2023.
- Staudenbahn: Landkreis und Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm finalisieren Kooperationsvereinbarung. Landkreis Augsburg, 16. August 2023, abgerufen am 3. September 2023.
- Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm übernehmen Betrieb der Staudenbahn (Pressemeldung). SWU Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, 14. August 2023, abgerufen am 23. August 2023.
- Reaktivierung der Staudenbahn: Jetzt werden Bodenproben entnommen In: Augsburger Allgemeine, erschienen am 27. November 2023, abgerufen am 9. Dezember 2023.
- Staudenfan: Die Staudenbahn Gessertshausen - Fischach - Markt Wald - Ettringen (Türkheim) Bild-Doku Teil 1 "Markt Wald". In: Spur Null Magazin Forum. 22. August 2018, abgerufen am 6. Januar 2023.
- Fachgespräch zum Thema Stand der Infrastrukturvorbereitung bei den zur Reaktivierung anstehenden Eisenbahnstrecken (Vollzug Landtagsdrucksache 18/12595). Ausschussprotokoll 35. BV. Bayerischer Landtag, 23. Februar 2021, S. 10 (landtag.de [PDF; 197 kB; abgerufen am 6. Januar 2023]).