Arktische Oszillation
Die Arktische Oszillation (AO) (engl. auch Northern Hemispheric Annular Mode (NAM)) ist Ausdruck des Luftdruckgegensatzes zwischen den arktischen und den mittleren Breiten auf der Nordhemisphäre. Arktische und antarktische Oszillation sind große Systeme der Telekonnektion der Erde, s. a. Polarwirbel.
Grundlagen
Die Arktische Oszillation entsteht durch die großen Temperaturunterschiede zwischen den extrem kalten Polarregionen und den gemäßigten mittleren Breiten. Die sich dadurch entwickelnden Winde werden aufgrund der Corioliskraft nach Osten abgelenkt. Sie ist eng mit der Nordatlantischen Oszillation (NAO) verbunden, die die atlantische Komponente dieser Dynamik des Klimasystems genauer beschreibt. Zugrunde liegen Oszillationen im Verlauf des Jetstreams, der manchmal gleichmäßig im Westwindgürtel verläuft, manchmal aber selbst zu oszillieren beginnt und dann weit in Norden und Süden schwingt (Rossby-Wellen der Westwinddrift). Daher wirkt sich die Arktische Oszillation auf die Großwetterlagen der gesamten Nordhalbkugel aus.
AO- und AAO-Index
Die Ausprägung und Stärke der (Ant)Arktischen Oszillation wird mit dem AO- bzw. AAO-Index gemessen.[2]
AO-Index
Dieser bezieht sich auf drei meteorologische Aktionszentren:
- den Hochdruck bei den Aleuten ("Aleutenhoch"),
- den Tiefdruck bei Island ("Islandtief ") und
- den Hochdruck über der Biskaya ("Westeuropahoch").
Ersteres ist die Nordkomponente des Nordpazifikhochs, zweiterer die Atlantikkomponente des Polarwirbels und dritteres die Nordostkomponente des Azorenhochs, drei permanente Grundcharakteren des Klimasystems.[3]
Zur Berechnung wird das langjährige Monatsmittel der 1000-hPa-Höhenanomalie ab 20° nördlicher Breite bis zum Nordpol gebildet, dann eine statistische Hauptkomponentenanalyse für die mittlere Lage der Luftmassen durchgeführt (Emperical Orthogonal Function, EOF), und darüber die Varianz ermittelt. Diese wird noch bereinigt und gewichtet. Der AO-Index ist die mittlere tägliche Abweichung von diesem monatlichen Basiswert. Diese Methodik berücksichtigt auch die Einflüsse aller anderen bekannten Telekonnektionsmuster.
Phasen der AO und Folgen für Umwelt und Klima
Wie alle Strömungen lässt sich auch die AO in zwei Phasen einteilen:[3]
- In der positiven Phase treiben im Winter starke Westwinde die warme Atlantikluft nach Nordeuropa und Sibirien sowie die Polregionen. Dies hat direkte negative Auswirkungen auf die dortige Eisdicke[4][5].
- In der negativen Phase kann kalte Polarluft weiter nach Süden vordringen. Die Folge daraus können kühlere Temperaturen in Europa sein (mit höherer Wahrscheinlichkeit über die Wintermonate).
Die Varianz der monatlichen AO-Basis-Indizes ist im Winter groß (um 2), im Sommerhalbjahr klein (um 0,5).[2] Das stellt die Stabilität der Wetterlagen dar.
Besondere Wetterereignisse im Zusammenhang mit der AO (Auswahl)
- Kältewelle in Europa 2012: Die AO war zu diesem Zeitpunkt in einer negativen Phase, die Nordatlantische Oszillation (NAO) allerdings in einer Positiven. Dieser seltene Gegensatz führte zu einer Verlagerung des polaren Jet Streams. Statt in die reguläre West-Ost-Richtung strömte er in der Hochphase der Kältewelle auf einer Schleife durch Nordskandinavien, die britischen Inseln, Nordspanien und Libyen, rund um Europa.[6][7] Das Ereignis stand auch in engem Zusammenhang mit einem gleichzeitig aufgetretenen Maximum der "La Niña-Periode".[8][9]
- Kälteanomalie in Europa 2018: Ende Februar 2018 glitten sowohl A- wie NAO-Index massiv ins Negative.
Siehe auch
- Antarktische Oszillation (AAO) auf der Südhalbkugel
Weblinks
- NOAA Climate Prediction Center, cpc.ncep.noaa.gov: Daily Arctic Oscillation Index (Aktuelle Werte und Vorhersagen des AO)
- naturgewalten.de: NAO / AO / Golfstrom
- National Snow and Ice Data Center, nsidc.org: Patterns in Arctic Weather and Climate ("Muster in Arktischem Wetter und Klima", Zusammenhang der Aktionszentren und Oszillationen)
- Spiegel.de Gastbeitrag 7. Februar 2021, Stefan Rahmstorf: Achtung, Wetterstörung! (Zu den Auswirkungen des aufgrund der menschengemachten globalen Erwärmung aus der Reihe geratenden arktischen Polarwirbels auf das Wettergeschehen auf der Westhalbkugel)
Einzelnachweise
- Arctic Weather Plunges into North America. 29. Januar 2019, abgerufen am 7. April 2020 (englisch).
- Teleconnection Pattern Calculation Procedures: 2. North Atlantic Oscillation / Pacific - North American pattern (NAO/PNA). cpc.ncep.noaa.gov > Monitoring Weather & Climate > Teleconnections;
und Technique for Identifying the Northern Hemisphere Teleconnection Patterns. cpc.ncep.noaa.gov > Monitoring and Data > Oceanic & Atmospheric Data > Northern Hemisphere Teleconnection Patterns (beide abgerufen 25. November 2017). - Was ist der AO-Index Wert? wetterprognose-wettervorhersage.de
- Markus Becker: Kann das Polareis dem wachsenden Treibhauseffekt standhalten? (PDF; 27 kB) Dezember 2000, abgerufen am 10. Mai 2010.
- I. G. Rigor, J. M. Wallace und R. L. Colony: Response of sea ice to the Arctic oscillation. J. Clim. 15 (2002), S. 2648–2663
- JeffMasters: Harsh winter weather continues in Europe; rare snowstorm hits Libya. In: Dr. Jeff Masters’ WunderBlog. 7. Februar 2012, abgerufen am 15. Februar 2012 (englisch).
- Justin Grieser: Deadly cold snap grips Europe, snow strands thousands in Serbia, Bosnia, Abschnitt What’s causing the extreme cold? In: Washington Post online 2. März 2012
- NOAA National Centers for Environmental Information: State of the Climate: Global Analysis for Annual 2012. January 2013, abgerufen 10. January 2017; insb. Grafik 2012 Global Significant Weather and Climate Events und Abschnitt Top Ten Global Weather/Climate Events for 2012.
- zur NAO/AO–La Niña-Teleconnection vergl. auch James A. Bradbury, Cameron P. Wake, Airmap/NOAA: El Niño, the North Atlantic Oscillation and New England Climate; Winter Season Teleconnections and Climate Prediction (Memento vom 21. Januar 2012 im Internet Archive). Airmap/NOAA (en, über das Wetter an der amerikanischen Ostküste, Erklärungen übertragbar: Normalerweise haben die USA und Europa etwa gleiche Winter, bei NAO- unterschiedliche)