Bahnstrecke Dschibuti–Addis Abeba (Meterspur)

Die Bahnstrecke Dschibuti–Addis Abeba entstand mit der Gründung der Compagnie Impériale d’Éthiopie am 9. März 1894, nach einer Ermächtigung durch Kaiser Menelik. Der Bau der Strecke wurde von der Nachfolgegesellschaft Compagnie Impériale des Chemins de fer Éthiopiens (CIE) begonnen und von der vom französischen Staat alimentieren Nachfolgegesellschaft Compagnie du Chemin de Fer Franco-Éthiopien (CFE) bis 1917 fertiggestellt.[1] Die Strecke verbindet Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba im Hochland (2.355 Meter ü.d.M.) mit dem Hafen von Dschibuti, das damals ein französisches Protektorat war, und war lange die einzige Eisenbahnverbindung in Äthiopien.

Dschibuti–Addis Abeba
Strecke der Bahnstrecke Dschibuti–Addis Abeba (Meterspur)
Meterspurstrecke in grün, Normalspurstrecke in rot
Streckenlänge:784 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Maximale Neigung: 30,0 
Minimaler Radius:150 m
Dschibuti-Hafen
0 Dschibuti
18,8 Chebele
Chebele-Viadukt
32,9 Goubetto
51,5 Holhol
Holhol-Viadukt
71,9 Dasabiou
89,5 Ali Sabieh Douane
Dschibuti / Äthiopien
107,1 Dewele Frontière
123,7 Guelile
131,3 Adele
144,6 Ayisha
160,7 Lasarat
Harr-Tunnel
200,5 Adigale
234,3 Arido Beyid
246,8 Milo
264,1 Harrewa
284,6 El Bah
298,2 Shinile
309,5 Dire Dawa
336,3 Hurso
367,9 Erer
374,8 Gota
393,3 Bike
419,6 Afdam
447,5 Mulu
459,3 Mieso
472,8 Asabot
494,0 Kora
508,9 Dire Kalu
515,7 Laga Arba
524,9 Bordele
538,6 Awash Ost
545,1 Awash
Awash
576,8 Metehara
Anschluss Zuckerfabrik
615,9 Melka Jilo
633,1 Borchotto
639,1 Harbona
643,4 Feto
654,6 Welenchiti
660,4 Neve
669,6 Gede
681 Nazret
Anschluss Zuckerfabrik
699,0 Gebeya
706,6 Mojo
722,2 Gich’i
730,6 Debre Zeyit
741,0 Dukem
Gerado
760,2 Ak’aki Beseka
768,5 Kalitie
Hana
782,2 Addis Abeba

Geschichte

Kaiserliche Gesellschaft von Äthiopien 1894–1906

Nach einer ersten französischen Bahnidee 1883 sollte es einige Jahre und vermutlich auch die Thronbesteigung von Kaiser Menelik II. 1889 brauchen, um die Idee zu konkretisieren. Am 11. Februar 1893 hatte Kaiser Menelik II. ein Dekret zur Errichtung einer Eisenbahnlinie erlassen.[2] Der Schweizer Ingenieur Alfred Ilg, der mitgeholfen hatte, Äthiopien technisch zu entwickeln und am kaiserlichen Hof einen guten Ruf genoss, konnte dank einer Ermächtigung des Kaisers am 9. März 1894 die Compagnie Impériale d’Éthiopie gründen mit einer Konzession für den Bau einer Linie zwischen Addis Abeba bis zur Grenze der Französischen Somaliküste (heute: Dschibuti). Die Betriebskonzession war für 99 Jahre gültig, die Baukonzession war aber bis 1909 begrenzt. Neben dem Bau der Eisenbahn war auch der Bau einer Telegrafenleitung entlang der Trasse vereinbart. Für das Streckenstück von der äthiopischen Grenze bis Dschibuti kam die französische Genehmigung am 27. April 1896 zu Stande. Die Bahngesellschaft wurde am 7. August 1896 in Compagnie Impériale des Chemins de fer Éthiopiens (CIE) umbenannt. Wegen mittelmäßiger Finanzierung konnte mit dem Bau erst im Oktober 1897 begonnen werden. Die Arbeiten wurden dem Bauunternehmen Duparchy et Vigouroux übertragen.[1] Die Strecke wurden von Dschibuti aus vorangetrieben, da der aus Europa angelieferte Teil des Baumaterials hier ankam. Der Bau stand unter der Leitung Alfred Ilgs und des französischen Partners M. Chefneux. 1902 war der Abschnitt bis Dire Dawa fertiggestellt. Doch das politische Klima verschlechterte sich zusehends. Die Briten mischten sich in die Politik ein, und der Einfluss der Italiener wurde ebenfalls größer, so dass es für die Gesellschaft immer schwieriger wurde, die benötigten Geldmittel aufzutreiben. 1906 versiegten die Geldquellen aufgrund der herrschenden politischen Instabilität endgültig, die Gesellschaft musste deshalb am 6. Juni 1907 Konkurs anmelden und die Strecke unvollendet lassen.[1]

Compagnie Franco-Ethiopienne 1908–1945

Für den Weiterbau der Strecke wurde am 15. Mai 1909 die Compagnie de Chemin de Fer Franco-Ethiopien de Jibuti à Addis Abeba (CFE) gegründet, die dank französischer Staatsgarantie einfacher zu Geld kam. Die Bauarbeiten wurden nach sechs Jahren Unterbruch[1] am 24. März 1908 wieder aufgenommen, so dass 1915 Akaka Beseka, 21 Kilometer von Addis Abeba, erreicht war. Im Jahre 1917 war auch die Hauptstadt an die Bahn angeschlossen. Am 3. Dezember 1929 wurde das Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs in Addis Abeba feierlich eingeweiht.

Eröffnungsdaten

  • 22. Juli 1901 Dschibuti–Douanle, 106 km
  • 1902 (Ende des Jahres) bis Kilometer 311
  • 1906 (Konkurs) bis Dire Dawa,
  • 1915 bis Akaka Beseka, 763 km
  • 1917 bis Addis Abeba, 784 km

Nachkriegszeit

Güterverkehr in den Jahren 1953–1958 (in t):

Jahr Einfuhrgüter Ausfuhrgüter
1953108.304140.164
1954100.24068.257
195587.40175.346
195688.78759.142
1957102.97076.394
1958127.30647.235

1958 wurden folgende Passagierzahlen erreicht:[3]

  • 1. Klasse: 6.631
  • 2. Klasse: 14.132
  • 3. Klasse: 380.333

Im Ogadenkrieg 1977/78 wurde die Bahnstrecke beschädigt und blieb daher ein Jahr lang geschlossen.[4] 1981 wurde die Betreibergesellschaft in Chemin des fer Djibouti-Éthiopien (CDE) umbenannt. 1985 gab es bei Awash einen schweren Eisenbahnunfall mit mehreren hundert Toten.

Der heutige Name der Gesellschaft lautet Ethio-Djibouti Railway. Sie wurde 2006 privatisiert. Im März 2006 wurde die Konzession für den grenzüberschreitenden Betrieb der südafrikanischen Gesellschaft COMAZAR übertragen. Sie hatte den Mitbewerber, die indische Gesellschaft RITES geschlagen. Die Konzession hat eine Laufzeit von 25 Jahren. Derzeit (2010) wird die Eisenbahninfrastruktur überholt, die noch vorhandenen Schienen der Stärke 20 kg/m gegen 40/kg/m-Schienen ausgetauscht und 25.000 Stahlschwellen gegen Betonschwellen ausgewechselt.[5] Dem allen war nur begrenzter Erfolg beschieden: Im März 2004 wurde der Personenverkehr auf dem Abschnitt Addis Abeba – Dire Dawa eingestellt und dieser Streckenabschnitt 2008 ganz stillgelegt.[6] Zwischen Addis Abeba und Dire Dawa ist die Meterspurstrecke seit 2017 oftmals von der neuen SGR-Strecke überbaut bzw. wird von ihr gekreuzt. Entgegen allen Meldungen gibt es auf der Meterspurstrecke zwischen Dire Dawa und Dschibuti weiterhin Reiseverkehr, wie im März 2019 beobachtet werden konnte. Demnach verkehrt ein- bis zweimal die Woche ein Personenzug ab Dire Dawa in Richtung Dschibuti und kehrt nach etwa zwei Tagen zurück.[7]

Neubau in Normalspur unter chinesischer Regie 2011–2016

Im Jahre 2011 wurden zwei chinesische Firmen mit dem Neubau der Eisenbahnstrecke von Dschibuti nach Addis Abeba beauftragt. Sie ist normalspurig und elektrifiziert. Die Eröffnung der 756 Kilometer langen Strecke erfolgte am 5. Oktober 2016.[8]

Bauwerke

Der Bahnhof Addis Abeba (Januar 2018)
Blick über die Gleise des Bahnhofs von Addis Abeba (Januar 2018)

Die Strecke ist in Meterspur ausgeführt. Für die Wasserversorgung mussten teilweise Aquädukte gebaut werden.

Der Unterbau bestand aus einem 2,8 Meter breiten, und 35 cm hohen Schotterbett. Beim Oberbau kamen speziell angefertigte Stahlschwellen, als „Menelek-Typ“ bezeichnet, zum Einsatz. Auf zehn Meter Gleis kamen 13 Stahlschwellen mit einem Gewicht von 30 Kilogramm. Die zehn Meter langen Schienenstücke hatten ein Gewicht von 200 Kilogramm. Dies ließ einen maximalen Achsdruck von acht Tonnen zu.

Die Telegrafenleitung wurde in einem Abstand von rund 70 Metern von der Bahntrasse erstellt. Es gab vier Leitungen, eine für die Langdistanz der Bahn, eine für die Zwischenstationen, und zwei öffentliche Leitungen. Die Telegrafenleitung musste zum Schutz vor Termiten mit Eisenmasten errichtet werden. Die bestanden aus drei Stücken zu je 75 Kilogramm, die ineinander gesteckt wurden. Durch das Gewicht und die hohen Temperaturen war der Bau schwierig.

Fahrzeuge

Dampflokomotiven

Familie Ilg vor einer Lokomotive der Firma SLM, Winterthur in Dire Dawa.

Die ersten Dampflokomotiven für die Bahn wurden von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) gebaut. Von 1899 bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Reisezuglokomotiven Nr. 1–9 mit der Achsfolge 1’C und 13 schwere Zweizylinder-Verbund-Güterzuglokomotiven Nr. 21–33 der Achsfolge 1’D geliefert. Eine der Reisezuglokomotiven war an der Weltausstellung Paris 1900 zu sehen.[9] Die Güterzuglokomotiven wurden teilweise nach Zeichnungen aus der Schweiz bei der Société Alsacienne de Constructions Mécaniques (SACM) gebaut und von dieser zu den stärkeren Heißdampf-Zwilingslokomotiven mit leistungsfähigerem Kessel weiterentwickelt, von denen vor dem Ersten Weltkrieg die Nr. 121–129 und zwischen den Kriegsjahren 33 weitere abgeliefert wurden. Die SLM kam nur noch für sechs Nachbauten zum Zug, nachdem die SACM-Lokomotiven Mängel aufwiesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Lokomotiven auf Schwerölfeuerung umgebaut[10]

1937 wurden die beiden G 4/5 Nummer 7 + 8 der Appenzeller Bahn übernommen. Vor dem Versand baute die SLM die beiden AB-Tenderloks mit neuen zweiachsigen Tendern in Schlepptendermaschinen um. Sie erhielten die Nummer 101 und 102 und waren noch zwölf Jahre im Betrieb.

Dieseltriebwagen

Dieseltriebwagen baute Fiat.

Diesellokomotiven

1950/1951 lieferte die Schweizerische Lokomotivfabrik Winterthur zwölf Diesellokomotiven der Achsfolge (Ao1Ao)-(Ao1Ao) mit einer Leistung von 680 PS (500 kW) und einer Höchstgeschwindigkeit von 90/65 km/h bei einer Dienstmasse von 50 Tonnen. Sie hatten einen einseitigen Führerstand mit einem markanten Kuhfänger und einer Ladeluftkühleinrichtung. Sie verkehrten oft in Doppeltraktion und wurden als Baureihe M für Service Marchandise bezeichnet. Es war ursprünglich vorgesehen, Reisezuglokomotiven der Baureihe V für Service Voyageur zu beschaffen. Das Vorhaben wurde aber nach einer Entgleisung bei einer Versuchsfahrt aufgegeben.[11]

Im Jahr 1954 stellt die C.F.E sechs Bo'Bo'-Diesellokomotiven mit 925 PS Leistung in Dienst, hergestellt von Alsthom im Werk Tarbes. Sie tragen die Betriebsnummern BB01 bis 06 und wurden nach den Empfehlungen der OFERFOM hergestellt, ein Organ, das die Zusammenarbeit zwischen den Bahngesellschaften in Französisch Afrika koordinierte. Abgeleitet vom Grundtyp BB500, der im Jahr 1953 nach Madagaskar geliefert wurde, ist es eine einfache und robuste Maschine mit einem Dienstgewicht von 44 Tonnen. Der Dieselmotor ist der neue, sehr gut gelungenen MGO V12 ASHR, aus dem zahlreiche Nachfolgemodelle weiterentwickelt werden. War er ab Werk auf 925 PS eingestellt, so musste er später angesichts des Streckenprofils und dem schwachen Dienstgewicht der Lokomotiven in Bezug auf die Leistung, durch die Techniker von Diré Daoua auf 660 PS gedrosselt werden. 1963 wurden noch die BB11 - 13 mit dem Motor MGO V12 BSHR geliefert. Das Nachfolgemodell (Typ AD12B) wurde ab 1972 geliefert (1972: BB1201 - 1204; 1978 bis 1980: BB1205 - 1209; 1984: BB1210 - 1215; 1997: BB1216 - 1219). Vier Lokomotiven des Typs CC2400 wurden 1965 und 1968 geliefert. Sie erhielten die Betriebsnummern CC2001 bis CC2004.[12]

Offener Güterwagen der CFE gebaut von Société Franco-Belge

Bestand

Rollmaterialstand 1936: 60 Dampflokomotiven, 45 Personenwagen und 353 Güterwagen.[13]

Rollmaterialstand 1970: 23 Streckenlokomotiven (dieselelektrisch), 10 Rangierlokomotiven (dieselelektrisch), 2 Triebwagen. 21 Personenwagen 1. und 2. Klasse (inkl. Schlafwagen), 39 Wagen 3. Klasse sowie 613 Güterwagen. Die Dampflokomotiven wurden abgeschafft.

Sonstige

Es gab einen Hofzug für den Negus („Kaiser von Äthiopien“) aus zwei Salonwagen, die in Frankreich gebaut worden waren.[14]

Literatur

  • Elisabeth Biasio: Prunk und Pracht am Hofe Menilek. Verlag NZZ, Zürich 2004, ISBN 3-03823-089-8.
  • Alfred Ilg: Zur Geschichte der äthiopischen Eisenbahnen. In: Jahresberichte der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft in Zürich, Band 10 (1909–1910), S. 113 ff. (Digitalisat).
  • Conrad Keller: Alfred Ilg, sein Leben und sein Wirken als schweizerischer Kulturbote in Abessinien. Huber, Frauenfeld 1918.
  • Heribert Küng: Staatsminister Alfred Ilg (1854–1916), ein Thurgauer am Hof Kaiser Menelik II. von Äthiopien. Thesis-Verlag, Zürich 1999. ISBN 3-908544-34-3.
  • Willi Loepfe: Alfred Ilg und die äthiopische Eisenbahn. Atlantis-Verlag, Zürich 1974, ISBN 3-7611-0446-4.
  • Neil Robinson: World Rail Atlas and Historical Summary 7 = North, East ans Central Africa.o.O. 2009, S. 39ff u. Tafel 40. ISBN 978-954-92184-3-5.
Commons: Chemin de fer djibouto-éthiopien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. La Compagnie de chemin de fer djibouto-éthiopienne. Archivistes sans frontières / ASF-France, abgerufen am 2. April 2017 (französisch).
  2. Robinson, S. 40.
  3. Kurt Ewert: Die Länder Afrikas, Band 22 Äthiopien, 1959, Seite 42
  4. Local History in Ethiopia (Memento vom 16. Juni 2007 im Internet Archive).
  5. Continental Railway Journal 161 (2010), S. 112.
  6. Robinson, S. 40f.
  7. Vgl.: NN: Ethiopia–Djibouti In: HaRakevet 126 (September 2019), S. 21.
  8. Ethiopia – Djibouti railway inaugurated. In: Railway Gazette International. 5. Oktober 2016, ISSN 0373-5346 (railwaygazette.com [abgerufen am 6. Oktober 2016]).
  9. France. Ministère du commerce, de l'industrie, des postes et des télégraphes (Hrsg.): Exposition universelle internationale de 1900 à Paris. Rapports du jury international. Groupe VI. Génie civil. Moyens de transport. Deuxième partie. Classes 32 (Tome I). Imprimerie nationale, Paris 1902, S. 271 ff. (cnam.fr).
  10. Dampflokliste. In: Die Französisch-Ethiopische Eisenbahngesellschaft und die Djibouti-Ethiopische Bahngesellschaft - Djibouti Addis-Abeba. Abgerufen am 23. April 2017.
  11. Die Diesellokomotiven SLM Winterthur und Brown Boveri & Co. In: Le Chemin de Fer Franco Ethiopien et Djibouto Ethiopien - Djibouti Addis-Abeba. Abgerufen am 2. April 2017.
  12. CHEMIN DE FER DJIBOUTO - ETHIOPIEN
  13. World Survey of Foreign Railways. Transportation Division, Bureau of foreign and domestic commerce, Washington D.C., 1936, S. 154b (englisch, Google Books).
  14. Paul Dost: Der rote Teppich. Geschichte der Staatszüge und Salonwagen. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1965, S. 275.
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