Außerordentliches Konzert der Wiener Philharmoniker 1939
Das Außerordentliche Konzert der Wiener Philharmoniker 1939, im Konzertarchiv der Wiener Philharmoniker fälschlicherweise als Außerordentliches Konzert/Neujahrskonzert geführt, gilt zur Zählung der Neujahrskonzerte des Orchesters als ein Konzert zum Jahreswechsel hinzu, es fand am 31. Dezember 1939 statt. Die offizielle Zählung seitens der Wiener Philharmoniker beginnt mit dem Jahr 1941,[1] wenngleich es Neujahrskonzerte erst seit der Österreichischen Unabhängigkeitserklärung mit dem von Josef Krips geleiteten Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 1946 gibt. Das Gebäude des Wiener Musikvereins als Ort ist hingegen eine durchgängige Konstante. Dirigent war Clemens Krauss.[2]
Geschichte
Zeitungsankündigungen zufolge wurde das für den 31. Dezember 1939 angekündigte „Außerordentliche Konzert“ dem von Adolf Hitler am 10. Oktober 1939 eröffneten Kriegswinterhilfswerk (Kriegs-WHW) zur Gänze gewidmet.[3] Eine öffentliche Generalprobe fand am Vortag statt.[4] Dem Historiker Fritz Trümpi zufolge sei das Konzert ein Teil der NS-Propaganda und „Ergebnis einer nationalsozialistischen Kulturpolitik“ gewesen.[5] Zuvor hatten schon die jüdischen Mitglieder des Orchesters, 15 an der Zahl, bereits ihren Stellen verloren, und den Qualitätsverlust fingen die Philharmoniker auf, indem sie – so der Wiener Historiker Oliver Rathkolb – auf ein „leichteres Repertoire“ zurückgriffen und „einfachere Stücke“ spielten. Aus Trümpis Sicht basiert der spätere Weltruhm des Orchesters damit auf der „Provinzialisierung der Wiener Philharmoniker während der NS-Zeit“. Auch wurde Johann Strauss’ Herkunft als „Achteljude“ auf Anweisung Joseph Goebbels’ durch eine Fälschung der Familienunterlagen vertuscht.[6]
Programm
Seine erste Aufführung hatte das Programm am 13. August 1939 bei den Salzburger Festspielen.[7]
- Johann Strauss (Sohn): Morgenblätter, Walzer, op. 279
- Johann Strauss (Sohn): Annen-Polka, op. 117
- Johann Strauss (Sohn): Csárdás aus Ritter Pásmán, op. 441
- Johann Strauss (Sohn): Kaiser-Walzer, op. 437
- Johann Strauss (Sohn): Leichtes Blut, Polka schnell, op. 319
- Johann Strauss (Sohn): Egyptischer Marsch, op. 335
- Johann Strauss (Sohn): Geschichten aus dem Wienerwald, Walzer, op. 325
- Johann Strauss (Sohn), Josef Strauss: Pizzicato-Polka
- Johann Strauss (Sohn): Perpetuum mobile, Musikalischer Scherz, op. 257
- Johann Strauss (Sohn): Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus
Werkliste und Reihenfolge sind der Website der Wiener Philharmoniker entnommen.[8]
Besetzung (Auswahl)
- Clemens Krauss, Dirigent
- Wiener Philharmoniker
Weblinks
- Programm des außerordentlichen Konzerts/Neujahrskonzerts 1939 auf wienerphilharmoniker.at
- 31. Dezember 1939: In Wien findet das erste Neujahrskonzert statt, SWR2 Zeitwort vom 31. Dezember 2021 (das zugehörige Foto zeigt übrigens den langjährigen Dirigenten Willi Boskovsky von hinten, d. h. dem Publikum zugewandt, bei einem Neujahrskonzert der 1950er-/1960er Jahre und hat als solches mit dem Konzert 1939 keinerlei Verbindung (eine heute übliche Kennzeichnung als „Symbolfoto“ fehlt demzufolge))
Einzelnachweise
- Kevin Clarke: Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker: Angst vor der Nazi-Vergangenheit? In: operetta-research-center.org. 30. Dezember 2015, abgerufen am 15. Januar 2023.
- Neujahrskonzert. In: wienerphilharmoniker.at. Abgerufen am 15. Januar 2023.
- Tageszeitung Wiener Neueste Nachrichten, 22. Dezember 1939, S. 4, Rubrik Von Tag zu Tag
- Wiener Neueste Nachrichten, 28. Dezember 1939, S. 5, Rubrik Kleiner Kunstspiegel
- zit. nach: Das Neujahrskonzert und so manch unhaltbare Legende. Artikel vom 29. Dezember 2015, abgerufen am 15. Jänner 2023.
- 31. Dezember 1939 - Erstes Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. In: www1.wdr.de. 31. Dezember 2014, abgerufen am 15. Januar 2023.
- Ernst Theis: Zur Geschichte des Neujahrskonzerts (PDF; 0,2 MB), Seite 11, abgerufen am 15. Januar 2023.
- Wiener Philharmoniker: Außerordentliches Konzert/Neujahrskonzert 1939, abgerufen am 15. Januar 2023