Anorak (Slang)

Im britischen Slang wird mit Anorak eine oft jugendliche Person bezeichnet, die sich übereifrig bis zwanghaft mit einem sehr speziellen Interessensgebiet oder Hobby beschäftigt, das von außen gesehen als uninteressant, langweilig und Zeitverschwendung empfunden wird.[1][2][3] Die sprachlich informelle und abwertende Bezeichnung[4] rührt von der als nicht sehr modisch wahrgenommenen Anorak-Bekleidung her, die man gelegentlich bei Gruppen findet, die beispielsweise Trainspotting betreiben.

Trainspotter

Herkunft

Dem Radiosprecher Andy Archer wird zugesprochen, den Begriff 1974 geprägt und bekannt gemacht zu haben. Archer, ein ehemaliger Militärangestellter, arbeitete bei Radio Caroline, dem ersten Privatradio in Großbritannien und einem für die Entwicklung der Popmusik seit den 1960er Jahren zentral bedeutendem Piratensender.[5] Im Mai 1974 besuchten drei Boote mit Fans des Senders die Radiosendeschiffe, die unweit der niederländischen Küste vor Anker lagen.[6] Bei Radio Caroline wurde entschieden, das Programm nicht mehr aus dem Studio, sondern von Deck zu senden, um den Fans trotz des recht kühlen Tags etwas zu bieten. Archers Bemerkung, er freue sich „so many anoraks (so viele Anoraks)“ begrüßen zu dürfen, gilt als Erstverwendung des Begriffs in der Bedeutung für treue, etwas obsessive Fans.[6] Im britischen Observer wurde der Begriff 1984 für Spotter verwendet.[7][8]

Verwendungen

Der Begriff wird oft ähnlich wie Fan, Geek oder Nerd gebraucht, auch der japanische Begriff Otaku gilt als Synonym.[9][10]

  • Roy Cropper, eine Figur aus der britischen Fernsehserie Coronation Street, ist ein typischer Anorak.
  • John Major galt trotz einer Amour fou zu einer Freundin seiner Mutter als Twen als langweiliger Vertreter dieses Typs, wörtlich bei Anthony Seldon als obsessive political anorak.[11]
  • Der Avatar des genialen Programmierers James Halliday im Roman „Ready Player One“ von Ernest Cline heißt Anorak.
  • Die Rockband Marillion gab einem Album den Titel Anoraknophobia, weil Fans der Band gelegentlich als Anoraks tituliert werden.[12] 2002 wurde das Livealbum Anorak in the UK veröffentlicht.
  • Bei Spottern, etwa Eisenbahnfans (vgl. Pufferküsser) oder Vogelbeobachtern wurde deren oft etwas altmodische, geländegängige Oberbekleidung auf deren Hobbys übertragen. Der Fernsehfilm Anorak of Fire von 1998 handelt von einem trainspottenden Teenager und spielt im Titel auf den Slangausdruck an.[13]
  • In Ausnahmefällen könnte das Verhalten der Anoraks als pathologisch angesehen werden. Ein möglicher Zusammenhang zwischen männlichem Geschlecht, dem Leben als Anorak, Nerd oder Geek und einer milden Variante des medizinischen Asperger-Syndroms wird in der Webgemeinde häufiger hergestellt.[14] Tony Attwood, ein auf Asperger spezialisierter Psychologe ging soweit, unter Confessions of an Autism Anorak (Bekenntnisse eines Autismusanoraks) sich selbstironisch als Anorak in Sachen Autismus zu bezeichnen. Er beschreibt dabei unter anderem seine schon seit Schulzeiten andauernde Fixierung auf das Thema und führt den postulierten Zusammenhang im Rahmen eines ebenso betitelten Buches weiter aus.[15] Wissenschaftlich wird dieser unter anderem durch die Extreme male brain Theorie von Simon Baron-Cohen gedeutet.[16]

Einzelnachweise

  1. Tony Thorne: Dictionary of Contemporary Slang. Bloomsbury Publishing, 2014, ISBN 978-1-4081-8180-5, S. 33–34 (google.com).
  2. Chabers 21st Century Dictionary. Allied Publishers, ISBN 978-81-8424-329-1, S. 50 (google.com).
  3. Eric Partridge: The New Partridge Dictionary of Slang and Unconventional English: A-I. Taylor & Francis, 2006, ISBN 978-0-415-25937-8, S. 33 (google.com).
  4. Oxford Dictionaries: anorak, Definition 2@1@2Vorlage:Toter Link/oxforddictionaries.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen am 9. März 2014)
  5. Keith Skues: Pop Went the Pirates II. Lambs’ Meadow Publications, Horning 2009, ISBN 978-0-907398-05-9, S. 37.
  6. Andy Archer bei der The Pirate Radio Hall Of Fame
  7. Alex Games: Balderdash & piffle : one sandwich short of a dog’s dinner. BBC, London 2007, ISBN 978-1-84607-235-2.
  8. Oxford Dictionaries: anorak, definition 2@1@2Vorlage:Toter Link/oxforddictionaries.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. Fraser’s Phrases: More British Nerd Slang, ‘Spods And Anoraks’ Fraser McAlpine, BBC 22. September 2011
  10. SEMANTIC ENIGMAS What do the British mean when they call somebody an "anorak"? Peter Post, Boston USA Guardian 2011
  11. Seldon, Anthony. John Major: A Political Life. London: Weidenfeld & Nicolson, 1998, zitiert nach MAJOR DISASTER A new biography of the man who rose to the top for his absence of any firm position, rather then any positive virtue, Rezension der Biographie im Independent von BEN PIMLOTT 2. November 1997.
  12. Marillion: Anoraknophobia. (Memento des Originals vom 8. Juni 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.marillion.com Racket Records, 2001.
  13. Anorak of Fire (1998). In: http://www.imdb.com/. Internet Movie Database, abgerufen am 14. Januar 2014.
  14. Die Geek-Autismus-Connection, Michaela Simon 25. März 2002 Telepolis (Memento vom 7. Mai 2011 im Internet Archive), wörtlich „dem Nerd, anorak, train-spotter, space-cadet, card-board, cut-out, geek, oddball, weirdo, bufty“
  15. Autism, Access and Inclusion on the Front Line: Confessions of an Autism Anorak Anthony Attwood, Jessica Kingsley Publishers, 24. März 2006
  16. Trends Cogn Sci. 2002 Jun 1;6(6):248-254., The extreme male brain theory of autism. Baron-Cohen S.
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