Bahnstrecke Wunstorf–Bremen
Die Bahnstrecke Wunstorf–Bremen ist eine der wichtigsten Eisenbahnstrecken Niedersachsens und Deutschlands, da sie Bremen und Bremerhaven über Verden, Nienburg und Wunstorf mit Hannover verbindet. Der Rangierbahnhof Seelze und Hannover wird über die sich in Wunstorf anschließende Strecke aus Minden erreicht. Die Strecke Wunstorf – Bremerhaven ist 172,8 km lang und hat die Streckennummer 1740.
Die 100,9 Kilometer lange, zweigleisige Hauptstrecke ist durchgehend elektrifiziert und mit digitalem Zugbahnfunk GSM-R ausgestattet. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 km/h, die höchstzulässige Achslast 22,5 Tonnen und die Meterlast 3,0 Tonnen/Meter, was der Streckenklasse D4 entspricht.[3]
Geschichte
Entgegen preußischen Wünschen begann die gemeinschaftlich mit der Freien Hansestadt Bremen finanzierte Bahnstrecke nach Bremen nicht in Minden, sondern im hannoverschen Wunstorf als Abzweig von der am 15. Oktober 1847 eröffneten Bahnstrecke Hannover–Minden der Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen. Seit ihrer Eröffnung am 12. Dezember 1847 erweist sich die Strecke Wunstorf–Bremen als eine der wichtigsten Eisenbahnstrecken Deutschlands, da sie die Verbindung der bremischen und niedersächsischen Häfen nach Süddeutschland herstellt. 1857 wurde sie auf zweigleisigen Betrieb umgestellt.[4]
Wichtige Zulaufstrecken sind die Bahnstrecke Bremen–Bremerhaven (seit 1862, später weiter nach Cuxhaven) und die Bahnstrecke Bremen–Oldenburg (seit 1867, weiter nach Wilhelmshaven und Emden).
Verbindungsstrecken sind die Amerikalinie nach Stendal, die Bahnstrecke Verden–Rotenburg und die Bahnstrecke Nienburg–Minden. Nebenstrecken bestanden von Wunstorf nach Stolzenau über die Steinhuder Meer-Bahn, von Nienburg/Weser nach Uchte bzw. Sulingen, von Eystrup über Hoya und Bruchhausen-Vilsen nach Syke, von Wahnebergen über Schwarmstedt nach Celle (Bahnstrecke Celle–Wahnebergen) und von Verden (Aller) nach Walsrode (Bahnstrecke Verden (Aller)–Walsrode Nord).
Der elektrische Zugbetrieb zwischen Hannover und Bremen wurde am 14. Dezember 1964 aufgenommen.[5] Die Nahverkehrszüge mit vierachsigen silbernen Waggons wurden Silberpfeile genannt. An ihre Beschleunigung nicht gewöhnt, verunglückten anfangs manche zu spät aufspringende Reisende, bis die zentrale Türverriegelung eingeführt wurde.
Die 375 Meter lange Allerbrücke bei Verden mit 15 gemauerten Gewölben aus dem Jahr 1867 und einem 130 Meter langen mittleren Stahlteil aus dem Jahr 1950, mit getrennten Überbauten für jedes Richtungsgleis, wurde von 2012 bis 2015 durch einen Neubau ersetzt. Das neue Bauwerk liegt auf einer neuen, 13,8 Meter nach Osten verschobenen Bahntrasse und ist als Trogbrücke mit acht Öffnungen und einer maximalen Stützweite von 80 Metern über der Aller ausgeführt.[6]
Streckenverlauf
In Wunstorf zweigt diese Bahnstrecke von der Bahnstrecke Hannover–Minden nordwärts in die Hannoversche Moorgest ab. Sie verläuft zunächst westlich der Leine und biegt bei Neustadt am Rübenberge Richtung Nienburg ins Wesertal ab. Sie bleibt bis zum Endpunkt Bremen rechts der Weser. Zuvor überbrückt sie bei Verden die Aller und wendet sich bei Langwedel nordwestwärts durch die Verdener Geest und die Wesermarschen.
Verkehr
Die Strecke ist mit Reise- und Güterzügen stark frequentiert. Der Bau der Y-Trasse Hannover–Hamburg/Bremen sollte die Strecke entlasten, wird aber nicht weiterverfolgt.[7] Die Leistungen im Personenverkehr werden größtenteils von der Deutschen Bahn erbracht, nur die unteren Zugkategorien zwischen Bremen Hauptbahnhof und Verden seit Dezember 2010 als Teil der Linie RS1 der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen von der NordWestBahn (NWB). Die Leistungen der Linie RB37 von Bremen Hbf nach Langwedel und weiter nach Uelzen werden von dem DB-Tochterunternehmen Regionalverkehre Start Deutschland bedient.
Personenfernverkehr
Der Schienenpersonenfernverkehr wurde mit Schnell- und Eilzügen durchgeführt. Von Juni 1969 bis Mai 1980 verkehrte der Trans-Europ-Express (TEE 74/75, danach TEE 90/91) zwischen Hannover und Bremen.
Auf der Strecke fahren Intercity-Express (ICE) der Linie 25 Bremen – München und Intercity (IC) der Linie 56 Norddeich Mole – Emden – Oldenburg – Bremen –Leipzig jeweils im Zweistundentakt.[8] Die ICE-Züge verkehren zwischen Hannover Hbf und Bremen Hbf in der Regel ohne Zwischenhalt, die um eine Stunde versetzt verkehrenden Intercity bedienen zusätzlich Verden und Nienburg.
Regionalverkehr
Im Schienenpersonennahverkehr verkehren zwischen Hannover und Bremen zweistündlich abwechselnd Regional-Express-Züge (RE) der Relationen Hannover – Bremerhaven-Lehe (RE8) und Hannover – Norddeich Mole (RE1), so dass sich zwischen Hannover und Bremen ein Stundentakt ergibt. Die Züge halten in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge, Nienburg (Weser), Eystrup, Dörverden, Verden (Aller), Achim, Bremen-Mahndorf und Bremen Hauptbahnhof. Die bis zu 160 km/h schnellen Wendezüge werden aus sechs (RE8) bzw. sieben (RE1) Doppelstockwagen gebildet und mit Lokomotiven der DB-Baureihe 146.1 aus dem Betriebshof Bremen bespannt.[9] Die Deutsche Bahn beschaffte im Jahre 2002 für diese Regional-Express-Linie 8 Lokomotiven und 40 Doppelstockwagen. Das Land Niedersachsen beteiligte sich an den Gesamtkosten in Höhe von etwa 66 Millionen Euro zur Hälfte.[10]
Auf dem nördlichen Streckenabschnitt zwischen Verden und Bremen Hauptbahnhof verkehrt die Linie RS1 Verden–Bremen-Vegesack–Bremen-Farge der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen im Stundentakt, der im werktäglichen Berufsverkehr am Morgen und späten Nachmittag auf einen 30-Minuten-Takt verdichtet wird. Die Regio-S-Bahnen halten an allen Unterwegsstationen.[11] Es kommen drei- und fünfteilige Einheiten des Typs Alstom Coradia Continental zum Einsatz.[12]
Der Verkehr wird durch zweistündlich über die Amerikalinie fahrende Regionalbahn-Züge Uelzen – Bremen verstärkt, die in Langwedel, Achim und – seit Dezember 2016 – in Bremen-Mahndorf halten. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2008 wurden die Zugläufe vorübergehend auf die Relation Uelzen–Soltau–Langwedel verkürzt. Eingesetzt wurden im Betriebshof Braunschweig beheimatete Dieseltriebwagen der Baureihe 628. Von Dezember 2011 bis Dezember 2021 wurde der Verkehr der Relation Uelzen – Bremen von der erixx mit Triebwagen der Baureihe 648 erbracht, seither wird der Verkehr mit denselben Fahrzeugen von dem DB-Tochterunternehmen Regionalverkehre Start Deutschland durchgeführt.
Die Linie S2 Nienburg – Wunstorf – Hannover – Haste der S-Bahn Hannover verkehrt im Stundentakt.
Im Berufsverkehr werden zudem zusätzliche Regional-Express-Züge zwischen Nienburg und Hannover eingesetzt. Seit Dezember 2016 fahren je zwei dieser Züge morgens in Südrichtung und am Nachmittag/Abend in Nordrichtung über die gesamte Strecke.
Der Streckenabschnitt zwischen Nienburg und Verden wurde bis 2017 an Wochenenden von Regionalbahnen der „Weser-Aller-Bahn“ (Minden – Rotenburg) befahren. Die Bahnen verkehrten im Zweistundentakt und hielten an allen vier Bahnhöfen auf diesem Abschnitt.
Auf dem Streckenabschnitt Bremen – Eystrup gilt in Zügen des Regionalverkehrs der Tarif des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen (VBN), von Hagen (Han) bis Hannover der des Großraum-Verkehrs Hannover (GVH).
Güterverkehr
Die Bahnstrecke wird regelmäßig von Containerzügen von und nach Bremerhaven[13] sowie von Autotransportzügen befahren. Der Rangierbahnhof Seelze Rbf ist ein Verkehrsknoten des Schienengüterverkehrs im norddeutschen Raum. Güterzüge nutzen zwischen Seelze und Wunstorf eine eigene Güterzugtrasse und werden anschließend zwischen die Reisezüge gemischt. In Verden und Nienburg gelangt weiterer Güterverkehr über die Weser–Aller–Bahn aus Hamburg und Minden auf die Strecke.
Literatur
- Regionalverbindungen Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein. In: DB Vertrieb GmbH; DB Regio AG, Region Nord (Hrsg.): Kursbuch 2007/2008. B, 28. September 2007, S. 388–392, 435–442.
Weblinks
- Vorstellung des Netzbezirks Wunstorf auf einer privaten Website, Stand Januar 2016
Einzelnachweise
- DB Netze - Infrastrukturregister
- Eisenbahnatlas Deutschland. 9. Auflage. Schweers+Wall, Aachen 2014, ISBN 978-3-89494-145-1.
- Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Schienennetz-Nutzungsbedingungen. Netzfahrplan 2008. (2008-10-27).
- Hans Wolfgang Rogl, Ludger Kenning: Die Steinhuder Meer-Bahn. Nordhorn 1998, ISBN 3-927587-90-7, S. 58.
- Bundesbahndirektion Hannover (Hrsg.): 1843–1983. 140 Jahre Eisenbahndirektion Hannover. Hannover (ohne Datumsangabe).
- Andreas Keil, Thomas Fackler, Tobias Steigerwald: Die neue Allerbrücke bei Verden. In: Bautechnik. Band 92, Heft 2, 2015, S. 116–122.
- Planer nehmen Y-Trasse in Angriff. In: Welt Online, Berlin. 20. Oktober 2008, abgerufen am 27. Oktober 2008.
- ICE-/IC-/EC-Liniennetz 2024 der Deutschen Bahn AG (PDF; 366 KB)
- Die 146er-Loks vor dem Regional-Express Hannover–Norddeich Mole. Lange Wege – kurze Pausen. (PDF; 1,01 MB) In: Takt – die Kundenzeitschrift von Regio Niedersachsen/Bremen. DB Regio AG, Regio Nord, Hannover, September 2008, S. 3, ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. Oktober 2015. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
- 40 neue Doppelstockwagen für Regionallinie Hannover–Bremen-Norddeich. (PDF; 15,1 kB) Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr; Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH; Deutsche Bahn AG, 22. Februar 2002, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2015; abgerufen am 27. Oktober 2008 (Gemeinsame Presse-Information 58/2002; Hannover).
- Fahrplanwechsel 2011 mit neuer RS 1 – Verden an Regio-S-Bahn angebunden (Memento vom 16. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today)
- Zugkraft für den Nord-Westen. (Memento vom 10. September 2012 im Webarchiv archive.today)
- Langwedel. In: Josef Högemann, Erich Preuß (Hrsg.): Das große Archiv der deutschen Bahnhöfe. GeraMond-Verlag, ISSN 0949-2127.