Bahnradsport-Europameisterschaften 2016
Die Bahnradsport-Europameisterschaften 2016 fanden vom 19. bis 23. Oktober 2016 im Vélodrome National in Saint-Quentin-en-Yvelines, einem Vorort von Paris, statt.
280 Sportler (95 Frauen und 185 Männer) gingen an den Start, 23 Wettbewerbe standen zur Entscheidung an.
Diese Europameisterschaften waren von mehreren Neuerungen geprägt: Nachdem das Zweier-Mannschaftsfahren (in verschiedenen Formen) seit Ende des 19. Jahrhunderts eine reine Männerdomäne war, wurde es seit 1995 in der aktuellen Ausführung auch bei Weltmeisterschaften weiterhin nur für Männer ausgetragen. Auf nationaler Ebene gab es nur in wenigen Ländern eine Meisterschaft für Frauen in dieser Disziplin. 2016 wurde das Zweier-Mannschaftsfahren der Frauen erstmals in das Programm der Europameisterschaften aufgenommen und damit erstmals bei einem internationalen Wettbewerb ausgetragen.
Das bisher aus sechs Disziplinen bestehende Omnium besteht künftig nur noch aus vier Disziplinen. Sämtliche Zeitfahr-Disziplinen – Einerverfolgung, 1000-Meter-Zeitfahren, Fliegende Runde –, wurden gestrichen. Scratch, Ausscheidungsfahren und Punktefahren wurde stattdessen die Temporennen als vierte Disziplin hinzugefügt. Für die Männer gehen das Scratchrennen und die Temporunden über zehn Kilometer, für die Frauen über 7,5 Kilometer; das abschließende Punktefahren geht für Männer und Frauen jeweils über 25 Kilometer.[1]
Im Rahmen dieser Europameisterschaften wurden zum Auftakt die Steher-Europameisterschaften ausgetragen. Auch diese Integration von Steherrennen in die Bahn-Europameisterschaften war eine Novität.[2]
Einige Nationalmannschaften gingen bei diesen Europameisterschaften mit Sportlerinnen und Sportlern aus der „zweiten Reihe“ oder aus dem Nachwuchs an den Start, da viele Fahrer, die bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro starteten, bis zum Start der Weltcup-Saison am 4. November im Sir Chris Hoy Velodrome in Glasgow pausieren. Für viele Nachwuchssportler bot diese EM daher die Chance, sich in Hinblick auf die Olympischen Spiele 2020 zu profilieren.[3]
Die erfolgreichsten Mannschaften bei dieser EM waren die französische sowie die russische mit jeweils drei Goldmedaillen. Bei den Franzosen errang Corentin Ermenault, Sohn von Olympiasieger Philippe Ermenault, allein zwei Titel, in der Einer- sowie in der Mannschaftsverfolgung. Die drei russischen Goldmedaillen entfielen auf den Kurzzeitbereich: Während sich Darja Schmeljowa zwei Titel im 500-MeterZeitfahren sowie im Teamsprint sicherte, wurde ihr Landsmann Pawel Jakuschewski Europameister im Sprint. Die Schweizer Mannschaft landete dank zweier Goldmedaillen von Loïc Perizzolo im Ausscheidungsfahren sowie der von Gaël Suter auf Platz fünf der Medaillenwertung. Die deutsche Mannschaft, die mit vielen Nachwuchskräften angereist war, rangierte in der Endabrechnung auf Platz neun, darunter eine goldene für den Steher Stefan Schäfer.
Erfolgreichste Sportlerin dieser Europameisterschaften war die Niederländerin Kirsten Wild, die insgesamt fünf Medaillen gewann, darunter zweimal Gold im Ausscheidungsfahren und im Punktefahren, und hielt sich damit für den für sie enttäuschenden zweiten Rang im Straßenrennen der Straßenradsport-Weltmeisterschaften 2016 schadlos. Elisa Balsamo, die bei der WM das Straßenrennen der Juniorinnen gewonnen hatte, entschied gemeinsam mit ihren Teamkameradinnen Tatiana Guderzo, Simona Frapporti und Silvia Valsecchi die Mannschaftsverfolgung für Italien. Die Britin Katie Archibald wurde zum dritten Mal in Folge Europameisterin in der Einerverfolgung, gewann das Omnium und belegte im Ausscheidungsfahren Platz zwei. Der Spanier Albert Torres wurde Europameister im Omnium sowie wie im Vorjahr gemeinsam mit Sebastián Mora im Zweier-Mannschaftsfahren. Die Belgierinnen Jolien D’hoore und Lotte Kopecky wurden die ersten Europameisterinnen im Zweier-Mannschaftsfahren in der Geschichte des Radsports.
Zeitplan
Datum | Disziplinen Männer | Disziplinen Frauen |
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Mittwoch, 19. Oktober | 1000-Meter-Zeitfahren, Scratch, Steherrennen | 500-Meter-Zeitfahren, Ausscheidungsfahren |
Donnerstag, 20. Oktober | Mannschaftsverfolgung, Teamsprint, Ausscheidungsfahren | Mannschaftsverfolgung, Teamsprint, Scratch |
Freitag, 21. Oktober | Omnium | Keirin, Einerverfolgung, Punktefahren |
Samstag, 22. Oktober | Punktefahren, Einerverfolgung, Sprint | Omnium |
Sonntag, 23. Oktober | Keirin, Zweier-Mannschaftsfahren | Sprint, Zweier-Mannschaftsfahren |
Resultate
Sprint
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Keirin
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Zeitfahren
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Teamsprint
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Einerverfolgung
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Mannschaftsverfolgung
Punktefahren
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Bei gleicher Punktzahl entscheidet die Platzierung im Endspurt über den Gesamtrang.
Scratch
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Ausscheidungsfahren
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Omnium
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Madison (Zweier-Mannschaftsfahren)
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Steherrennen
Männer | |||
# | Fahrer / Schrittmacher | Nationalität | Runden |
Stefan Schäfer / Peter Bäuerlein | GER | 0 | |
Franz Schiewer / Gerd Gessler | GER | 0 | |
Giuseppe Atzeni / René Aebi | SUI | - 8 | |
4 | Peter Jörg / Thomas Baur | SUI | - 10 |
5 | Émilien Clère / François Toscano | FRA | - 10 |
Bereits nach wenigen Minuten des einstündigen Finales fiel eine Vorentscheidung: Das niederländische Gespann Patrick Kos/Jan Willem Fack griff das deutsche Gespann Thomas Steger/Thomas Ruder an, was Kos, den Europameister von 2011, so viel Kraft kostete, dass er von der Rolle kam und das Rennen aufgab. Ende der ersten Rennhälfte holten sich Stefan Schäfer und Peter Bäuerlein eine Runde Vorsprung gegenüber Atzeni/Aebi, die die Schweizer nicht mehr aufholen konnten. Das zweite deutsche Gespann Franz Schiewer und Gerhard Gessler blieb mit Schäfer/Bäuerlein in einer Runde. Dieser Stand konnte bis zum Schluss gehalten werden. Von den acht gestarteten Gespannen kamen nur fünf ins Ziel.[4]
Medaillenspiegel
Rang | Land | Gold | Silber | Bronze | Gesamt |
---|---|---|---|---|---|
1 | Frankreich | 3 | 1 | 3 | 7 |
2 | Russland | 3 | 1 | 1 | 5 |
3 | Vereinigtes Königreich | 2 | 4 | 2 | 8 |
4 | Niederlande | 2 | 3 | 3 | 8 |
5 | Schweiz | 2 | 1 | 1 | 4 |
Spanien | 2 | 1 | 1 | 4 | |
7 | Litauen | 2 | 0 | 2 | 4 |
8 | Belgien | 1 | 3 | 2 | 6 |
9 | Deutschland | 1 | 3 | 1 | 5 |
Polen | 1 | 3 | 1 | 5 | |
11 | Italien | 1 | 2 | 0 | 3 |
12 | Ukraine | 1 | 1 | 1 | 3 |
13 | Tschechien | 1 | 0 | 2 | 3 |
14 | Dänemark | 1 | 0 | 0 | 1 |
15 | Griechenland | 0 | 1 | 0 | 1 |
16 | Irland | 0 | 0 | 1 | 1 |
Belarus | 0 | 0 | 1 | 1 | |
Gesamt | 23 | 23 | 23 | 69 |
Aufgebote
Bund Deutscher Radfahrer
- Kurzzeit Frauen: Pauline Grabosch
- Ausdauer Frauen: Gudrun Stock, Tatjana Paller, Michaela Ebert, Franziska Brauße
- Kurzzeit Männer: Marc Jurczyk, Jan May, Robert Förstemann, Eric Engler, Tobias Wächter
- Ausdauer Männer: Leif Lampater, Lucas Liß, Moritz Malcharek, Sebastian Wotschke und Jasper Frahm
- Steher: Stefan Schäfer/Peter Bäuerlein, Franz Schiewer/Gerd Gessler, Thomas Steger/Thomas Ruder
- Michaela Ebert
- Franziska Brauße
- Moritz Malcharek
- Sebastian Wotschke
- Jasper Frahm
Swiss Cycling
- Ausdauer Frauen: Virginie Perizzolo
- Ausdauer Männer: Claudio Imhof, Gino Mäder, Tristan Marguet, Loïc Perizzolo, Gaël Suter
- Steher: Giuseppe Atzeni/René Aebi, Peter Jörg/Thomas Baur, Michaël Alborn/Dino Rey
Österreichischer Radsportverband
- Frauen: Verena Eberhardt
- Männer: Andreas Graf, Andreas Müller, Stefan Matzner
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Webseite
- 2015-2018 UEC European Championships. (PDF) UEC, 30. September 2015, abgerufen am 12. Januar 2016.
Einzelnachweise
- Reformiertes Omnium und Frauen-Madison erstmals bei der Bahn-EM. In: rad-net.de. 29. September 2016, abgerufen am 29. September 2016.
- UEC bestätigt Termine der Steher- und Derny-EM. In: rad-net.de. 13. Juli 2016, abgerufen am 14. Juli 2016.
- Bahn-EM: Rio-Starter pausieren - zweite Reihe will sich beweisen – Radsport bei rad-net.de. In: rad-net.de. 25. März 2013, abgerufen am 19. Oktober 2016.
- Steher-EM: Deutsche feiern Doppelsieg durch Schäfer und Schiewer – Radsport bei rad-net.de. In: rad-net.de. 25. März 2013, abgerufen am 20. Oktober 2016.