Anna Muthesius
Anna Muthesius (geborene Trippenbach; * 12. August 1870 in Aschersleben; † 30. März 1961 in Berlin) war eine deutsche ausgebildete Konzertsängerin und seit 1896 verheiratet mit dem Architekten Hermann Muthesius, dem Gründer des Deutschen Werkbundes, dessen Mitglied sie war. Als Autodidaktin wirkte sie unter anderem als Innenarchitektin und Modedesignerin.
Leben
Zwischen 1896 und 1903 war ihr Ehemann als Technischer und Kulturattaché an der deutschen Botschaft in London tätig. Hier kamen beide mit den Ideen der Lebensreformbewegung in Berührung. Es kamen Kontakte zu Walter Crane und Charles Rennie Mackintosh zustande, die ebenfalls Interesse für die Reformbewegungen hegten. Auch in Deutschland gab es zu diesem Zeitpunkt eine Erneuerungsbewegung und eine öffentliche Diskussion um die Korsage. Ziel war es, zu einer von der Pariser Mode unabhängigen Gestaltung der Kleidung zu kommen und gesundheitliche Aspekte zu fördern. So schrieb Anna Muthesius in ihrem Artikel Die Ausstellung künstlerischer Frauenkleider im Warenhaus Wertheim-Berlin:
„Könnte man erst gute Farben und Stoffe in jedem Laden als deutsches Fabrikat preiswert kaufen, so würde damit nicht nur den grossen Toiletten der reichen Frauen, sondern auch dem im engen Hinterstübchen mit der kleinen Schneiderin im Hause gearbeiteten Eigenkleide ein sehr grosser Dienst geleistet sein.“[1]
Anna Muthesius war neben Henry van de Velde und Paul Schultze-Naumburg maßgeblich an der Schaffung künstlerischer Modelle weiblicher Reformkleidung beteiligt.
Ab 1912 hatte die Familie auf Hiddensee in Vitte ein Fischerhaus als Sommerhaus umgebaut. Anna Muthesius veranstaltete dort regelmäßig einen künstlerischen Salon mit musikalischen Abenden.
Anna und Hermann Muthesius hatten fünf Kinder, darunter Günther (1898–1974), Klaus (1900–1959), Eckart (1904–1989) und Renata (1913–N.N.); letztere heiratete den Bühnenbildner Siegfried Stepanek (1921–1969).[2]
Anna Muthesius starb 1961 im Alter von 90 Jahren in Berlin. Sie wurde auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee beigesetzt, neben ihrem 34 Jahre zuvor verstorbenen Gatten.[3] Auf Beschluss des Berliner Senats wurde das gemeinsame Grab 1984, in Erinnerung des Lebenswerks von Hermann Muthesius, als Berliner Ehrengrab gewidmet. Die Widmung wurde 2005 um die übliche Frist von 20 Jahren erneuert.[4]
Schriften
- Das Eigenkleid der Frau[5] Krefeld, Kramer & Baum 1903 (84 Seiten und 14 Tafeln; zunächst als Vortrag gehalten im Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld)
- Die Ausstellung künstlerischer Frauen-Kleider im Waren-Haus Wertheim-Berlin[6] In: Deutsche Kunst und Dekoration, 14. Halbband (April bis September 1904), S. 441–456.
- Das Frauenkleid in England[7] in Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 17.1905-1906, S. 90
- Ausstellung von Kleidern in der Kölner Flora[8] in Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907, S. 212, 213.
Literatur
- Julia Bertschik: Mode und Moderne. Kleidung als Spiegel des Zeitgeistes in der deutschsprachigen Literatur (1770–1945). Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2005, ISBN 3-412-11405-7.
- Ina Ewers-Schulz: "Das wesentliche ist die individuelle Anpassung an die Trägerin." Anna Muthesius' Eigenkleid der Frau. In: Ina Ewers-Schulz, Magdalena Holzhey: Auf Freiheit zugeschnitten – Das Künstlerkleid um 1900 in Mode, Kunst und Gesellschaft. Hirmer Verlag, München 2018, S. 146–151.
- Despina Stratigakos: Women and the Werkbund: Gender Politics and German Design Reform, 1907–14. In: The Journal of the Society of Architectural Historians. Band 62, Nr. 4, 2003, S. 490–511.
- Rita Wolters: Muthesius, Anna, geb. Trippenbach. In: Eva Labouvie (Hrsg.): Frauen in Sachsen Anhalt. Band 2: Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jahrhundert bis 1945. Böhlau, Köln u. a. 2019, ISBN 978-3-412-51145-6, S. 326–329.
- Friederike Berger: Anna Muthesius und das Eigenkleid in der frühen Modefotografie. In: Modebilder/Kunstkleider. Mode, Fotografie und Malerei 1900 bis heute, Ausst.-Kat. Berlinische Galerie. Museum für moderne Kunst. Köln 2022, S. 81–93.
Weblinks
Einzelnachweise
- Deutsche Kunst und Dekoration. Band XIV, 1904, S. 443.
- Biographie//Siegfried Stepanek, Bühnenbildner – 1921–1969. In: www.munich-taxis.de.
- Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 624.
- Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 61; abgerufen am 11. März 2019.
- Digitalisat Zürcher Hochschule der Künste, 9000- 585, Public Domain Mark
- Digitalisat Heidelberger historische Bestände – digital
- Digitalisat Heidelberger historische Bestände – digital
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