Anne Roth

Anne Roth ist Expertin für Digital- und Netzpolitik sowie Autorin. Von 2014 bis Ende 2023 arbeitete Roth als Referentin im Deutschen Bundestag, von September 2018 bis zur Fraktionsauflösung als Referentin der Fraktion Die Linke. Roth schreibt und arbeitet zu den Themen Überwachung, Innenpolitik, Medien und Feminismus.

Anne Roth (2013)

Leben

Anne Roth studierte Politikwissenschaften auf Diplom an Freien Universität in Berlin und engagiert sich seit den 1990er Jahren zu den Themen Überwachung, Polizeien und Grundrechte.[1] Unter anderem war sie an der Gründung der linksalternativen Veröffentlichungs- und Nachrichtenplattform Indymedia beteiligt.[2] Des Weiteren war sie als Online-Redakteurin, Journalistin und Übersetzerin tätig.

Später arbeitete sie als Program Editor and Researcher bei Tactical Technology Collective, wo sie sich mit digitaler Sicherheit beschäftigte und das Projekt „Me and my Shadow“ betreute.[3]

Ermittlungen gegen Andrej Holm

Anne Roth berichtete in ihrem Blog über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihren Partner Andrej Holm, der am 31. Juli 2007 wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet worden war. Das Ermittlungsverfahren wurde am 5. Juli 2010 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.[4][5]

Roth machte ihre Erfahrungen aus dieser Zeit von Anfang an öffentlich, in ihrem Blog berichtete sie über die vielen Facetten der Ermittlungen gegen ihren Partner und die Überwachung ihrer Familie.[4]

Netzpolitisches Engagement

Durch die Veröffentlichungen und Berichterstattungen zu Ermittlungen gegen ihren Partner gewann Roth im damals entstehenden Themenfeld der Netzpolitik Bekanntheit. Als Referentin sprach sie in verschiedenen Vorträgen nicht nur über die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse im Rahmen der Ermittlungen, sondern äußerte sich auch allgemein zu den Themen der Überwachung und Innenpolitik. Im Dezember 2007 sprach sie erstmals auf dem Chaos Communication Congress.[6] Seit 2008 trat sie als Rednerin auf der Demonstration Freiheit statt Angst und auf der Konferenz re:publica auf, um über die Überwachung durch staatliche Stellen und durch Private aufzuklären.[7]

Im Zuge der Überwachungsenthüllungen durch Edward Snowden äußerte sich Roth kritisch über die Sicherheits- und Innenpolitik der Bundesregierung und warf dieser vor, die Grundrechte der Bürger nicht zu schützen. Sie gab zahlreiche Interviews zu diesem Thema.[8] Mehrere Jahre später resümierte Roth, dass die deutsche Öffentlichkeit zwar ein „Bewusstsein für Überwachungsthemen“ gewonnen hätte, aber weitere „Snowden-Momente“ für ein schärferes Bewusstsein notwendig seien. Sie forderte eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste.[9]

Seit 2018 referiert Roth verstärkt über digitale Gewalt gegen Frauen (englisch tech abuse against women), insbesondere über den wenig beachteten Bereich der digitalen Partnerschaftsgewalt, wie zum Beispiel „Doxing“, das Veröffentlichen von privaten Daten gegen den Willen der Betroffenen, um ihnen zu schaden. Sie plädiert vor allem für ein stärkeres Bewusstsein für das Thema auf allen Ebenen und ein stärkeres Engagement der Politiker und der Betreiber von Plattformen.[10][11][12][13]

Feministisches Engagement

Ende 2009 kritisierte Roth erstmals öffentlich die mangelnde Präsenz und Rezeption von Frauen in den damals stark aufkommenden Blogs,[14] unter anderem thematisierte sie dies bei der re:publica 2010 und 2011.[15][16] Insgesamt führte dies zu einer Debatte in deutschen (vor allem digitalen) Medien, ob und in welcher Form das Internet patriarchale Strukturen der realen Welt reproduziert.

Dies führte zu ihrem Blog 50 Prozent – inzwischen eine Datenbank – in dem Roth seit 2012 Zahlen über die Besetzung von Podien und Konferenzen sammelt, um auf das häufig starke Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern auf Podien hinzuweisen.[17]

Zusammen mit der Non-Profit-Gruppe Rails Girls, die Frauen ermuntert und motiviert, sich mit dem Programmieren zu beschäftigen, initiierte Roth im März 2014 die sogenannte „Speakerinnen-Liste“. Auf der Website können sich Frauen jedweder Richtung als Expertinnen eintragen, um Organisatoren von Podien und Konferenzen zu ermutigen, mehr Frauen einzuladen.[18]

Tätigkeit im Deutschen Bundestag

Von 2014 bis 2017 war Anne Roth als Referentin für den NSA-Untersuchungsausschuss der Fraktion Linke im Deutschen Bundestag tätig und arbeitete unter anderem zusammen mit der Obfrau der Fraktion im Ausschuss, Martina Renner.[19] Anschließend war sie von Februar bis August 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg. Von September 2018 bis zur Fraktionsauflösung Ende 2023 war sie Referentin für Netzpolitik der Fraktion Die Linke.[1][20]

Privat

Anne Roth lebt mit ihrem Partner Andrej Holm und ihren zwei Kindern in Berlin.[1]

Veröffentlichungen

Anne Roth ist Autorin zahlreicher Veröffentlichungen, sie schreibt unregelmäßig für Seiten wie Freitag.de, Netzpolitik.org und Zeit Online, früher für die Blogs der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Neuen Deutschlands.[21] Als Referentin sprach sie auf zahlreichen Veranstaltungen wie dem CCC-Kongress, der re:publica, Elevate, Computers, Freedom and Piracy und der Transmediale.

Commons: Anne Roth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Anne Roth: Über. In: annalist.noblogs.org. Abgerufen am 29. Januar 2020.
  2. Anne Roth: 20 Jahre Indymedia – Ein anderes Internet schien möglich. In: Rosalux. Rosa-Luxemburg-Stiftung, 24. November 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
  3. Anne Roth. Elevate Festival 2013, 2013, abgerufen am 29. Januar 2020.
  4. Anne Roth: Beiträge in der Kategorie „Überwachung im Alltag“ im Blog von Anne Roth. In: annalist.noblogs.org. Abgerufen am 29. Januar 2020.
  5. Blogging Under Surveillance. 26. September 2014, abgerufen am 9. November 2021 (englisch).
  6. Anne Roth: What is terrorism? And who is terrorising whom? (Video) In: events.ccc.de. 24C3, 27. Dezember 2017, abgerufen am 29. Januar 2020 (englisch).
  7. Zensus 2011: Volkszählung im Verborgenen | Blätter für deutsche und internationale Politik. Abgerufen am 9. Januar 2020.
  8. Angela Gruber: Die Wut der Überwachten wächst. In: Zeit Online. 7. September 2013, abgerufen am 29. Januar 2020.
  9. Vera Linß, Dennis Kogel: Netzaktivistin Anne Roth - Wir brauchen neue „Snowden-Momente“. In: Breitband. Deutschlandfunk Kultur, 21. September 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
  10. Martín Steinhagen: „Digitale Gewalt betrifft alle“. In: fr.de. Frankfurter Rundschau, 29. Januar 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
  11. Katrin Heise: Gesellschaftliches Klima - Was tun gegen Hass und Hetze im Netz? In: Im Gespräch. Deutschlandfunk Kultur, 2. November 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
  12. 'Plötzlich hat man hunderte Hasskommentare auf einen Tweet'. In: Hilfetelefon.de. Bundesministerium für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
  13. Anne Roth: Tags und nachts in Cyberparks. In: Zeit Online. 6. Oktober 2017, abgerufen am 29. Januar 2020.
  14. Meinungsmacher: Eine Bloggerin. (Video) In: dctp.tv. 2010, abgerufen am 25. Januar 2020.
  15. re:publica 2010 - Das andere Geschlecht: Sexismus im Internet. (Video) In: Youtube.com. re:publica, 15. April 2010, abgerufen am 25. Januar 2020.
  16. Cyberfeministinnen und Girls on Web – ein Generationengespräch. In: 11.re-publica.de. re:publica, 15. April 2011, abgerufen am 25. Januar 2020.
  17. Philippa Schindler: Speakerinnen-Liste gelauncht – Geschlechterverhältnis unter SpeakerInnen ist unausgeglichen. Interview mit der Netzaktivistin Anne Roth. In: AVIVA-Berlin.de. 9. März 2014, abgerufen am 1. Mai 2020.
  18. Über Speakerinnen*-Liste. In: speakerinnen.org. Abgerufen am 27. September 2014.
  19. Oliver Leistert: Die Auseinandersetzung verlagert sich deshalb immer wieder auf die Frage: Wer kontrolliert wen? (PDF) In: Diaphanes.net. 2015, abgerufen am 29. Januar 2020.
  20. Andreas Becker: Wagenknechts „Weihnachtsgeschenk“ – 108 Mitarbeiter der Linken gekündigt. Nordkurier, 16. November 2023, abgerufen am 2. Januar 2024.
  21. Anne Roth: Digitale Gewalt: Tags und nachts in Cyberparks. In: Die Zeit. 6. Oktober 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Januar 2020]).
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