Annenschule (Dresden)

Die Dresdner Annenschule, später als Annen-Realschule, Annen-Realgymnasium, oder Annen-Gymnasium Dresden im 19. und 20. Jahrhundert bekannt, wurde 1563 durch den Dresdner Rat gegründet. Zuerst als eine Schule im Bartholomäus-Hospital entstanden, wurde sie ab 1600 Chorschule und ab 1619 Lateinschule. Eine erste Blütezeit erlebte die Schule unter ihrem Rektor Christian August Freyberg, der das Amt im Dezember 1719 übernahm. Bereits 1724 wurde die Schule zum Lyzeum erhoben und war damit die dritte höhere Schule Dresdens. Drei Jahre später wurde eine dritte Lehrerstelle bewilligt, nachdem die Schülerzahl kontinuierlich angestiegen war.

Annenschule 1878
Bronzeplastikgruppe „Zeichnende Kinder“

Die Schule stand zuerst in der Nähe der Annenkirche. Sie zog 1870 in das südöstlich der Kirche gelegene neu errichtete Schulhaus, das im Renaissancestil nach dem Plan des Stadtbaurats Theodor Friedrich gebaut worden war. Die Schule war innen mit Fresken von Alfred Diethe dekoriert.[1] Der Bendemann-Schüler Diethe erhielt den Auftrag nach einem gewonnenen Wettbewerb des Sächsischen Kunstvereins. Die Themen als ein bürgerliches Bildungsprogramm waren: 1. Luthers Thesenanschlag, 2. Künstler und Gelehrte am Hof der Medici, 3. Die Entdeckung Amerikas, 4. Die Pflege des Landbaus und der Gewerbe durch Vater August und Mutter Anna. Die Themen erinnern an die Zeit des frühbürgerlichen Aufschwungs, an den Humanismus und an die Reformation in Sachsen.[2]

Die Schule wurde 1936 in die Oberrealschule der Seevorstadt integriert.[3]

Ruine der Annenschule in Dresden, aufgenommen Anfang 1948, zerstört beim Bombenangriff am 13. Februar 1945

Während der Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 wurde das Schulgebäude schwer beschädigt, die Ruine stand noch in den 1950er Jahren.

Nach Schließung der Einrichtung im Jahr 2002 wurde das Gelände Annen Campus von der Dresden International School übernommen.

Vor der Schule befindet sich eine lebensgroße Bronzeplastikgruppe „Zeichnende Kinder“ von Hans Klakow aus dem Jahr 1961. Dargestellt sind zwei Jungen, ursprünglich gehörte zur Gruppe ein Mädchen, die Kindergruppe wurde mehrfach gegossen.[4]

Bekannte Schüler

Persönlichkeit Lebensdaten Quelle und Anmerkungen
Emil Peschel 1835–1912 Historiker, Sprachwissenschaftler, Museumsdirektor, Hofrat und Biograf Theodor Körners
Georg Helm 1851–1923 Mathematiker[5]
Louis Brandeis 1856–1941 erster jüdischer Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, nach dem die heutige Brandeis Universität benannt wurde. Er besuchte die Annenschule 1873–1875.[6]
Georg Irrgang 1860–1939 Schriftsteller, der Operntexte für Karl Grammann verfasste, und jahrzehntelang Redakteur des Dresdner Anzeigers
Richard Seyfert 1862–1940 Pädagoge und deutscher Politiker (Nationalliberale Partei, DDP). Er besuchte die Annenschule 1872–1875.[7]
Heinrich August Meißner 1862–1940 Deutscher Ingenieur und Eisenbahnbauer, ab 1904 Pascha im Osmanischen Reich
Alfred Meiche 1870–1947 Historiker, Volkskundler und Sprachforscher
Paul Ssymank 1874–1942 Gymnasiallehrer, Studentenhistoriker
Arnold Schering 1877–1941 Musikwissenschaftler[8]
Georg Ernst Wilhelm Berg 1878–1946 Geologe und Mineraloge
Rudolf Kühn 1886–1950 Architekt und Baubeamter, Stadtbaurat von Altenburg, Forst und Breslau[9]
Max Richter 1887–1978 Politiker (Deutsche Volkspartei), Reichstagsabgeordneter, Staatsrat für Thüringen (Altenburg)
Wilibald Gurlitt 1889–1963 Musikwissenschaftler[10]
Fritz Reuter 1896–1963 Komponist, Musikwissenschaftler und Pädagoge[11]
Hermann Wanderscheck 1907–1971 Redakteur und Referent im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Theaterkritiker und Dramatiker
Horst Peschel 1909–1989 ordentlicher Professor für Sphäroidische und Physikalische Geodäsie an der Technischen Universität Dresden, Präsident der Kammer der Technik
Hans-Günther Rassmann 1909–1990 Industrieunternehmer, Stellv. Institutsdirektor am Forschungsinstitut für Metallische Spezialwerkstoffe Dresden der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW), Professor für Sonderwerkstoffe an der TU Dresden, Kunstsammler. Von 1920 bis 1929 besuchte er das Realgymnasium Annenschule.
Wilhelm Vaillant 1909–1993 Elektroingenieur, Unternehmer, Arzt und Philanthrop
Wolfgang Böhme 1926–2012 Meteorologe. Er besuchte die Annenschule 1936–1944.
Katja Kipping * 1978 Politikerin (Die Linke)
Katharina Günther-Wünsch * 1983 Politikerin (CDU). Senatorin für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin im Senat Wegner. Abitur auf der Annenschule 2001.
Commons: Annenschule – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Meyers Konversationslexikon. „Dresden (Vorstädte; Bevölkerung, Industrie und Handel)“ Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885–1892. S. 144. (online)
  2. Jahresberichte für 1864 bis 1874 und Akten des Sächsischen Kunstvereins Nr. 187, Bl. 180, 185ff., zitiert nach KÖHLER, Brunhilde: Geschichte des sächsische Kunstvereins (1828–1946, Dresden 1994, S. 34)
  3. Dresden und Sachsen – Landeskunde und Reiseführer – Wilsdruffer Vorstadt. In: www.dresden-und-sachsen.de. Abgerufen am 8. November 2020.
  4. Kunst im öffentlichen Raum. Informationsbroschüre der Landeshauptstadt Dresden, Dezember 1996.
  5. Lebenslauf aus dem Alumni Project der TU Dresden
  6. Elinor Slater, Robert O. Slater: Great Jewish Men. Jonathan David Publishers, 1996, ISBN 0-8246-0381-8, S. 70 (Auszug in der Google-Buchsuche [abgerufen am 21. Oktober 2010]).
  7. Helga Keppeler-Schrimpf: Bildung ist nur möglich auf der Grundlage des Volkstums. In: Pädagogik und Zeitgeschehen. Band 5. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-6537-1, S. 386 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 21. Oktober 2010]).
  8. Renate Hübner-Hinderling: SCHERING, Arnold. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 165–166.
  9. Jens Lipsdorf: In Forst viele Spuren hinterlassen. In: Lausitzer Rundschau. 29. Juni 2006, abgerufen am 16. Oktober 2012.
  10. Lebenslauf aus dem Walcker Orgel Webportal: „Organisten“ S. 4 (PDF; 29 kB) (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  11. Eintrag zu Fritz Reuter im Catalogus Professorum Halensis, abgerufen am 28. Juli 2015

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