Arvalbrüder
Die Arvalbrüder (lat. fratres arvales) waren ein römisches Zwölferkolleg von Priestern. Ihre Bedeutung ist ursprünglich „Gebrüder des Ackers“ (arvum ‚Feld, Acker‘). Sie waren die Priester der ansonsten unbekannten römischen Göttin Dea Dia, einer Fruchtbarkeitsgöttin.
Der Kult ist sehr alt und war schon in den Zeiten der römischen Republik kaum mehr verständlich. Ursprünglich sollen die zwölf Priester Söhne der Acca Larentia gewesen sein, die eine Geliebte des Herkules und Gemahlin des Faustulus sowie Amme des Romulus war. Die Aufzeichnungen der Kulthandlungen (acta) sind teilweise inschriftlich erhalten. So weiß man, dass Eisen und auf der Töpferscheibe gedrehte Gefäße im heiligen Hain an der Via Campana verboten waren. Ein an Mars gerichtetes Kultlied (Carmen Arvale) der Arvalbrüder beginnt mit den Worten ENOS LASES IUVATE – „Helft uns, Laren“. Der dazugehörige, im Text erwähnte Tanz, der triumpus (Dreischritt), wurde auch im Triumphzug getanzt, der ihm seinen Namen verdankt. Neben alten Göttern wie der Dea Dia und dem Quellgott Fons wurde der Kapitolinischen Trias geopfert.
Das Kollegium bestand ursprünglich nur aus Patriziern, die sich einen magister (Lehrmeister) zum Sprecher wählten. Neben ihm wirkte der flamen, ein besonders hervorgehobener Priester. Die Mitgliedschaft war lebenslang und wurde durch Kooption ergänzt.
Nachdem die kultische Vereinigung in den republikanischen Zeiten kaum noch von Bedeutung war, wurde sie durch Augustus 27 v. Chr. wiederbelebt und mit Aufgaben rund um den Kaiserkult betraut. Die Arvalbrüder opferten nun auch an Gedenktagen der Kaiser zu ihrem Wohl. Der Kaiser und sein Freund Agrippa gehörten zu den ersten Mitgliedern der neu erstandenen Priesterschaft. Die Arvalbrüder wurden nunmehr vom Kaiser (vor-)ausgewählt und legten ihr Gelübde vor der kaiserlichen Familie ab. Die Mitgliedschaft war nicht mehr auf Patrizier beschränkt. Die Kaiser und einzelne Angehörige ihrer Familie waren Mitglieder des Kollegiums, so z. B. Tiberius Iulius Caesar Nero, genannt Gemellus, der von Caligula später als Konkurrent um den Thron ermordet wurde. Erst mit dem ausgehenden dritten Jahrhundert verlor der Kult wieder an Bedeutung. Die Fasti sacerdotum nennen 307 zum letzten Mal einen Arvalbruder namens Annius Rufus.
Literatur
- Babett Edelmann: Arvalbrüder und Kaiserkult. Zur Topographie des römischen Kaiserkultes. In: Hubert Cancik (Hrsg.): Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 189–205, ISBN 3-16-147895-9.
- Jörg Rüpke, Bernd Nüsslein, Helmut Pannke: Fasti sacerdotum: die Mitglieder der Priesterschaften und das sakrale Funktionspersonal römischer, griechischer, orientalischer und jüdisch-christlicher Kulte in der Stadt Rom von 300 v. Chr. bis 499 n. Chr; 3 Bände, Franz Steiner Verlag, 2005.
- John Scheid: Romulus et ses frères. Le collège des frères arvales, modèle du culte public dans la Rome des empereurs. École Française de Rome, Rom 1990, ISBN 2-7283-0203-0.
- John Scheid: Le collège des Frères Arvales. Étude prosopographique du recrutement (69–304). „L’Erma“ di Bretschneider, Rom 1990, ISBN 88-7062-679-2.
- John Scheid, Paola Tassini, Jörg Rüpke: Recherches archéologiques à la Magliana. Commentarii Fratrum Arvalium qui supersunt. Les copies épigraphiques des protocoles annuels de la confrérie arvale (21 av.–304 ap. J.–C.). École Française de Rome, Rom 1998, ISBN 2-7283-0539-0.
- Georg Wissowa: Arvales fratres. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 1463–1486.