Anker Gebr. Schoeller
Die Anker Gebr. Schoeller GmbH + Co. KG (Eigenschreibweise: ANKER) ist eine 1854 gegründete deutsche Teppich-Weberei mit Sitz in Düren-Birkesdorf. Die Teppichfabrik ging 1854 aus der Tuchfabrik „Leopold Schoeller und Söhne“ hervor.
Anker Gebr. Schoeller GmbH + Co. KG | |
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Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1854 |
Sitz | Düren-Birkesdorf, Deutschland |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 216 (2020) |
Umsatz | 26,9 Mio. Euro (2020) |
Branche | Teppichboden-Hersteller |
Website | www.anker.eu |
Stand: 31. Dezember 2020 |
Vorgeschichte
Die Familie Schoeller ist seit Jahrhunderten urkundlich belegt; ihre Ursprünge lassen sich bis in das Jahr 1382 zurückverfolgen. Zahlreiche Familienmitglieder gründeten Unternehmungen in der Papier- und Textilbranche. 1854 gründete Leopold Schoeller – zunächst als Zweig seiner Tuchfabrik – das so genannte „Teppichkontor“. Die spätere Bezeichnung und das Logo „Anker“ rührt von der Neuausprägung des Schoeller’schen Familienwappens im Rahmen der Nobilitierung Alexander von Schoellers im Jahre 1863 her, als dieser das alte Familienwappen um einen Anker als altes Emblem des Handels und der kaufmännischen Solidität erweiterte.
Geschichte
Verschiedene Erfindungen hatten die Grundlage für die maschinelle Herstellung von Teppichen geschaffen: Der Engländer Edmond Cartwright entwickelte im Jahr 1785 einen mechanischen Webstuhl zur maschinellen Fertigung von Tuchen und Teppichen. Allerdings ließen sich auf seinem Webstuhl nur einfache Gewebe ohne Muster herstellen. 1805 konstruierte der Franzose Joseph-Marie Jacquard einen Webstuhl mit einem Lochkarten-System, auf dem auch gemusterte, vielfarbige Stoffe und Teppiche gefertigt werden konnten. 1831 erfand der Schotte Richard Whytock das Kettfärbe-Verfahren, bei dem die Einzelfäden entsprechend dem Muster des Teppichs farbig bedruckt und dann erst verwebt wurden.
Die Teppichfabrikation galt im Textilgewerbe als Königsdisziplin, denn sie war äußerst aufwändig und kompliziert. Vorbilder waren die handgeknüpften, farbenprächtigen Orientteppiche, die im 19. Jahrhundert noch echte Luxusgüter waren. Im Manufakturbetrieb wurden bereits seit dem 18. Jahrhundert in Frankreich und Großbritannien Teppiche gefertigt. Leopold Schoeller versprach sich daher ein gutes Geschäft, maschinell Teppiche herzustellen, die den Originalen an Farbenpracht und Musterung nahe kamen, aber viel preiswerter waren. Im Jahr 1852 hörte Leopold Schoeller von Whytocks Erfindung und sicherte sich sofort ein preußisches Patent auf dieses Verfahren. Es wird mit den zugehörigen Zeichnungen noch heute im Geheimen Staatsarchiv in Berlin aufbewahrt.
Vom Teppichkontor zur Teppichfabrik
Mit der Leitung des 1854 gegründeten Teppichkontors beauftragte Leopold Schoeller zunächst seinen vierten Sohn (Philipp Eberhard) Leopold Schoeller. Die Anfänge der Fabrikation gestalteten sich aus unterschiedlichen Gründen schwierig. Vielfältige technische und personelle Probleme ließen die Fabrik nicht aus den roten Zahlen herauskommen. Da Philipp Eberhard Leopold auch mit den schlesischen Familienunternehmen stark eingespannt war, übertrug deshalb Leopold Schoeller 1867 seinem fünften Sohn Philipp Nikolaus Ludwig (1833–1904) die Leitung. Mit ihm war ein Unternehmer gefunden, der das Kontor mit Sachkenntnis und kaufmännischem Gespür zum Erfolg führte. 1876 wurde das Anker-Zeichen beim königlichen Handelsgericht in Aachen als Markenzeichen der Teppichfabrik eingetragen.[1]
1902 wurde Philipp Nikolaus Ludwigs Sohn, Philipp Leopold Schoeller (1868–1932), persönlich haftender Gesellschafter der Teppichfabrik. Er investierte in die Modernisierung und Vergrößerung der Fabrik und bescherte dem Unternehmen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg einen Aufschwung. Während des Krieges kam die Teppichproduktion mangels Rohstoffen und Arbeitskräften jedoch völlig zum Erliegen. In der Fabrik produzierte man zuletzt Rüstungsteile, besserte Postsäcke aus und verwebte Papiergarn. In den Jahren nach dem Krieg litt auch die Teppichfabrik unter den Folgen der einsetzenden Inflation. Dennoch entwickelte die Firma Gebrüder Schoeller mit dem Turan-Teppich und den Broadlooms 1922 und 1924 zwei neue Produkte. Bei den Turan-Teppichen war das Muster auch auf der Rückseite zu sehen. Damit wurde der maschinengewebte Teppich dem orientalischen Knüpfteppich wieder einen Schritt ähnlicher. Der Turan-Teppich mit seiner exklusiven Qualität verkaufte sich sehr gut, so dass 1928 sechs weitere Trommeln angeschafft und eigens ein neues Gebäude für die Herstellung errichtet wurden. Die Broadlooms beeindruckten nicht durch die Musterung, sondern durch ihre Größe und Dicke: Die unifarbenen, sehr dicken und schweren Teppiche waren bis zu 5 Meter breit. Gefertigt wurden sie für den US-amerikanischen Markt, wo tiefe, schwere Teppiche für große Räume in Mode waren. Die dafür notwendigen, aus dem britischen Maßsystem abgeleiteten, 366 Zentimeter, 457 Zentimeter und sogar 549 Zentimeter breiten Webstühle wurden von der Dürener Firma Depiereux gebaut. Der 549-cm-Webstuhl war weltweit der erste dieser Größe.
Das Objektgeschäft
Schoeller konzentrierte sich nun verstärkt auf das „Objektgeschäft“, also die Ausstattung von großen, öffentlichen Bauprojekten, und erhielt zahlreiche prestigeträchtige Aufträge. So lieferte Anker beispielsweise 1925 Teppiche für das Hotel Adlon. 1932 übernahm Werner Schoeller (1895–1976), Sohn von Philipp Leopold, die Leitung der Teppichfabrik. Bereits 1934 rationierte das Reichswirtschaftsministerium die Rohstoffe für die Textilindustrie, was erste Einschränkungen für die Teppichfabrik bedeutete. Während der Kriegsjahre mussten wegen des Mangels an Arbeitskräften und Rohstoffen tiefe Einschnitte hingenommen werden. Ab 1940 musste Werner Schoeller auch für die Rüstungsindustrie produzieren. Bei dem großen Bombenangriff auf Düren am 16. November 1944 wurde die Teppichfabrik fast vollständig zerstört. Nach Ende des Krieges wurde sofort mit Wiederaufbau- und Reparaturarbeiten begonnen. Teppiche konnten ab Mai 1946 wieder gewebt werden. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden neben den klassischen Persermustern auch moderne Dessins gewebt, die von externen Künstlern entworfen wurden. 1959 entwickelte die Anker-Teppich-Fabrik das Produkt Perlon-Rips, einen Teppichboden für öffentliche Bauten, der es in puncto Langlebigkeit mit Hartbelägen aufnehmen konnte.
Bis Mitte der 1970er Jahre stellte Anker abgepasste Teppiche her, wobei man parallel dazu bereits Anfang der 1920er Jahre mit der Produktion von „Wand-Zu-Wand-Teppichen“, besonders den sogenannten Broadlooms für die USA, begonnen hatte. Seit 1976 produziert Anker ausschließlich Teppichböden. 1968 führte das Unternehmen als neues und zusätzliches Produktionsverfahren das in den USA entwickelte Tufting-Verfahren ein, welches seit Ende der 1950er Jahre angewandt wurde.
Nach dem Tod von Werner Schoeller übernahm im Februar 1976 sein Schwiegersohn Alexander Schoeller (1925–1987), Enkel des entfernten Verwandten und Bankdirektors (Julius) Alexander Schoeller, die Firmenleitung. Nach dessen frühem Tod wurde das Unternehmen 14 Jahre lang von externen Geschäftsführern geleitet, da die Söhne von Werner Schoeller noch zu jung waren, um die Firmenleitung selbst übernehmen zu können. Im Juli 2000 übernahm schließlich Markus Alexander Schoeller (1961–2015), Sohn des vorherigen Alexanders, die Aufgabe des geschäftsführenden Gesellschafters. Er führte das mittelständische Familienunternehmen in der sechsten Generation.
Seit dem 15. September 2014 firmiert das Unternehmen als „ANKER Gebr. Schoeller GmbH + Co.KG“. Geschäftsführer war seit Januar 2019 Werner Heer.[2]
Durch Vertrag vom 9. Dezember 2019 wurde das Unternehmen durch die chinesische Firma Ofc Commercial Carpet Co., Ltd. (OFC) übernommen.[3][4][5] Im Mai m2019 wurde er von der Zweierspitze Dirk Boll und Erwin Landherr abgelöst.[6]
Produkte
Heute werden hier ausschließlich Teppichböden für öffentliche Bauten wie zum Beispiel Banken, Verwaltungen, Hotels und Krankenhäuser sowie für Flugzeuge produziert.
Das bekannteste Anker-Produkt ist die Teppichboden-Qualität „Perlon Rips“, die 1959 aus gesponnenem Streichgarn entwickelt wurde und bis heute einen hohen Marktanteil besitzt. Weitere Produkte sind: Teppichböden gewebt und getuftet, hygienische Teppichböden für Krankenhäuser, Teppichfliesen, Klimafliesen für Quellbelüftungssysteme, Magnetfliesen, Flugzeug-Teppichböden.
Einzelnachweise
- F.M. Feldhaus: Erinnerungen an einen großen Dürener. In: Dürener Zeitung. 11. Januar 1950, abgerufen am 21. Januar 2021.
- Anker: Werner Heer neuer Geschäftsführer. In: eurodecor. Abgerufen am 21. Januar 2021.
- Volker Uerlings: OFC hat nun in Düren das Sagen: Chinesen übernehmen Mehrheit bei Anker Teppich. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- Ofc Commercial Carpet Co., Ltd. - China Teppich Lieferant. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- Jürgen Klöckner: Freunde in der Krise. In: zeit.de. 21. Februar 2013, abgerufen am 21. Januar 2021.
- https://www.aachener-nachrichten.de/lokales/dueren/anker-teppich-beruft-neue-geschaeftsfuehrung_aid-58486303