Armand Dufaux

Armand Dufaux (* 13. Januar 1883 in Paris; † 17. Juli 1941 in Genf) war ein französisch-schweizerischer Luftfahrtpionier, Erfinder und Konstrukteur.

Henri Dufaux (links) und Armand Dufaux, 1905

Leben und Werk

Armand Dufaux, sein Bruder Henri (1879–1980) und seine jüngere Schwester sind als Kinder von Noémie de Rochefort-Luçay (1856–1943) und des Genfer Malers und Bildhauers Frédéric Dufaux (1852–1943) in Paris und Genf aufgewachsen.[1][2] Armand besuchte in Paris die école Latour und studierte anschliessend Mechanik. Gemeinsam konstruierten die Brüder – Henri steuerte den theoretischen Teil bei – in ihrem Familienunternehmen H. & A. Dufaux fils (HADF) im Jahr 1898 (Patent Nr. 21167 vom 24. Februar 1900) einen Hilfsmotor, der sich in einem Rahmen aus zwei Stahlrohren ins Rahmendreieck eines Herrenfahrrads einschrauben liess. Mittels eines Antriebsriemens und einer am Hinterrad befestigten Riemenfelge wurde das Fahrrad «… selbst bei mechanisch ungeschulten Personen in fünf Minuten zum Motorrad».[3] Später produzierten sie unter anderem die in Europa sehr erfolgreichen Motorräder der Marke «Motosacoche» (Taschenmotorrad).

Ein Herrenfahrrad mit dem Motosacoche-Hilfsmotor
Der Dufaux-Helikopter im Musée des arts et métiers in Paris
Die «Dufaux 4» am 28. August 1910 über dem Genfersee
Die «Dufaux 4», 25. März 1911

In der von ihnen gegründeten Motosacoche SA Dufaux & Cie entwickelten sie ab 1902 den Tiltrotor (convertible). Wiederum gemeinsam konstruierten sie einen Helikopter, der am 24. Februar 1904 zum Patent angemeldet und am 14. April 1905 erstmals öffentlich vorgeführt wurde.[4] Vom Flugzeugbau waren beide Brüder gleichermassen fasziniert, und sie hatten bewiesen, die erforderlichen leichten Motoren bauen zu können: Die «Dufaux 1» war ein 17 Kilogramm schwerer Hubschrauber, Modell 2 – ein Flugzeug – blieb mit seinen acht Flügeln flugunfähig, und die «Dufaux 3» stürzte beim Erstflug ab. Den verbesserten Doppeldecker Dufaux 5 führte Ernest Failloubaz (1892–1919) – mit 19 Jahren damals der jüngste Pilot der Schweiz – vom 4. bis 6. September 1911 der schweizerischen Armee vor, indem er mit seinem Freund Gustave Lecoultre als Beobachter an den Manövern des 1. Armeekorps Aufklärungseinsätze flog. Trotz einer Bruchlandung am letzten Tag des dreitägigen Einsatzes markieren diese Flüge den Beginn der schweizerischen Militärluftfahrt.[5][6]

In die Luftfahrtgeschichte gingen die Brüder mit der «Dufaux 4» ein. Ende 1909 hatten die Automobilpioniere Perrot Duval zur Förderung der Luftfahrtentwicklung ein Preisgeld von seinerzeit stattlichen 5'000 Schweizer Franken ausgeschrieben.[7] Nach anfänglichen Fehlschlägen absolvierten Armand und Henri mit dem «Dufaux 4»-Doppeldecker im Juni und Juli 1910 erfolgreiche Testflüge über acht, am 10. Juli über 23 Kilometer und am 12. Juli einen 31-minütigen Flug in der Nähe von Viry. Am 28. August 1910 startete Armand um 5:45 Uhr bei Noville/St. Gingolph und flog unweit des Südufers in etwa 50 Metern Flughöhe über den Genfersee nach Genf – die rund 66 Kilometer lange Flugstreckte bewältigte er in 56 Minuten und 5 Sekunden. Armand Dufaux hatte mit dieser Pionierleistung den bislang weltweit längsten Flug über offenes Wasser gewagt und gewann das ausgelobte Preisgeld des Perrot Duval-Preises für die Überquerung des Genfersees auf seiner gesamten Länge.

Während der nächsten Monate unternahmen die Brüder Dufaux zahlreiche weitere Flüge und beteiligten sich mit anderen bekannten Persönlichkeiten – beispielsweise mit Pierre Emile Taddéoli (1879–1920),[8] Flugboot-Pionier und bis 1920 Chefpilot der Ad Astra Aero – an Flugmeetings, die sie bis in die USA führten. In den Folgejahren trennten sich die Wege der Brüder und Armand arbeitete von 1913 bis zu seinem Lebensende als Techniker und Ingenieur in Frankreich, während sich Henri hauptsächlich der Malerei widmete. Armand Dufaux konstruierte 1915/17 für die Armée de l’Air zwei konzeptionell wegweisende Jagdflugzeuge (Dufaux C1 und C2),[9] die aber nicht über das Versuchsstadium hinauskamen. Er liess eine grössere Anzahl seiner Erfindungen patentieren und blieb bis in die 1920er-Jahre im Flugzeugbau tätig. Danach konzentrierte er sich auf die Automobilkonstruktion und entwarf unter anderem Rennschlitten. Zusammen mit seinem Bruder wurde er am 13. März 1931 zum Ordensträger der Légion d’honneur ernannt. 1939 kehrte er in die Schweiz zurück und verstarb am 17. Juli 1941 in Genf. Verheiratet war er mit Marcelle Zavatero; seine letzte Ruhestätte fand Armand Dufaux im Friedhof des Genfer Vororts Le Petit-Saconnex.

An das gemeinsame Werk der Brüder erinnert eine 1977 veröffentlichte Briefmarke der schweizerischen Post.[10] «Die Gebrüder Dufaux können in Anspruch nehmen, den Motorflug in der Schweiz vom Stadium des Experimentierens, der Theorie, in die Praxis hinüber gebracht zu haben.»[11]

Projekt «Faux Dufaux»

Am 28. August 2010 soll die fliegerische Pioniertat der Brüder Dufaux wiederholt und der Genfersee vom Schweizer Astronauten Claude Nicollier entlang der historischen Strecke von 1910 überflogen werden. Die Arbeitsgruppe «Faux Dufaux» wird zum 100. Jubiläum des Flugs die im Verkehrshaus Luzern ausgestellte «Dufaux 4», das älteste erhaltene Schweizer Flugzeug, nachbauen. Am Projekt mit einem Kostenrahmen von 4,7 Mio. Schweizer Franken beteiligen sich insgesamt rund 3'000 Helfer – Privatpersonen, Lehrbeauftragte, Lehrlinge und Studenten – von ETH Lausanne, Westschweizer Berufs- und Fachhochschulen.[12]

Literatur

  • Alfred Waldis, Ulrich C. Haller: Die Brüder Dufaux: Henri (1879–1980), Armand (1883–1941). Beigefügtes Werk: Oskar Bider von Ulrich C. Haller [u. a.]. In: Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik 46. Verein für Wirtschaftshistorische Studien, Meilen 1987.
  • Sechs Schweizer Flugpioniere: Henri Dufaux, Armand Dufaux, Oskar Bider, Alfred Comte, Walter Mittelholzer, Balz Zimmermann. Verein für Wirtschaftshistorische Studien (Hrsg.), Meilen 1987.
  • Martine Piguet: Dufaux, Armand. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Commons: Armand Dufaux – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Noémie de Rochefort-Luçays Vater war der französische Schriftsteller, Journalist, Theaterdichter und Politiker Victor-Henri, marquis de Rochefort-Luçay.
  2. William Hauptman: Dufaux, Frédéric. In: Historisches Lexikon der Schweiz., abgerufen am 24. Dezember 2008
  3. Zitat aus der Betriebsanleitung von 1905
  4. Le premier vol d’un hélicoptère à moteur à explosion, auf pionnair-ge (französisch)
  5. Die «Dufaux 4» im Verkehrshaus Luzern (Memento vom 7. Juli 2011 im Internet Archive), abgerufen am 23. Dezember 2008
  6. Offizielle Website der Schweizer Luftwaffe: Der erste Schweizer Militärflug (Memento vom 14. August 2011 im Internet Archive), abgerufen am 24. Dezember 2008
  7. Website der Perrot Duval Holding AG: Zusammenfassung der Geschichte der Perrot Duval Holding AG (Memento vom 6. Februar 2015 im Internet Archive) (PDF 836kb), abgerufen am 15. Mai 2023
  8. Pierre Emile Taddéoli auf pionnair-ge (französisch)
  9. Dufaux-C1 et Avion-Canon (C2) auf pionnair-ge (französisch)
  10. Hamburger Abendblatt (22. Januar 1977): Vier Flugpioniere als Sonderserie (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive)
  11. Zitat von Alfred Waldis, Ehrenpräsident des Verkehrshauses der Schweiz in Luzern
  12. Tages-Anzeiger (23. Dezember 2008): Ältestes Flugzeug der Schweiz wird nachgebaut – Nicollier pilotiert, abgerufen am 23. Dezember 2008
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