Anton Dominik von Fernkorn

Anton Dominik Fernkorn, ab 22. Mai 1860: Anton Dominik Ritter von Fernkorn[1] (* 17. März 1813 in Erfurt; † 16. November 1878 in Wien) war ein deutsch-österreichischer Bildhauer und Bildgießer. Er gilt als einer der wichtigsten Meister des frühen Historismus.

Anton Dominik Fernkorn, Lithographie von Joseph Kriehuber, 1858
Anton Dominik Fernkorn mit dem Modell für das Denkmal Erzherzog Karls
Ritterstandswappen Fernkorns, 1860.

Leben

Ausbildung

Nach einer teilweise autodidaktischen Ausbildung studierte Fernkorn an der Akademie der bildenden Künste in München bei Johann Baptist Stiglmaier und Ludwig Schwanthaler. Ab etwa 1840 war er in Wien, wo er zunächst bei Josef Glanz und Johann Preleuthner arbeitete[2] und ab 28. Oktober 1861 eine alte Kanonengießerei (heute Elektrotechnisches Institutsgebäude der TU Wien in der seit 1873 so benannten Gußhausstraße) als Arbeitsstätte (Bildgießerei) verwendete. Auch zu Hanns Gasser entwickelte sich eine künstlerische Beziehung, die sich in der Verwandtschaft zahlreicher Sujets zeigt.[3]

Bildhauerei

Seine bekanntesten Werke sind patriotische Standbilder in Österreich, vor allem die Reiterstatuen von Erzherzog Karl (1853–1859) und Prinz Eugen (1860–1865) auf dem Heldenplatz. Von ihm wurde auch der Löwe von Aspern geschaffen, ein liegender Löwe als Kriegerdenkmal und Erinnerung an den Sieg über Napoleon in der Schlacht bei Aspern. Diese Skulptur befindet sich ebenfalls auf dem Heldenplatz – aber auf demjenigen in Aspern (heute ein Teil von Wien-Donaustadt).

Das Denkmal von Erzherzog Karl, nach einem Gemälde von Johann Peter Krafft, ist insofern ein technisches Wunderwerk, als das Pferd nur auf den Hinterbeinen steht. Dieses Kunststück konnte beim Prinzen Eugen nicht mehr wiederholt werden: hier berührt der Schweif des Pferdes den Sockel.

Krankheit

Nach mehreren Schlaganfällen wurde Fernkorn mit amtlicher Verlautbarung vom 17. Mai 1867 wegen landesgerichtlich erhobenem Wahnsinn unter Kuratel gestellt[4] und in die von Maximilian Leidesdorf geleitete Private Heilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke in Oberdöbling aufgenommen. Anfang August des Jahres (angeblich) trat Fernkorn in der Kaltwasserheilanstalt Sankt Radegund bei Graz eine Kur an, musste diese jedoch nach zwei Wochen abbrechen und zur Pflege nach Wien zurückkehren.[Anm. 1]

Einer damals eher volkstümlichen Auffassung nach kam Fernkorns Krankheit von der Enttäuschung, dass er die technische Leistung des Erzherzog-Karl-Denkmals nicht zu wiederholen vermochte bzw. weitreichendste Pläne sich nicht verwirklichen ließen.[5]

Das Reiterstandbild des Prinzen Eugen wurde von Fernkorns Schülern fertiggestellt. Sein Schüler Franz Pönninger (1832–1906) sowie der technisch-wirtschaftlich versierte Erzgießer Josef Röhlich (1836–1887),[6] beide seit 1866 Direktoren des Betriebs, führten die Bildgießereiwerkstatt erfolgreich fort.[Anm. 2]

Anfang 1872 wurde berichtet, dass Fernkorn sich seit Jahren in der Landesirrenanstalt befinde.[7] Der behandelnde Primararzt (und spätere Direktor der Institution) Moritz Gauster (1828–1896) erklärte, der Patient sei auf eigenen Wunsch mit dem Ziel der Ersparnis von Pflegeklasse I in Klasse II verlegt worden, ohne jedoch eine Schlechterstellung erfahren zu haben.[8] (Die Finanzlage Fernkorns war von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Deutschen Kriegs 1866 nachteilig betroffen gewesen.)[5]

Fernkorn blieb in klinisch-stationärer Behandlung, konnte jedoch in Begleitung von Pflegepersonal von Zeit zu Zeit Ausstellungen besuchen, unter anderm in der Rotunde sowie dem Künstlerhaus; auch die an der Ringstraße neu erbaute k.k. Hof-Operntheater fand das Interesse des Kunstgießers. Am 6. Juni 1874 wurde in der Landesirrenanstalt eine (Verkaufs-)Ausstellung der Arbeiten von Pfleglingen der Institution eröffnet. Fernkorn, der in den Jahren seiner Behandlung nicht zu grafisch-kreativer Beschäftigung animiert werden konnte, war in der Schau durch die von ihm gepflegte Lieblingsblume vertreten,[9] ein (erwartetes) Zusammentreffen mit Kaiser Franz Joseph I., der die Ausstellung am 7. Juni besuchte, blieb ihm aus gesundheitlicher Rücksicht verwehrt.[10]

Denkmal (Josef Beyer) am Grab von Anton Dominik Fernkorn, Wiener Zentralfriedhof

Im August 1874 verdichteten sich die Gerüchte, dass der Künstler geheilt sei. Die Annahme, dass die Entlassung aus der Landesirrenanstalt bevorstünde, bewahrheitete sich jedoch nicht, vielmehr wurde berichtet, dass Fernkorn an Größenwahn leide, den die behandelnden Ärzte als unheilbar wähnten.[11]

Grabstätte

Am 18. Mai 1905 widmete die Stadt Wien dem bereits auf dem Wiener Zentralfriedhof ruhenden Künstler ein Ehrengrab unter Beistellung eines (später von Josef Beyer ausgeführten) Grabdenkmales auf Kosten der Gemeinde (Grabstelle: Gruppe 14 A, Nummer 18).[12] Im Jahr 1880 wurde in Wien-Favoriten (10. Bezirk) die Fernkorngasse nach ihm benannt.

Bedeutung

Anton Dominik von Fernkorn ist für die österreichische Plastik entwicklungsgeschichtlich von eminenter Bedeutung, seine monumentalen Werke leiteten in Wien einen Aufschwung der Bildhauerei ein.[3]

Werke (Auszug)

Werksignatur (1858) an der Großstatue Königs Adolf von Nassau, Speyerer Dom
  • Reiterstandbild Erzherzog Karl, 1853–1859, Bronzeguss, Wien, Heldenplatz
  • Reiterstandbild Prinz Eugen von Savoyen, 1860–1865, Bronzeguss, Wien, Heldenplatz
  • Kriegerdenkmal Löwe von Aspern, 1850–1859, Sandstein, Wien, Asperner Heldenplatz
  • Sechs Kolossalstatuen deutscher Kaiser in der Vorhalle des Doms zu Speyer
  • Brunnengruppe mit dem Hl. Georg und dem Drachen, Wien, Haus Strauchgasse 1, jetzt im "Reitersaal" der Österreichischen Kontrollbank, Strauchgasse 3 (Reitersaal)
  • Reiterstatuette Prinz Eugen von Savoyen, um 1865, Bronzehohlguss, Wien, Heeresgeschichtliches Museum
  • Reiterstatuette/Denkmalmodell Erzherzog Karl in der Schlacht bei Aspern, 1847, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Statuette/Denkmalmodell Der Löwe von Aspern, 1855, Gips patiniert, Heeresgeschichtliches Museum
  • Figurengruppe Tapferkeit, 1863, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Figurengruppe Barmherzigkeit, 1863, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Figurengruppe Treue, 1863, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Figurengruppe Vaterlandsliebe, 1863, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Reiterstatuette/Denkmalsentwurf zum Erzherzog-Karl-Denkmal, 1863, Bronzehohlguss, Heeresgeschichtliches Museum
  • Reiterdenkmal Ban Joseph Jelačić von Bužim, 1864–66, Zagreb/Agram (Einweihung: 17. Dezember 1866)[Anm. 3]
  • Fragment des Originalmodells des Erzherzog-Karl-Denkmals, 1856, Gips patiniert, Heeresgeschichtliches Museum
  • Reiterstatuette Feldmarschall Josef Wenzel Radetzky von Radetz, Bronzeguss, Ljubljana (Laibach), Novi Targ
  • Siegfried-Statue im Vestibül des Hauses Postgasse 6, Wien

Galerie

Literatur

Commons: Anton Dominik Fernkorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtlicher Theil. In: Wiener Zeitung, Nr. 123/1860, 23. Mai 1860, S. 1, Mitte oben. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  2. Anton Dominik Fernkorn im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  3. Ilse Krumpöck: Die Bildwerke im Heeresgeschichtlichen Museum, S. 41.
  4. Kundmachungen. (…) Curatel-Verhängungen. (…) 2. In: Amtsblatt zur Wiener Zeitung und Central-Anzeiger für Handel und Gewerbe, Nr. 124/1867, 25. Mai 1867, S. 803 (unpaginiert), Spalte 2. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  5. W. S—r.: Fernkorn. In: Local-Anzeiger der „Presse“, Nr. 8/1872 (XXV. Jahrgang), 9. Jänner 1872, S. 9 (unpaginiert) f. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/apr
  6. W(alter) Krause: Röhlich, Josef (1836–1887), Erzgießer. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 9, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1988, ISBN 3-7001-1483-4, S. 201. Josef Roehlich, Director der k. k. Kunst-Erzgießerei usw. in Wien. In: Wiener Salonblatt, Nr. 18/1875 (VI. Jahrgang), 1. Mai 1875, S. 3 ff. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wsb
  7. Wien, 5. Jänner. (…) Das Ende eines Künstlers. In: Local-Anzeiger der „Presse“, Nr. 6/1872 (XXV. Jahrgang), 6. Jänner 1872, S. 14, oben links. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/apr
  8. Kleine Chronik. (…) Fernkorn. In: Die Presse, Nr. 7/1872 (XXV. Jahrgang), 8. Jänner 1872, S. 4, Mitte unten. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/apr
  9. Tagesneuigkeiten. (…) Die Eröffnung der Ausstellung in der Irrenanstalt. In: Deutsche Zeitung, Abendblatt, Nr. 871/1874 (XXV. Jahrgang), 6. Juni 1874, S. 3, Mitte unten. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dzg
  10. Der Besuch des Kaisers in der Irrenanstalt. In: Die Presse, Nr. 156/1874 (XXVII. Jahrgang), 8. Juni 1874, S. 4 unten. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/apr
  11. Tagesneuigkeiten. (…) Ritter von Fernkorn nicht geheilt. In: Morgen-Post, Nr. 233/1874 (XXIV. Jahrgang), 26. August 1874, S. 3 (unpaginiert), Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mop
  12. Hedwig Abraham (Red.): Anton Ritter von Fernkorn. In: viennatouristguide.at, abgerufen am 10. Dezember 2015.

Anmerkungen

  1. Gemäß einer die Wiener Correspondenz korrigierenden Verlautbarung der Neuen Freien Presse vom 13. August 1867 habe sich Fernkorn bereits seit über sechs Monaten durchgehend in der Privatklinik in Oberdöbling befunden und sei auf dem Wege der Besserung. – Siehe: Kleine Chronik. (…) Personal-Nachrichten. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 1060/1867, 14. August 1867, S. 5, Mitte unten. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  2. Die kaiserliche Erzgießerei wurde am 4. Oktober 1871 von Dom Pedro II., Kaiser von Brasilien, besucht.
    Die reizend eingerichtete Künstlerwerkstätte Fernkorns war 1869 von Kaiser Franz Joseph I. selbst dem aus München nach Wien berufenen Hans Makart (1840–1884) (auf Staatskosten) zugewiesen worden. – Siehe: Hans Markart in seinem Atelier. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Nr. 88/1875 (IV. Jahrgang), 30. März 1875, S. 1. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/iwe
  3. (…) Es ist wirklich nicht zu läugnen, die Hauptwerke unseres Wiener Meisters Fernkorn stehen in Agram. (…). – Siehe: Otto Groß: Feuilleton. Aus Süd und Ost. Reisebriefe von Dr. Otto Groß. XXI. Agram. In: Wiener Zeitung, Nr. 1/1869, 1. Jänner 1869, S. 9, Mitte links. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.