Gewöhnliches Ruchgras
Das Gewöhnliche Ruchgras, Wohlriechendes Ruchgras oder kurz Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Ruchgräser (Anthoxanthum) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Sie ist in Eurasien weitverbreitet. Das Heu weist aufgrund der Bildung von Cumarin einen charakteristischen Heu- bzw. Waldmeister-Geruch auf.
Gewöhnliches Ruchgras | ||||||||||||
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Gewöhnliches Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Anthoxanthum odoratum | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Das Gewöhnliche Ruchgras ist eine ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 15 bis 50, selten bis 80 Zentimeter. Es ist ein zartes Gras mit kleinen, lockeren Horsten. Die zahlreichen Erneuerungssprosse wachsen innerhalb der Blattscheiden hoch. Die Halme besitzen zwei bis vier Knoten (Nodien).
Die Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die Blattscheiden sind kahl oder mit Haaren von 0,5 bis 1 mm Länge besetzt, an der Öffnung sind die Haare 1 bis 2 mm lang. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum von 1,5 bis 5 mm Länge. Die Blattspreiten sind 2 bis 10 cm lang und 2 bis 6 mm breit. Bei Pflanzen feuchter Standorte kann die Länge 30 cm und die Breite 8 mm erreichen. Die Spreiten sind flach ausgebreitet, auf beiden Seiten graugrün, matt, sowie kahl oder behaart.
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von April bis Juni, selten bis Juli. Der rispige Blütenstand ist 2 bis 8 cm lang, 6 bis 15 mm breit, dicht und zusammengezogen. Die Ährchen sind dreiblütig, 6 bis 9 mm lang und von breit-lanzettlicher Form. Die Hüllspelzen sind sehr ungleich, gekielt, häutig, kahl und nur auf dem Kiel behaart oder dicht und kurz behaart. Die untere Hüllspelze ist einnervig, 4 bis 6 mm lang und lanzettlich, die obere ist dreinervig, 6 bis 9 mm lang und breit-lanzettlich. Die beiden untersten Blüten jeden Ährchens sind steril, ihre Deckspelzen sind untereinander fast gleich, 3 bis 4 mm lang, schmal-elliptisch und am oberen Ende breit abgerundet bis kurz eingekerbt, mit 0,6 bis 1 mm langen, dicht stehenden Haaren. Die untere dieser Deckspelzen ist fünfnervig und trägt auf dem Rücken in der Mitte eine 2 bis 3 mm lange Granne, die obere ist viernervig und hat am Grund eine 6 bis 9 mm lange gekniete Granne. Die Vorspelze fehlt bei den beiden sterilen Blüten. Im obersten, fertilen Blütchen ist die Deckspelze fünfnervig, 2 bis 2,5 mm lang, eiförmig, glatt, glänzend und kahl. Ihre Vorspelze ist einnervig, 1,8 bis 2,3 mm lang und eiförmig. Es gibt zwei Staubbeutel, die 3 bis 4,5 mm lang sind.
Die Karyopse ist etwa 2 mm lang und elliptisch. Die Ährchen zerfallen zur Reife so, dass alle drei Blütchen des Ährchens zusammen aus den Hüllspelzen fallen.
Die Chromosomenzahl beträgt in Mitteleuropa 2n = 20. Die Art ist dort tetraploid.[1]
Ökologie
Das Gewöhnliche Ruchgras ist ein horstbildender Hemikryptophyt, der in Lehmböden bis 15 cm tief wurzelt Vegetative Vermehrung erfolgt durch lange Ausläufer.[2] Das Heu weist aufgrund der Bildung von Cumarin einen charakteristischen Heu- bzw. Waldmeister-Geruch auf.
Blütenökologisch handelt es sich um Windbestäubung des „Langstaubfädigen Typ 2“. Die Blüten sind vorweiblich und trotz fehlender Schwellkörper zur Anthese gespreizt und selbstfertil.[2]
Die Karyopsen sind sehr klein und fest von den Deckspelzen umschlossen. Ausbreitungseinheit sind mehrblütige Teilblütenstände, die der Klettverbreitung unterliegen durch den knieförmig bleibenden Griffel und die abstehenden Haare der unteren Deckspelzen, dazu sind sie Bohrfrüchte und unterliegen wegen der zwischen Spelze und Frucht eingeschlossenen Luft der Windausbreitung als Ballonflieger. Sie sind Lichtkeimer. Fruchtreife ist von Juni bis August.[2]
Vorkommen und Gefährdung
Das Gewöhnliche Ruchgras ist von Europa bis zur Mongolei, in Makaronesien und im nordwestlichen Afrika weitverbreitet.[3] In Nordamerika und anderen kühlgemäßigten Gebieten ist es ein Neophyt.[4] Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in den subozeanischen Gebieten. Es kommt von der Ebene bis in die Gebirge vor. Im Schwarzwald steigt es bis in Höhenlagen von 1425 Meter, in den Alpen bis etwa 1500 Meter.[5]
Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in mageren Bergwiesen, wo es als frühblühende Art den Frühjahrsaspekt bildet.[6] Daneben wächst es in anderen Magerwiesen, in lichten Laubwäldern, in Gebüschen, an Wegrändern und in Flachmooren. Es bevorzugt frische bis mäßig trockene, eher nährstoffarme, basen- und kalkarme, eher saure, humose Lehm- und Sand-Lehm-Böden. Es ist eine Lichtpflanze und Magerkeitszeiger.
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = s (sauer), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[7]
Im pflanzensoziologischen System ist es eine Art der Molinio-Arrhenatheretea (Grünland-Gesellschaften). Daneben kommt es auch in Scheuchzerio-Caricetea- (Flach- und Niedermoore) und Nardo-Callunetea-Gesellschaften (Bürstlingsrasen und Zwergstrauchheiden) sowie im Quercion roboris (Eichen-Birken-Wälder) vor.[6]
Das Gewöhnliche Ruchgras ist in Mitteleuropa weit verbreitet, lediglich in Mecklenburg-Vorpommern wird es in der Roten Liste als gefährdet geführt.
Nutzung
Das Gewöhnliche Ruchgras ist ein ertragsarmes Gras, das vom Weidevieh aufgrund seines bitteren Geschmacks gemieden oder nur ganz jung gefressen wird. Es gilt als „minderwertiges, früher überschätztes Allerweltsgras“.[8] Aufgrund des Geruches wird es teilweise Zierrasenmischungen beigegeben[4].
Aufgrund des Cumarin-Gehaltes wurde und wird es als Würze für Getränke, für Schnupftabak und Kräuterkissen verwendet. In größeren Mengen gilt es als schädlich.[8]
Trivialnamen
Für das Gewöhnliche Ruchgras sind oder waren, zum Teil nur regional, auch die Bezeichnungen Goldgras (Schlesien), Lavendelgras (Schlesien), Teukagras und Weidschmächen (Pinzgau) gebräuchlich.[9]
Belege
Neben den in den Einzelnachweisen aufgeführten Quellen beruht der Artikel auf folgenden Unterlagen:
- Hans Joachim Conert: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands erkennen und bestimmen. Parey, Berlin 2000, ISBN 3-8263-3327-6, S. 192.
Einzelnachweise
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv (CD-Rom), Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2001/2002, ISBN 3-494-01327-6
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Anthoxanthum odoratum. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 27. Mai 2020..
- Charles Edward Hubbard: Grasses. A Guide to their Structure, Identification, Uses and Distribution in the British Isles. Penguin, London 1992, ISBN 0-14-013227-9, S. 269.
- Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Seite 161–163. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1983. ISBN 3-489-52020-3.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 7., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1994, ISBN 3-8252-1828-7.
- Anthoxanthum odoratum L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 25. Juni 2023.
- Ernst Klapp, Wilhelm Opitz von Boberfeld: Taschenbuch der Gräser. Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung, Bewertung und Verwendung. 13. überarbeitete Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2006, ISBN 3-8001-4775-0, S. 170.
- Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 32, online.
Weblinks
- Gewöhnliches Ruchgras. auf FloraWeb.de
- Gewöhnliches Ruchgras. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)