Arimaspen
Als Arimaspen wird in einigen antiken griechischen Quellen ein einäugiges Volk im Norden der Issedonen bezeichnet. In der modernen Forschung wird den sagenhaften Berichten über die Arimaspen nur sehr bedingt Glauben geschenkt, zumal schon Herodot den Berichten nicht blind vertraute.[1]
Quellen
Das verlorene Werk Arimaspea des Aristeas von Prokonnesos soll ausführlich von den Arimaspen berichtet haben, von ihm hängen auch die späteren Berichte ab. Der Autor besuchte nach Herodot die Länder der Skythen und der Issedonen.
Aischylos scheint das Werk für seine Tragödie Der gefesselte Prometheus verwendet zu haben.[2] Er beschreibt Länder jenseits des Kaukasus, wo Gorgonen, Kreaturen mit nur einem Auge und einem Zahn, Greifen und Arimaspen wohnen. Diese Arimaspen sind einäugige Reiter, die Goldbergwerke betreiben (Zeilen 790–805).
Herodot[3] zitiert Aristeas, der von den Arimaspen berichtet, die nördlich der Issedonen lebten. Sie würden angeblich einäugig geboren. Jenseits von ihnen lebten die goldhütenden Greifen. An anderer Stelle berichtet er, dass manche sagen, die Arimaspen würden das Gold der Greifen stehlen. Jenseits der Arimaspen und Issedonen lag die Insel der Hyperboräer.[4] Die Arimaspen hätten die Issedonen vertrieben, diese wiederum die Skythen, welche die Kimmerer vertreiben und so deren Einfall in Kleinasien und Ägypten auslösen.
Nach Ktesias von Knidos, der allerdings wenig zuverlässig ist, lebten die Greifen nördlich von Indien.[5]
Die Geschenke der Hyperboräer gelangen über die Arimaspen und Issedonen nach Delphi.
Strabo (XI) nennt die Arimaspen unter den Völkern nördlich des Schwarzen Meeres. Johannes Tzetzes beschreibt die Arimaspen als starke Krieger „die zähesten aller Menschen“, gute Reiter und Hirten von Rindern, Schafen und Ziegen. Sie sind einäugig und ihre Haare zottelig.
Name
Herodot (IV, 27) leitet den Namen von den skythischen Wörtern arima „eins“ und spu „Auge“ ab. Nach Karl Johann Heinrich Neumann[6] könnte der Name Arimaspen aus dem Mongolischen kommen, mit der Bedeutung „Bergbewohner“. Wilhelm Tomaschek[7] hielt das Wort für iranisch und verweist auf den Eigennamen Arimaspo, der angeblich „Eigner von Wildpferden“ bedeutet, iranisch aspa, „Pferd“ (vergleiche Hystaspes), sowie das avestische airima, „Wüste“ und das skythische aspu, „Pferd“. Laufer[8] hielt den Namen ebenfalls für mongolisch (vgl. danach mongolisch äräm däk, einäugig). Phillips zieht auch eine gemischte Bildung aus einem türkischen Wort für Auge und dem iranischen Wort für Pferd in Betracht, was die Arimaspen zu einäugigen Reitern machen würde[9].
Deutung
Die Armiaspen wurden mit Sabazios verbunden.[10] Greifen wurden dagegen mit Apollo in Verbindung gebracht. Aischylos nennt sie dagegen „Hunde des Zeus, die nicht bellen“.[11]
In der Neuzeit gab es zahlreiche Spekulationen über die ethnische Zuordnung der Arimaspen. Bischof Thomas Percy wollte in ihnen die Vorfahren der Lappen und Finnen sehen.[12] Auch Johann Gottlieb Radlof[13] sah in ihnen finnische Bergleute, das eine Auge war in Wahrheit eine Grubenlampe. Wilhelm Tomaschek[14] hielt die Arimaspen für die Vorfahren der Hiung Nu. Phillips hält sie für Mongolen.[15] Manche identifizieren die Arimaspen mit den heutigen Tscheremissen an der mittleren Wolga.[16] Jeannine Davis-Kimball lokalisiert die Arimaspen in Kasachstan.[17] Mark E. Hall sieht sie als Teil der Saken.[18] Bernschtam siedelt die Arimasper in der Steppe nördlich des Baikal-Sees an.[19]
Darstellung
Darstellungen der Schlachten der Arimaspen mit den Greifen waren in der griechischen und römischen Kunst beliebt. Der Spiegel von Kelermes (um 570 v. Chr.) zeigt den Kampf zweier Männer gegen einen Greifen. Sie werden oft als Arimaspen gedeutet.[20]
Als erste bekannte Darstellung identifizieren Hanfmann et al.[21] einen Agat-Skarabäus aus der orientalisierenden Zeit,[22] Der Panzer des Trajan als Britannicus im Lateran ist mit Bildern von Arimaspen verziert, die den Greifentrank reichen, darüber schwebt Sol in dem Sonnenwagen[23]. Schaeffer hält die Eroten in einer Schlacht zwischen Eroten und Greifen auf einem hellenistischen Stoffrest aus Noin Ula für die Darstellung von Arimaspen.[24] Bei weiblichen Kämpfern ist unklar, ob Arimaspinnen oder Amazonen dargestellt sind.[25] Hanfmann et al. halten die Kämpferinnen auf der Ara Pacis des Augustus für Arimaspinnen, da die Amazonen als Verbündete der Trojaner, der mythischen Vorfahren des Augustus, nicht als Feinde dargestellt worden wären[26].
Siehe auch
Einzelnachweise
- Vgl. Reinhold Bichler: Herodots Welt. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 25 ff.
- Adrienne Mayor, Michael Heaney: Griffins and Arimaspeans. In: Folklore 104, 1-2, 1993, 42.
- Historien III 116; IV 13, 27, 32.
- Herodot IV, 32.
- Indika 12, 250.
- Karl Johann Heinrich Neumann: Hellenen im Skythenland. 1856.
- Kritik der ältesten Nachrichten über den skythischen Norden. I, Ueber das Arimaspengedicht des Aristeas. In: Sitzungsberichte der Wiener Akademien der Wissenschaften 116-118, 1888, 761.
- T'oung Pao 9, 1908, 452.
- E. D. Phillips: The legend of Aristeas. Fact and fancy in Early Greek notions of East Russia, Siberia and Inner Asia. In: Artibus Asiae 18/2, 1955, 173-174.
- George M. A. Hanfmann, Cornelius C. Vermeule, William J. Young, Hans Juckee, In: American Journal of Archaeology 61, 1957, 234.
- E. D. Phillips, The legend of Aristeas: Fact and fancy in Early Greek notions of East Russia, Siberia and Inner Asia. In: Artibus Asiae 18/2, 1955, 173.
- Thomas Percy: Northern Antiquities. 1770, iii.
- Neue Untersuchungen des Keltenthumes zu Aufhellung der Urgeschichte der Teutschen. Bonn 1822, §15.
- Kritik der ältesten Nachrichten über den skythischen Norden. I, Ueber das Arimaspengedicht des Aristeas. In: Sitzungsberichte der Wiener Akademien der Wissenschaften 116-118, 1888, 757.
- E. D. Phillips: The legend of Aristeas: Fact and fancy in Early Greek notions of East Russia, Siberia, and Inner Asia. In: Artibus Asiae 18, 1955, 173-174.
- Meyers
- Stichwort Asia, Central Steppes, Elsevier 2008, 542.
- Mark E. Hall: Towards an absolute chronology for the Iron Age of Inner Asia, In: Antiquity 71, 1997, 868.
- Istoriko-arxeologiceskieje ocerki zentralnogo Tjanschanja i Pamir-Alaja (Moskau 1952), Kapitel 5, Karte auf S. 209.
- Adrienne Mayor/Michael Heaney: Griffins and Arimaspeans. In: Folklore 104, 1-2, 1993, 45.
- George M. A. Hanfmann, Cornelius C. Vermeule, William J. Young, Hans Juckee: In: American Journal of Archaeology 61, 1957, 236 Anm. 108.
- H. B. Walters, Catalogue of the engraved Gems and Cameos, Greek Etruscan and Roman in the British Museum. London 1926, 39 Nr. 320 Taf. VI.
- George M. A. Hanfmann, Cornelius C. Vermeule, William J. Young, Hans Juckee: In: American Journal of Archaeology 61, 1957, 234.
- H. Schaefer, In: American Journal of Archaeology 47, 1943, 269 ff.
- Karl Schefold: Untersuchungen zu den Kertscher Vasen (= Archäologische Mitteilungen aus russischen Sammlungen 4). Berlin und Leipzig 1934, 153.
- George M. A. Hanfmann, Cornelius C. Vermeule, William J. Young, Hans Juckee: In: American Journal of Archaeology 61, 1957, 236.
Literatur
- A. Bernabe: Poetarum epicorum Graecorum testimonia et fragmenta 1 (Leipzig 1987), 144–154.
- Christopher G. Brown: The Hyperboreans and Nemesis in Pindar's "Tenth Pythian". In: Phoenix 46/2, 1992, 95–107.
- K. Dowden: Deux notes sur les Scythes et les Arimaspes. In: REG 93, 1980, 486–492.
- Adrienne Mayor, Michael Heaney: Griffins and Arimaspeans. In: Folklore 104, 1–2, 1993, 40–66.
- E. D. Phillips: The legend of Aristeas: Fact and fancy in Early Greek notions of East Russia, Siberia, and Inner Asia. In: Artibus Asiae 18/2, 1955, 161–177.
- Konrad Wernicke, Wilhelm Tomaschek: Arimaspoi. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 826 f.