Arrernte
Die Arrernte (auch Aranda, Arunta, Arunda oder Ähnliches) sind ein Stamm der Aborigines in Zentral-Australien, die an der Macdonnell-Gebirgskette und in Alice Springs leben. Sie werden unterteilt in westliche, östliche, nördliche, südliche und zentrale Arrernte. In der Stadt Alice Springs führen rund 20 Prozent der 28.000 Einwohner ihre Herkunft auf die zentralen Arrernte zurück. Bekanntester Vertreter dieses Volkes war der Künstler Albert Namatjira.[1]
Auch die Sprache der Arrernte wird Arrernte genannt. Sie gehört zur Sprachgruppe Arandic[2] und ist somit eine Pama-Nyunga-Sprache.
Kultur
Die Lebensweise der Arrernte wird heute gern als „Cowboy-Kultur“ bezeichnet, da sich die Menschen vom Rodeo bis zur Western-Musik gern damit identifizieren. Seit den 1960er Jahren findet jedoch eine Renaissance der Tradition wie bei kaum einem anderen Stamm Australiens statt. In den Outstations tragen Jagen und Sammeln wieder bis zu einem Viertel zur direkten Ernährung bei. Dabei werden sowohl Gewehre als auch Speere oder Feuer verwendet. Ebenso konnten sich die überlieferte Religion, Riten und Mythen über die Zeit der Kolonialisierung und Missionierung bis heute gut erhalten, wenngleich in vielen Bereichen durch christliches Gedankengut beeinflusst.[3][4]
Der Sozialpsychologe Erich Fromm analysierte im Rahmen seiner Arbeit Anatomie der menschlichen Destruktivität anhand ethnographischer Aufzeichnungen 30 vorstaatliche Völker auf ihre Gewaltbereitschaft, darunter auch die Arrernte. Er ordnete sie abschließend den „lebensbejahenden Gesellschaften“ zu, deren Kulturen durch einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn mit großer sozialer Gleichheit, eine freundliche Kindererziehung, eine tolerante Sexualmoral und geringe Aggressionsneigung gekennzeichnet sind.[5] Siehe auch: „Krieg und Frieden“ in vorstaatlichen Gesellschaften.
Rezeption
Die Aufzeichnungen ihrer Mythen von Carl Strehlow, Moritz von Leonhardi, Theodore George Henry Strehlow, Walter Baldwin Spencer und Francis James Gillen waren von großem Einfluss auf das Spätwerk des französischen Philosophen Lucien Lévy-Bruhl (La mythologie primitive) und auf die Anschauungen über die Verwandlung in Elias Canettis Studie Masse und Macht (Selbstvermehrung und Selbstverzehrung. Die Doppelgestalt des Totems).
Siehe auch
Literatur
- Carl Strehlow: Die Aranda- und Loritjastämme in Zentral-Australien. Frankfurt am Main (1908 ff.).
- Baldwin Spencer, Francis James Gillen: The Arunta. London 1927.
- Theodore George Henry Strehlow: Aranda Traditions. Melbourne 1947.
- Lucien Lévy-Bruhl: La Mythologie primitive. Le monde mythique des Australiens et des Papous. PUF, Paris 1935.
- Günter Guhr: Heirat und Verwandtschaftssystem bei den Aranda in Zentralaustralien. Kritik des sogenannten Aranda-Typs von Radcliffe-Brown. Akademie-Verlag, Berlin (DDR) 1963. (= Abhandlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde Dresden. Band 23).
Weblinks
Einzelnachweise
- Aboriginal Australia & The Torres Strait Islands. Lonely Planet, 2001
- ABS Australian Standard Classification of Languages. (PDF; 1,7 MB) S. 55
- Richard B. Lee, Richard Daly (Hrsg.): The Cambridge Encyclopedia of Hunters and Gatherers. 4. Auflage. Cambridge University Press, New York 2010, ISBN 978-0-521-60919-7, S. 329–333 (Erstdruck 1999).
- Sibylle Kästner: Jagende Sammlerinnen und sammelnde Jägerinnen: Wie australische Aborigines-Frauen Tiere erbeuten. LIT Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-10903-3, S. 231, 233.
- Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität. Aus dem Amerikanischen von Liselotte u. Ernst Mickel, 86.–100. Tsd. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1977, ISBN 3-499-17052-3, S. 191–192.