Babylonische Reichsordnung

Als Babylonische Reichsordnung bezeichnet man die nach dem Tod Alexanders des Großen im Jahr 323 v. Chr. getroffenen (vorläufigen) Vereinbarungen und Ämterzuweisungen unter den Generalen Alexanders. Sie war die Grundlage der daraus entstehenden Herrschaft der Diadochen über das Alexanderreich.

Situation

Am 10. Juni 323 v. Chr. war Alexander, mitten in der Vorbereitung eines weiteren Eroberungszuges, in Babylon verstorben.[1] Für seine Nachfolge hatte er keinerlei Vorsorge getroffen. Er hatte lediglich an Perdikkas, den ranghöchsten General und Somatophylax („Leibwächter“), seinen Siegelring übergeben und den Wunsch geäußert, im Ammoneion von Siwa begraben zu werden.

Alexanders Halbbruder Arrhidaios galt als regierungsunfähig. Die Frau Alexanders, Roxane, war zu dem Zeitpunkt schwanger. Es gab aber eine Partei unter Führung von Meleagros, die Arrhidaios als Nachfolger Alexanders einsetzen wollte. In Opposition zu diesen stand eine von Perdikkas geführte Gruppe, die zunächst die Geburt des Kindes der Roxane abwarten wollte. Meleagros und 300 seiner Anhänger wurden schließlich auf Betreiben Perdikkas, offiziell auf Befehl des von den Fußtruppen bereits als König Philipp III. akklamierten Arrhidaios getötet.

Inhalt der Reichsordnung

Ptolemaios, führender General und enger Freund Alexanders, hatte zunächst den Vorschlag gemacht, das Reich aufzuteilen in lose verbundene Satrapen-Staaten. Ein Rat der Satrapen sollte bei gelegentlich auftretenden Problemen von überregionaler Bedeutung gemeinsam entscheiden. Auf eine Fortsetzung des makedonischen Königtums sollte verzichtet werden. Ptolemaios konnte sich mit diesem – im Nachhinein weitblickenden – Vorschlag aber nicht durchsetzen.[2]

Schließlich wurde folgendes vereinbart und von der Heeresversammlung bestätigt:

  • Die Wahl des Arrhidaios zum König wurde bestätigt. Ein eventueller Sohn der Roxane könnte Mitkönig werden.
  • Antipater, der bereits Reichsverweser in Makedonien war, wurde zum Strategen der europäischen Gebiete.
  • Perdikkas wurde Chiliarch, d. h. Anführer der Hetairoi, der Adelsreiterei. Später trat er das Amt an Seleukos ab.
  • Krateros sollte Repräsentant und Sprecher des Königs (Prostates) werden.[3]
  • Führer der Somatophylaken wurde Kassander.
  • Die Satrapien wurden unter den ranghöchsten Philoi und Somatophylaken aufgeteilt.[4]
  • Der Leichnam Alexanders sollte dessen Wunsch gemäß nach Siwa überführt werden.[5]

Da Krateros abwesend war, wurde das Amt kommissarisch von Perdikkas übernommen, der es dann aber behielt und in der Folge zum umfassend befugten Reichsverweser (Epimeletes) wurde.[4]

Von den Bestellungen als Satrapen erwies sich in der Folge vor allem die Zuweisung Ägyptens an Ptolemaios als bedeutsam. Die hier aufgeführte Liste orientiert sich an den Angaben des Diodor und des Arrian.[6] Mit einem Stern (*) gekennzeichnete Personen hatten ihr Amt bereits zum Zeitpunkt von Alexanders Tod inne.

Statthalter Provinzen
Antipater* und Krateros Makedonien & Illyrien
Lysimachos Thrakien
Leonnatos Kleinphrygien („hellespontisches Phrygien“)
Asandros Karien[7]
Menandros* Lydien
Antigonos Monophthalmos* Großphrygien, Pisidien, Lykien & Pamphylien
Philotas* Kilikien
Eumenes Kappadokien, Paphlagonien & Pontos[8]
Neoptolemos Armenien
Laomedon Syrien
Ptolemaios Ägypten, Libyen & Arabien
Arkesilaos* Mesopotamien
Archon Babylonien
Peithon Großmedien („unteres Medien“)
Atropates* Kleinmedien („oberes Medien“, „Atropatene“)
Koinos* Susiana
Peukestas* Persis
Phrataphernes* Parthien, Hyrkanien & Tapurien
Tlepolemos* Karmanien
Philippos* Baktrien & Sogdien
Stasanor* Areia & Drangiana
Oxyartes* Paropamisaden & Gandhara
Sibyrtios* Arachosien & Gedrosien
Taxiles* Punjab („oberes Indien“)
Poros* Indien zwischen Hydaspes und Akesines
Peithon* Indusdelta („unteres Indien“)

Nach dem Tod des Perdikkas erfolgte 320 v. Chr. eine neue Aufteilung der Reichsgebiete in der Konferenz von Triparadeisos.

Quellen

Von den genannten Quellen ist Diodor die älteste und vollständigste und gilt daher als die zuverlässigste.

Literatur

  • Albert Brian Bosworth: The Legacy of Alexander. Oxford University Press, Oxford u. a. 2002, ISBN 0-19-815306-6.
  • Günther Hölbl: Geschichte des Ptolemäerreiches. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994, ISBN 3-534-10422-6, S. 13f.
  • Fritz Schachermeyr: Alexander in Babylon und die Reichsordnung nach seinem Tode. Böhlau, Wien u. a. 1970, ISBN 3-205-03641-7 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte, Bd. 268, Abh. 3).

Einzelnachweise

  1. Plutarch, Alexander 76,9.
  2. Junianus Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 13,2,12; Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni 10,6,15.
  3. Arrian, FGrH Nr. 156, F 1, 3; Dexippos, FrGH Nr. 100, F 8, 4; Junianus Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 13, 4, 5.
  4. Diodor, Bibliotheca historica 18,2,4.
  5. Junianus Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 13,4,6.
  6. Quellen für die babylonische Satrapien-Verteilung: Arrian, FGrH Nr. 156, F 1, 3-8; Dexippos, FrGH Nr. 100, F 8 (wohl nach Arrian); Diodor, Bibliothḗkē historikḗ 18, 3, 1-4; Curtius Rufus, Historia Alexandri Magni 10, 10, 1-4; Junianus Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 13, 4, 5-25.
  7. So Arrian, Historia successorum Alexandri, Fragment 1b, 2; Dexippos, FGrH Nr. 100, F 8. – Dagegen wurde Kassander Satrap von Karien laut Diodor, Bibliothḗkē historikḗ 18, 3, 1; Curtius Rufus, Historia Alexandri Magni 10, 10, 2; Arrian, Historia successorum Alexandri, Fragment 1a, 6; Junianus Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 13, 4, 15; Orosius, Historiae adversus paganos 3, 23, 9.
  8. Kappadokien mit Ausnahme von Lykaonien sowie Paphlagonien waren aber zum Zeitpunkt der Babylonischen Reichsteilung noch nicht erobert.
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